Viele junge Leute bleiben nach dem Schulabschluss sowie dem Erreichen der Volljährigkeit weiter zu Hause wohnen. Unter welchen Voraussetzungen ihre Eltern Miete verlangen können.

Digital Desk: Philip Kearney (kea)

Hohe Mieten, das geliebte, gewohnte Umfeld und die Tatsache, dass man im Hotel Mama deutlich weniger im Haushalt tun muss, als wenn man allein lebt: Es gibt viele Gründe, warum junge Erwachsene nach Abschluss von Schule und Ausbildung nicht von zu Hause ausziehen. Im Jahr 2020 lebte nach Angaben des Statistischen Bundesamts mehr als ein Viertel der mindestens 25-Jährigen im elterlichen Haushalt.

 

Viele von ihnen sind nicht dazu bereit, einen großen Teil ihres monatlichen Einkommens für die eigene Unterkunft auszugeben. Vor allem dann nicht, wenn sie kostenlos bei ihren Eltern wohnen können. Das ist meist der Fall – aber nicht immer. Manche Eltern verlangen von ihren Söhnen und Töchtern Miete, wollen diese zu Hause wohnen bleiben.

Wie ist die Rechtslage?

„Das kommt zunächst darauf an, ob das Kind minderjährig oder volljährig ist“, sagt Dietmar Wall, Jurist vom Deutschen Mieterbund. Sei das Kind noch minderjährig, hätten die Eltern eine Unterhaltspflicht. „Und die Unterhaltspflicht beinhaltet das kostenfreie Wohnen“, erklärt Wall. Ist das Kind noch minderjährig, können Vater und Mutter also von diesem keine Miete verlangen.

Und bei volljährigen Kindern?

Jurist Wall erklärt, dass auch volljährige Kinder unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Unterhalt haben und damit nicht von ihren Eltern zur Zahlung von Miete aufgefordert werden können. Nämlich dann, wenn die Kinder ihre erste Berufsausbildung absolvieren. Denn gemäß Paragraf 1610 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch umfasst die Unterhaltspflicht auch Kosten für die angemessene Vorbildung zum Beruf. Ob es sich bei der Berufsausbildung um eine Ausbildung oder ein Studium handelt, ist egal.

Erste Ausbildung heißt das Zauberwort

Folglich können Eltern nur in Ausnahmefällen von ihrem Kind Miete verlangen, wenn dieses noch keine Ausbildung abgeschlossen hat. Beispielsweise dann, wenn das Kind die Ausbildung nicht mit der nötigen Zielstrebigkeit verfolgt und sich der Abschluss dadurch verzögert.

Ansonsten gilt: Erst wenn das Kind volljährig ist und eine erste Berufsausbildung abgeschlossen hat, können Mutter und Vater Miete von diesem verlangen. Wenngleich Wall anmerkt: „Dass Eltern von ihren Kindern Miete verlangen, die noch bei ihnen wohnen, gibt es in der Praxis relativ selten.“

Was sind steuerrechtliche Gründe? Viel häufiger seien Fälle, sagt der Experte Dietmar Wall, in denen die Eltern ein Mehrfamilienhaus besitzen und eine der Wohnungen in diesem Haus an Sohn oder Tochter vermieten. Das werde nach Angaben von Wall vor allem aus steuerrechtlichen Gründen gemacht. So müssen Vermieter ihre Mieteinnahmen zwar versteuern, allerdings können sie im Gegenzug dafür die durch das Vermieten der Wohnung anfallenden Kosten von der Steuer absetzen. „Sind die Kosten höher als die Mieteinnahmen, lohnt sich das“, sagt Wall.

Wichtig: ortsübliche VergleichsmieteVermieter können die Ausgaben für ihr Mietobjekt jedoch nur dann von der Steuer absetzen, wenn die von ihnen aufgerufene Miete mindestens 50 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete beträgt. Eltern können an Kinder also nicht ohne Weiteres zu günstigen Konditionen vermieten. Umgekehrt können sie aber auch nicht deutlich mehr als die Durchschnittsmiete verlangen. Denn die aufgerufene Miete darf in der Regel nicht mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Ist ein Mietvertrag sinnvoll? Dass es sich bei Mieter und Vermieter im Falle von Eltern und Kind um enge Verwandte handelt, spielt im Mietrecht keine Rolle. Wall erklärt: „Das Mieter-Vermieter-Verhältnis ist rein rechtlich gesehen das Gleiche, wenn die Eltern an ihr Kind vermieten, wie wenn sie an einen fremden Dritten vermieten.“ Daher wird vom Deutschen Mieterbund empfohlen, auch Mietvereinbarungen zwischen Familienangehörigen in Form eines schriftlichen Mietvertrags festzuhalten. So sind die Rechte und Pflichten der Eltern sowie die des Kindes genau geregelt. Das kann sowohl einen Rechts- als auch einen Familienstreit verhindern.

Junge Männer bleiben öfter bei Mama

Nesthocker
Im Jahr 2020 lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamts 28 Prozent der 25-Jährigen in Deutschland noch im elterlichen Haushalt. Besonders unter jungen Männern befanden sich viele Nesthocker. So lebte im Alter von 25 Jahren noch mehr als jeder dritte Sohn bei seinen Eltern. Bei den Töchtern war es dagegen gut jede fünfte. Das durchschnittliche Alter beim Auszug aus dem Elternhaus lag bei 23,8 Jahren und damit mehr als zwei Jahre unter dem EU-Durchschnitt von 26,4 Jahren.