Gleich drei Investoren wollen in Esslingen unweit des Bahnhofs die für sie lukrative neue Wohnform anbieten. Insgesamt 460 solcher voll möblierten Zimmer mit Dusche, WC und Küche sind geplant – doch nun rührt sich im Gemeinderat Widerstand.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Die Nachfrage ist groß, und sie steigt weiter. Gerade in größeren Städten suchen immer mehr Pendler und Geschäftsleute für einen begrenzten Zeitraum einigermaßen bezahlbaren Wohnraum. Geboten bekommen sie diesen in sogenannten Mikro-Apartments. Investoren, die in innerstädtischen Lagen hohe, wegen der Größe von weniger als 40 Quadratmetern nicht an die örtlichen Mietpreisspiegel gebundene Miete nehmen können, wittern ein gutes Geschäft. „Der Trend zu der neuen Wohnform ist vorhanden“, bestätigt Daniel Ohl, der Geschäftsführer Kommunikation des baden-württembergischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, und fügt hinzu: „Solange für Betreiber solcher Häuser die gleichen steuerlichen und brandschutzrechtlichen Bedingungen herrschen wie für Hotelbesitzer, haben wir nichts dagegen einzuwenden.“

 

Wie viele Mikro-Apartments aber braucht und verkraftet beispielsweise eine Stadt wie Esslingen? Mit dieser Frage wird sich der Gemeinderat demnächst intensiv beschäftigen. Schon jetzt ist klar, dass die Diskussion kontrovers werden wird. Denn entlang der Berliner Straße, in zentraler Lage direkt am Altstadtring und nur wenige Meter vom Bahnhof entfernt, haben gleich drei Investoren solche Kleinwohnungen gebaut oder wollen sie noch bauen.

Die geschäfte laufen gut

Als Vorreiter können dabei die sogenannten Büroma-Apartsuites gelten. In der Berliner Straße 29 warten seit wenigen Monaten 52 solcher Kleinwohnungen auf Kundschaft – und sie werden offenbar kräftig gebucht. „Mikro-Apartments sind für Investoren gewinnbringend, wenn sie zu 65 bis 80 Prozent ausgelastet sind“, sagt Marc Kohla, der Geschäftsführer von Büroma: „Wir sind sehr zufrieden.“

Direkt neben dem Haus von Büroma, auf dem Gelände der Firma Citizen Bolay, will ein weiterer Investor nun gleich 256 solcher Mikro-Apartments bauen. Und auf dem Gelände des alten Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) hat der dortige Investor Dietz seine Pläne geändert und will statt eines Hotels nun 140 Mikro-Apartments schaffen. Diese Häufung solcher Kleinwohnungen – in der Regel voll möblierte, 20 bis 35 Quadratmeter große Einzimmerwohnungen mit Dusche, Toilette und Küche – stößt nicht nur den Esslinger Grünen übel auf, die den Planungsstopp für die Projekte am alten Busbahnhof und bei Citizen Bolay fordern. „Eine Konzentration von so vielen Mikro-Apartments am Stadteingang gefährdet die innerstädtische Entwicklung“, sagt die Grünen-Fraktionschefin Carmen Tittel auf Anfrage unserer Zeitung: „Wir sehen die Gefahr, dass durch diese Entwicklung ein Abgleiten zum sozialen Brennpunktbereich nicht auszuschließen ist.“

„Die Brisanz wurde uns nicht vermittelt“

So weit will Andreas Koch, der SPD-Fraktionschef, nicht gehen. Allerdings moniert auch er, dass die Verwaltung die Wünsche der Investoren im Ausschuss für Technik und Umwelt zu später Stunde eher beiläufig unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ erwähnt habe: „Die Brisanz und die Dimension der Pläne sind uns damals nicht verdeutlicht worden.“

Für den Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht sind Mikro-Apartments eine sinnvolle Ergänzung des Angebots auf dem Wohnungsmarkt. Wenn den Gemeinderat aber die große Zahl schrecke, könne er sich vorstellen, auf dem Citizen-Bolay-Areal nur die Hälfte der Kleinwohnungen zu genehmigen. Davon wiederum hält der CDU-Fraktionschef Jörn Lingnau überhaupt nichts. Man könne den Investor bei Citizen-Bolay, der seine Pläne seit Langem verfolge, nicht dafür bestrafen, dass Dietz am ZOB von seinen Hotelplänen abgerückt sei. Da müsse man eher über die Situation am alten Busbahnhof noch einmal reden.