Die HRE-Bad Bank FMS hat sich um fast 56 Milliarden Euro verrechnet. Zugleich drohen ihr neue Lasten durch griechische Staatsanleihen.

München - Es klingt wie bei einer Partie Monopoly: "Bankirrtum zu Ihren Gunsten". Der Betrag, um den man sich bei der Bad Bank des ehemaligen Skandalinstituts Hypo Real Estate (HRE) verrechnet hat , ist mit 55,5 Milliarden Euro allerdings so gigantisch wie einmalig. "Der Korrekturbedarf ergab sich vollständig aufgrund von Buchungsfehlern", sagte ein Sprecher des Ministeriums von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Das Ressort des CDU-Politikers ist für die komplett im Staatsbesitz stehende Bad Bank namens FMS Wertmanagement verantwortlich. Offiziell ist man den Details zu der trotz ihrer positiven Auswirkungen peinlichen Panne noch auf der Spur. Auch die FMS und der HRE-Nachfolger Deutsche Pfandbriefbank (Pbb) schweigen.

 

Ein Insider weiß mehr. "Wahrscheinlich ein plumper Programmierfehler, offensichtlich sind die Computer falsch gefüttert worden", sagt er und erklärt damit den peinlichen Lapsus. Als das marode Geschäft der HRE im Umfang von 175 Milliarden Euro vor einem Jahr in einer bisher nie da gewesenen Transaktion mit 5641 Einzelposten auf die FMS übertragen wurde, standen einer umfangreichen Liste von Verbindlichkeiten auch Forderungen gegenüber. Diese hätte man von den Verbindlichkeiten abziehen müssen.

Die Verantwortlichkeit liegt bei der HRE

Statt dessen wurden sie vom Computer dazuaddiert, was die Software aber nur macht, wenn sie vorher entsprechend falsch programmiert wurde. Fehler in den Grundrechenarten machen Computer sonst nicht, räumen Banker ein. Die Verantwortlichkeit für die Panne liegt offenbar bei der HRE, die die Zahlen für die FMS-Bilanz geliefert hat. Dort wollte man vorerst keine Stellung nehmen. Schäuble hat für die kommenden Tage je einen hochrangigen Manager der FMS und der HRE/Pbb zum Rapport einbestellt. Im politischen Berlin wurden bereits Forderungen nach personellen Konsequenzen laut.

Mit im Brennpunkt der Verantwortlichkeiten steht neben FMS und HRE die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PwC), die die Bilanzen der FMS testiert hat. Auch die PwC kommentiert den Fall bislang nicht. Entdeckt hat den Fehler die FMS selbst bei der Erstellung der Halbjahresbilanz 2011 - und ihn Anfang Oktober an Schäubles Ministerium gemeldet.

Zusätzliche Belastung in Milliardenhöhe

Als die FMS dieses Frühjahr ihre erste Bilanz für das Rumpfgeschäftsjahr 2010 vorgelegt hatte, sei der Fehler noch übersehen worden. Man habe damals noch keine Vergleichswerte gehabt und die Höhe der FMS-Bilanzsumme, die sich jetzt im Nachhinein um einen zweistelligen Milliardenbetrag als zu hoch erwiesen hat, habe plausibel ausgesehen, heißt es im Umfeld der Verantwortlichen. Genau angesehen habe man sich deren Bestandteile aber nicht, weil alles Augenmerk auf den damals verkündeten Horrorverlust von über drei Milliarden Euro nach nur drei Monaten Geschäftstätigkeit gerichtet war.

Bei der Aufstellung der Halbjahresbilanz 2011, die weitere 690 Millionen Euro Verlust brachte, sei dann beim Vergleich mit der Bilanz 2010 aufgefallen, dass etwas nicht stimmen könne, und man habe genau hingesehen. Am Ende stand eine Bilanzkorrektur von 24,5 Milliarden Euro für 2010 und weiterer 31 Milliarden Euro für das erste Halbjahr 2011, was die Schulden des FMS-Alleineigentümers Bundesrepublik Deutschland um diese Summen sinken lässt. Die deutsche Staatsverschuldung geht damit von 83,7 auf 81,1 Prozent zurück. Sie liegt damit aber immer noch weit über dem Maastricht-Kriterium von 60 Prozent.

Demnächst dürfte die FMS zudem wieder für finanzielle Belastungen sorgen, diesmal real und nicht wegen eines Rechenfehlers. Denn die Abwicklungsanstalt hat griechische Staatsanleihen im Umfang von 7,2 Milliarden Euro in ihren Büchern. Die müssen nach den jüngsten EU-Rettungsbeschlüssen für Griechenland abgeschrieben werden, in welchem Umfang genau, ist noch unklar. In jedem Fall soll es aber eine zusätzliche Belastung in Milliardenhöhe sein, die dann wieder den Bundeshaushalt belasten wird.