Die Hudson’s Bay Company ist ein Stück kanadischer Wirtschaftsgeschichte. Nun interessiert sich Nordamerikas ältestes Unternehmen offenbar für für den deutschen Warenhauskonzern Kaufhof. Ein Porträt.

Toronto - In den kleinen Gemeinden Nordkanadas und der kanadischen Arktis heben sich die roten Dächer vom weißen Schnee besonders deutlich ab. Die Gebäude der Hudson´s Bay Company, auch wenn die meisten längst nicht mehr als Handelsposten genutzt werden, sind doch immer noch das Markenzeichen vieler Gemeinden in dieser Region. Die Niederlassungen des 1670 als Pelzhandel gegründeten Unternehmens waren die Keimzellen vieler Städte Kanadas. Bis heute prägt die gleichnamige Kaufhauskette mit ihren 90 Geschäften das Bild vieler kanadischen Städte.  

 

Die Hudson´s Bay Company – auch HBC oder „The Bay“ genannt – ist Kanadas größtes Kaufhaus, Nordamerikas ältestes Unternehmen und mittlerweile in kanadischer und US-amerikanischer Hand. Nun streckt die HBC, geführt vom 49-jährigen US-Amerikaner Richard Baker, ihre Fühler nach Deutschland aus: Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat Hudson's Bay für rund 2,8 Milliarden Euro den Zuschlag für Kaufhof bekommen.

Im Rennen um die deutschen Warenhauskette galten die Amerikaner, die bislang nur in Kanada und den USA präsent sind, als größter Konkurrent des Karstadt-Eigners René Benko. Zu Bakers Imperium gehören in den USA die Modeketten Lord & Taylor und Saks Fifth Avenue; in Kanada Home Outfitters, ein Einrichtungshaus für Küche, Bad und Schlafzimmer, und natürlich das Unternehmen, das der ganzen Gruppe den Namen gibt: die Hudson´s Bay Company.

300 Jahre lang in London basiert

Das Unternehmen prägte lange Zeit Kanadas Geschichte, obwohl es 300 Jahre lang, bis 1970, seinen Sitz in London hatte und erst dann als kanadisches Unternehmen mit Sitz in Winnipeg, später in Toronto registriert wurde. Was heute Kanada ist, war früher zum großen Teil das Land der „Hudson´s Bay Company“. Am 2. Mai 1670 war sie in London durch eine Charta des englischen Königs Charles II. unter dem Namen „The Governor and Company of Adventurers of England trading into Hudson´s Bay“, gegründet worden, als „Unternehmen der Abenteurer“, die Handel an der Hudson´s Bay betreiben. Es hatte das Handelsmonopol für das gesamte als Rupert´s Land bezeichnete Territorium, das von Flüssen durchzogen wird, die zur Hudson Bucht fließen. Benannt wurde dieses große inländische Meer nach Henry Hudson, der Anfang des 17. Jahrhunderts versucht hatte, die Nordwest-Passage zu entdecken, den Seeweg von Europa nach Asien. 

Pelzhandel war lange Zeit die wichtigste Aktivität der HBC. Ihre Forts und Handelsposten erstreckten sich vom Norden Ontarios über die Küste der Bay bis weit in die Prärie und später in den hohen Norden des Kontinents und in die Arktis. Mehr als ein Drittel der Fläche des heutigen Kanadas gehörte ihr, annähernd vier Millionen Quadratkilometer.   Zu den Handelsposten kamen Trapper, Indianer und Inuit. Sie brachten Pelze, um sie gegen Munition, Werkzeug, Kessel, Decken und Lebensmittel einzutauschen und zogen dann weiter.

Rund um die Handelsposten ließen sich Siedler nieder

Dort wo heute Winnipeg, Calgary und Edmonton liegen, war im 18. Jahrhundert vor allem eine Niederlassung der Hudson´s Bay Company. 1821 schloss sich die HBC mit dem Konkurrenzunternehmen North West Company zusammen und wurde damit zu einem Unternehmen, das vom Atlantik bis zum Pazifik reichte.   In der Nähe der „Trading Posts“ ließen sich Siedler nieder. 1870 verkaufte die Company das Land an die Regierung Kanadas. Aus ihm wurden später die Provinzen Manitoba, Saskatchewan und Alberta sowie die nördlichen Territorien geformt. Auch die meisten Inuit-Gemeinden in Kanadas Arktis, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden, wurden rund um Handelsposten der HBC aufgebaut.  

Mit dem Niedergang des Pelzhandels Ende des 19. Jahrhunderts begann die Entwicklung des Unternehmens zu einer Kaufhauskette. Statt mit Fellen wurde nun mit Geld bezahlt. Heute ist HBC ein kanadisch-amerikanisches Unternehmen mit 70 000 Beschäftigten, das an der Börse in Toronto gelistet ist und im dortigen Simpson Tower seinen Sitz hat. Zuletzt erwirtschaftete der Handelskonzern mit seinen Töchtern einen Jahresumsatz von sechs Milliarden Euro (8,2 Milliaden kanadische Dollar) und machte rund 177 Millionen Euro Gewinn.

Die Shops führen alle namhaften Marken

In Großstädten wie Toronto, Montreal, Vancouver und Ottawa residiert die HBC in historischen Gebäuden der Innenstädte. Die Gruppe zielt auf Kunden im gehobenen und oberen Einkommensbereich und führt fast alle namhaften Marken im Bekleidungs- und Haushaltswarensegment. Auf dem umkämpften Kaufhausmarkt Kanadas muss sich die HBC gegen kleinere Spezialgeschäfte etwa im Bekleidungssektor oder große Discounter wie Wal-Mart behaupten – was offensichtlich gelungen ist.

Henry Hudson aber, dessen Name in der Hudson Bucht, im Hudson River bei New York und in der Hudson´s Bay Company weiterlebt, fand ein trauriges Ende. Nachdem er mit seiner Crew den Winter 1610/1611 in der später nach ihm benannten Bucht überstanden hatte und im Frühjahr 1611 die Erforschung der Bay und die Suche nach der Nordwest-Passage fortsetzen wollte, meuterte der Großteil der Besatzung seines Schiffs Discovery. Hudson, sein Sohn John und sieben kranke oder loyale Besatzungsmitglieder wurden in einem Boot ausgesetzt. Man hat sie nie wieder gesehen, ihr Schicksal ist unbekannt.

Dieser Text ist eine aktualisierte Version des Beitrags, der ursprünglich am 11.6. erschienen war. Am 15.6. wurde bekannt, dass Hudson's Bay für 2,8 Milliarden Euro Kaufhof erwirbt.