Ein schicker Zylinder weist der Kundschaft den Weg: seit 123 Jahren besteht das Esslinger Hutgeschäft Carl Bühler. Frauen und Männer finden dort Kopfbedeckungen aller Art und für jeden Anlass.

Esslingen - Drei Hüte lagen im Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg noch im Schaufenster von Carl Bühler. Wer einen neuen Hut wollte, der musste dem Hutladenbesitzer in der traditionsreichen Esslinger Einkaufsstraße, der Inneren Brücke, nicht weniger als zwölf Kaninchenfelle bringen. Wofür die Felle genau waren, weiß Martin Bühler (62) nicht. Aber so hat es ihm sein Vater Hans erzählt. Es ist nur eine von vielen Geschichten, die Martin Bühler aus vier Generationen Hutgeschäft zu berichten weiß.

 

Gegründet hat Carl Bühler das gleichnamige Hutgeschäft an der Inneren Brücke 16 im Jahr 1892. Das war eine Zeit, in der niemand ohne eine Kopfbedeckung vor die Tür trat. Einzigartige Hüte mit exotischen Federn symbolisierten den Wohlstand der Trägerinnen, und auch Männer waren nie oben ohne zu sehen. An die 20 Hutgeschäfte gab es einst in Esslingen, weiß Martin Bühler, der Urgroßenkel von Carl Bühler. Heute ist sein 123 Jahre alter Laden einer von noch zweien.

Heute sind Kopfbedeckungen wieder in

Die Zeiten ändern sich. Das weiß auch Martin Bühler. Zum Glück, sagt er. Zwar verschwand der Hut mit den Jahrzehnten zunehmend aus dem Straßenbild. „Vor 20 Jahren kaufte kaum jemand mehr Hüte“, sagt er. Doch heute sind Kopfbedeckungen wieder in. Und so türmen sich zeitlose Klassiker und mondäne Damenhüte neben Mützen und Kappen für den Alltag in den Regalen und auf Tischen. Sauber gestapelt nach Größen, unten die Kleinsten, oben die für die umfangreicheren Köpfe. Vom Stetson über die Melone aus Stroh und Filz bis zum legendären Panamahut, natürlich original nur mit dem Stempel, handgeflochten von grob bis fein. Besondere Stücke für die Dame gibt es dagegen nur in einfacher Ausführung. Die gehen nicht so häufig über die Theke. Eine Hutpressform koste 5000 Euro, erklärt er. Sie werden der Trägerin nach dem Kauf angepasst.

Es gibt viele Gründe und Anlässe, einen Hut zu kaufen. Deshalb, so sagt Bühler, müsse man als Fachgeschäft das gesamte Sortiment das ganze Jahr über haben. In Zahlen bedeutet das rund 3000 Exemplare, ganz genau beziffern könne er sie aber nicht. „Es fühlt sich dann doch anders an, wenn man einen Artikel hat, der begehrt ist“, sagt Bühler. In seinen Laden treten Männer und Frauen gleichermaßen ein. „Viele kommen rein und fragen nach einem Hut, der zu allem passt.“ Denen erwidert er scherzhaft: „Haben Sie auch nur ein paar Schuhe?“ Bühler empfindet Hüte nicht als exotisch. Für ihn stellen sie ein Bekleidungsstück wie jedes andere dar.

Die Berührungsängste verschwinden schnell

Die Leute seien es einfach nicht mehr gewohnt, Hüte zu kaufen, sagt er. „Viele setzen den ersten Hut sogar falsch herum auf oder zu weit hinten oder legen ihn nur auf. „Ganz so, als hätten sie Angst, ihn richtig aufzuziehen.“ Doch die Berührungsängste verschwinden schnell. „Selbst die, die schlecht gelaunt hereinkommen, weil ihr Arzt ihnen einen Hut verordnet hat, verabschieden sich am Ende mit einem Händedruck“, sagt Bühler, der besonders glücklich ist, wenn seine Kunden es auch sind.

Keine Sorgen um die Zukunft

Nie, so sagt er, würde er jemandem einen Hut verkaufen, der ihm oder ihr nicht stehe. Seinen Job macht er, der Volkswirtschaft studiert, die Welt mit Rucksack und im VW-Bus bereist und das Geschäft vom Vater schließlich vor genau 25 Jahren übernommen hat, sehr gerne. Zufrieden lächelt er, wenn man ihn danach fragt.

Auch wenn es nicht nur rosige Zeiten gibt: „Sorgen um die Zukunft mache ich mir nicht.“ Regen, Kälte und Sonne wird es immer geben. Auch sei das Internet keine Bedrohung für sein Geschäft. „Der Hut muss zum Gesicht passen.“ Und das sei genauso individuell wie seine Kunden.