Der Dieselskandal hat viel Vertrauen zerstört. Daran müssen nun alle arbeiten, meint die Kanzlerin aber auch die Branche selbst.

Frankfurt - Politik und Industrie sind sich einig: Die Autobranche muss verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Dies betonten zum Auftakt der 67. Internationalen Automobilmesse IAA in Frankfurt sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch der Präsident des Verbandes der Autoindustrie (VDA), Matthias Wissmann. Der vor genau zwei Jahren aufgedeckte Dieselskandal, die Manipulation an Abgaswerten, die zuerst bei Volkswagen aufgeflogen war, habe nicht nur den Unternehmen selbst Schaden zugefügt, sondern vor allem auch Verbraucher und Behörden getäuscht und enttäuscht“, sagte die Kanzlerin in ihrer Eröffnungsrede.

 

Anders aber als noch bei ihrem Auftritt bei einer Veranstaltung von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten vor zehn Tagen, als die Kanzlerin die Autoindustrie heftig kritisierte, ruderte sie nun etwas zurück. Damals sagte sie, es falle ihr schwer, zu glauben, was die Autoindustrie verspreche – nach alldem, was passiert sei. Statt harscher Kritik gab es bei der IAA nur einen Rüffel für die Automanager.

Merkel verteidigt Dieseltechnologie

Merkel sprach auch nicht mehr von einem „Betrug“, sondern nur noch davon, dass die Branche „Regelungslücken exzessiv ausgenutzt“ habe, räumte also ein, dass auch die Politik Fehler gemacht habe. Auch wenn diese Manipulationen nur eine Minderheit der Branche betreffen würden, müsse diese „alles daran setzen, Glaubwürdigkeit und Vertrauen so schnell wie möglich zurückzugewinnen“. Merkel hob hervor, dass nicht nur deutsche Hersteller die gesetzlichen Lücken genutzt hätten. Nun müssten sich neben den deutschen auch die ausländischen Hersteller daran beteiligen, durch die Nachrüstung von Dieselmotoren die Luft sauberer zu machen.

Die Regierungschefin wandte sich gegen eine Verdammung der Dieseltechnologie. „Es geht kein Weg daran vorbei, dass wir auf Jahrzehnte noch Verbrennungsmotoren brauchen und gleichzeitig in neue Antriebstechnologie investieren“, sagte Merkel. Das laute Nachdenken über ein Ende von Verbrennungsmotoren in China müsse die deutschen Exporteure allerdings aufhorchen lassen. Die Kanzlerin hob die große Bedeutung der Schlüsselindustrie für Beschäftigung und Wachstum hervor. „Wir wissen, was unser Land an Ihrer Branche hat.“ 870 000 Menschen hätten durch sie ihren Arbeitsplatz in Deutschland. Um drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Städten wegen zu hoher Schadstoffwerte zu vermeiden, müssten Verbrennungsmotoren sauberer werden.

Wissmann räumt Fehler ein

Zugleich seien Investitionen in neue Antriebe notwendig. „Bereiten Sie die Menschen auch mental aufs autonome Fahren vor“, sagte die Kanzlerin. Dass bei Elektro- und Hybridantrieben weltweit etwa jedes dritte Patent aus Deutschland stamme, lasse auf wachsende Marktanteile hiesiger Hersteller hoffen. Wie weit die deutschen Anbieter auf ihrem Weg in die Elektrozeit sind, konnte die Kanzlerin anschließend auf ihrem traditionellen Rundgang durch die Messehallen sehen. BMW-Chef Harald Krüger beispielsweise erklärte, dass die Münchner bei den Neuzulassungen heute schon einen höheren Anteil an E-Autos hätten als bei Dieselmotoren.

Zuvor hatte der Präsident des Automobilverbands VDA, Matthias Wissmann, „gravierende Fehler“ einzelner Autokonzerne eingeräumt. Diese Fehler hätten nicht passieren dürfen. Die Konzerne hätten diese Fehler aber erkannt und gingen ihnen mit aller Konsequenz nach. Die Autobranche sei sich bewusst, dass sie Vertrauen verloren habe, sagte Wissmann. Es sei nun ihr „zentrales Anliegen“, dieses wieder zurückzugewinnen. Der VDA-Präsident wandte sich zugleich gegen „Pauschalurteile“ und gegen Fahrverbote. „Innovative Zukunftsstrategien“ seien „allemal besser als pauschale Fahrverbote“. Auch andere Manager der Branche hatten sich an den zwei Pressetagen vor der Eröffnung überwiegend selbstkritisch gezeigt. Für eine engere branchenübergreifende Zusammenarbeit warb bei der Eröffnung Sheryl Sandburg von Facebook.