Mit kräftiger Verzögerung kann die Deutsche Bahn kann ihre neuen Vorzeigezüge nun erstmals nutzen. Das Eisenbahnbundesamt hat die weiterentwickelten 16 ICE-Fernzüge freigegeben.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Die Begeisterung Rüdiger Grubes hält sich in Grenzen. Ein „erster Schritt in die richtige Richtung“ sei die Serienzulassung der neuen ICE-Züge fürs deutsche Netz, kommentiert der Vorstandschef der Deutschen Bahn ziemlich zurückhaltend die frohe Botschaft des Eisenbahnbundesamtes (EBA). Die Bahnaufsicht hat am Montag bestätigt, das der Hochgeschwindigkeitstriebzug Velaro D auch für den Einsatz in Doppeltraktion frei gegeben worden ist. Damit dürfen nun erstmals auch zwei der neuen Züge gekuppelt auf dem deutschen Schienennetz fahren. Schon bei der bisherigen ICE-Flotte nutzt die Deutsche Bahn diese Möglichkeit, um die Kapazitäten der Nachfrage anzupassen   sowie Verbindungen aufzusplitten oder zusammenzuführen. Beim neuen Velaro D bekam Siemens allerdings lange Zeit die dafür benötigte Software für die Zugsteuerung nicht in den Griff, was zu weiteren Lieferverzögerungen führte.

 

Siemens hat erst ein Viertel der Züge ausgeliefert

Siemens hat erst vier der 16 bestellten Züge ausgeliefert, die bisher aber nur einzeln fahren durften und deshalb von der Deutschen Bahn nicht abgenommen wurden. Weitere vier Züge will der Konzern nun bis zum Frühjahr liefern. Die Bahn will die Züge erst im Probebetrieb ausführlich testen und als Reserve für den Winter nutzen. Für die Fahrgäste ergeben sich also zunächst keine Verbesserungen. Der frühere Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hatte   die neuen ICE-Züge bereits Ende 2008 für einen Auftragswert von 500 Millionen Euro bestellt. Der mittlerweile geschasste Siemens-Chef Peter Löscher hatte den Liefertermin für Ende 2011 persönlich zugesagt. Später wurden acht Züge für Dezember 2012 versprochen, aber auch dieser Termin platzte. Seit Jahren steckt die Siemens-Bahnsparte  in Problemen. Schwere Mängel an den Achsen vieler ICE haben dazu geführt, dass zeitweise ein großer Teil der Flotte aus dem Verkehr gezogen werden musste und die Bahnaufsicht den teuren Achsentausch anordnete. Dennoch entschied sich die Bahn nach Prüfung von Alternativen damals erneut für den Siemens-Konzern, der die neuen ICE in Krefeld produziert. Die Züge sind eigentlich für den Auslandsverkehr vorgesehen und deshalb technisch besonders aufwendig ausgestattet. Vorgesehen war ursprünglich der Einsatz im Verkehr nach Frankreich ab Ende 2011 und nach Brüssel ab 2012. Von dort sollten die ICE auch weiter durch den Kanaltunnel nach London fahren.

Ein Teil der Flotte muss ständig in die Werkstatt

Von diesen Expansionsplänen hat sich die Deutsche Bahn verabschiedet, denn wegen der anhaltenden Achsenprobleme muss ein Teil der ICE-Flotte ständig zur Inspektion in die Werkstatt. Dadurch fehlen selbst für den Inlandsverkehr Fahrzeuge. Daran wird sich vorerst nichts ändern. Der Achsentausch bei der ICE-Flotte hat noch nicht einmal begonnen, auch hier gibt es bis jetzt keine Zulassungen für die neuen Radwellen. Zudem benötigen die neuen Velaro D auch in den anderen Ländern eine Fahrerlaubnis. Zunächst für Belgien und Frankreich werden diese weiter angestrebt. Die restlichen acht ICE seien daher zunächst für den grenzüberschreitenden Testbetrieb in diesen Ländern vorgesehen, heißt es bei Siemens. Bei der Bahn rechnet man nicht damit, dass die ICE in absehbarer Zeit im Ausland zum Einsatz kommen können. Frühestens 2016 will der Konzern zum Beispiel über Fahrten nach London entscheiden.

Der neue Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) begrüßte die Zulassung der Velaro-D-Züge als „positive Signale für die Bahnreisenden“. Da die Fahrgastzahlen im Fernverkehr zulegt haben, benötigt die Bahn dringend mehr Züge. Aber auch auf neue Doppelstock-Intercitys des kanadischen Herstellers Bombardier, die zum Fahrplanwechsel vor einigen Tagen in Betrieb gehen sollten, muss der Konzern noch warten. Erst 2015 wird mit der Lieferung gerechnet.