Die Gewerkschaft IG Metall fordert, dass Betriebsräte bessere Informationsrechte zu Werkverträgen erhalten. Diese Art der Fremdvergabe von Arbeit habe enorm zugenommen. Am Donnerstag gibt es einen Aktionstag dazu.

Stuttgart - Werkvertragler sind die neuen Leiharbeiter. Nachdem Gewerkschaften in den letzten Jahren den Missbrauch der Leiharbeit mühsam eingeschränkt haben, wiederholt sich das Unterlaufen von Tarifverträgen nun mit dem Instrument des Werkvertrags. Dieser Meinung ist zumindest die IG Metall, die diesen Donnerstag zu einem bundesweiten Aktionstag aufruft, der gezielt die Automobilstandorte der Republik treffen wird. In Baden-Württemberg beteiligen sich daran Beschäftigte von Daimler, Audi und Evobus. Aktionen sind unter anderem in Stuttgart, Sindelfingen, Gaggenau, Rastatt und Mannheim geplant.

 

Die IG Metall in Baden-Württemberg kritisiert, dass die Praxis der Fremdvergabe von Tätigkeiten über Werkverträge oder den Einsatz von Leiharbeitern regelmäßig zum Ersatz von Stammarbeitsplätzen führe. Dies habe eine Umfrage unter Betriebsräten im Land, vorwiegend aus der Metall- und Elektroindustrie, ergeben, teilte die Gewerkschaft am Mittwoch mit. Ein Drittel der Fremdvergaben über Werkverträge betrifft den klassischen Produktionsbereich, gefolgt von Forschung und Entwicklung (28 Prozent), Montage (25 Prozent) und Logistik (23 Prozent).

Dreiviertel der Betriebe lagern Arbeit über Werkverträge aus

„Ganz offensichtlich sind Werkverträge für Unternehmen vor allem ein Mittel zur Kostenreduzierung“, kritisiert der Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger. Dabei nähmen die Unternehmen in Kauf, dass Beschäftigte zu deutlich schlechteren Konditionen arbeiteten als das eigene Stammpersonal und setzten überdies wichtiges Knowhow aufs Spiel. An der Umfrage haben sich laut IG Metall mehr als 730 Betriebsratsvorsitzende beteiligt. In drei von vier Betrieben werden demnach Arbeiten auf Grundlage von Werkverträgen ausgelagert. In 27 Prozent hat die Vergabe von Werkverträgen in den vergangenen drei Jahren zugenommen, in der Hälfte der Betriebe wurde das Niveau gehalten. Fast die Hälfte der Werkvertrags-Unternehmen wenden nach Information der Betriebsräte keinen Tarifvertrag an, vermutlich sogar mehr.

Deutschlandweit arbeiten derzeit rund 100 000 Beschäftigte in der deutschen Autobranche in Werkverträgen, hat die Gewerkschaft in mühsamer Kleinarbeit ermittelt. Denn oft verweigern Arbeitgeber selbst Betriebsräten genaue Auskunft darüber, klagt Bayerns IG Metall-Chef Jürgen Wechsler. Ein besonders dreistes Beispiel für einen Werkvertrag kennt er von BMW am Standort Dingolfing. „BMW hat dort eine Werkshalle leer geräumt und per Werkvertrag den Kontraktlogistiker Schnellecke ins Haus geholt“, erklärt der IG Metaller. Der erledige mit 400 Leuten dort, was vorher BMW-Stammpersonal getan habe. Im BMW-Beispiel werden angelieferte Teile auf dem Werksgelände zusammengeschraubt und dann an Autos montiert. Vorgesehen sind Werkverträge aber aus Sicht der IG Metall nur für Tätigkeiten wie das Streichen einer Werkshalle oder allenfalls noch deren Säuberung, nicht aber für die Kernarbeiten eines Unternehmens. Und statt tariflich 35 Wochenstunden arbeiten die Dingolfing Beschäftigten 40 Stunden. Sie erhalten nicht einmal halben Grundlohn, drei Tage weniger Urlaub und nur ein Drittel Urlaubsgeld. Höhere Leistungszulagen glichen das nicht aus, so die Gewerkschaft.

Die Arbeitgeber kritisieren die Kampagne der Gewerkschaft

Ziel der Gewerkschaftskampagne ist es, Autohersteller und große Zulieferer zu verpflichten, nur noch mit tarifgebundenen Werksvertragsunternehmen zu kooperieren. Zudem fordert die IG Metall Auskunfts-und Mitspracherechte von Betriebsräten zu Werkverträgen.

Die Arbeitgeberverbände kritisieren die Haltung der IG Metall scharf. „Die IG Metall versucht, mit antiquierten Vorstellungen von modernen Wertschöpfungsketten das Rad der Geschichte zurückzudrehen“, sagte Stefan Wolf, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, am Mittwoch in Stuttgart: „Dabei tritt auch das organisationspolitische Eigeninteresse der IG Metall deutlich zu Tage. Ihr geht es vor allem um Mitgliederwerbung – zu Lasten unserer Unternehmen und deren Kunden.“ Es sei abstrus, angesichts von bundesweit 360 000 neu geschaffenen Stammarbeitsplätzen seit 2010 von einer angeblichen Verdrängung von Stammarbeitsplätzen zu reden.