Schon wieder sind Pottwale im deutschen Wattenmeer gestrandet. Am Mittwoch wurden fünf von ihnen geborgen – eine schwierige, aber notwendige Aufgabe.

Kaiser-Wilhelm-Koog - Wie birgt man acht tote Pottwale aus dem Wattenmeer? Am Dienstag war das wegen eines Sturms nicht möglich, am Mittwoch wurden zwei Kilometer vom Deich entfernt im Nationalpark Wattenmeer die ersten Kadaver geborgen – von Mitarbeitern des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) haben mit der Bergung der Kadaver begonnen.

 

„Für mich als Mensch ist es einfach ein verstörender Anblick, diese großen Säuger so zu sehen“, sagte der Umweltminister von Schleswig-Holstein, Robert Habeck. Ein Spaziergänger auf Kaiser-Wilhelm-Koog hatte die acht Meeressäuger am Sonntagabend entdeckt. Als sie strandeten, lagen sie direkt als Gruppe zusammen, sagte Hendrik Brunckhorst von der Nationalparkverwaltung. „In drei Fällen direkt Tier an Tier - geradezu rührend nebeneinander.“

Mittlerweile haben Wind und Wellen die Tiere etwas auseinander driften lassen. Doch die Gefühle der Menschen bei ihrem Anblick bleiben: „Wenn man sich den toten Tieren nähert, ist das ein beklemmendes Gefühl“, sagt LKN-Direktor Johannes Oelerich. „Zum Teil sind sie noch lebendig hergekommen, sind hier gestorben – das geht ans Herz.“

Warum die Wale überhaupt ins Wattenmeer geschwommen sind, ist bislang unbekannt. Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Theorien; Experten halten Unterwasserlärm, Krankheiten, natürliche Ursachen, seismische Aktivitäten oder militärisches Sonar als Gründe für möglich. Einmal falsch abgebogen, können die flachen Gewässer des Wattenmeers für die Tiere zur Falle werden. Die Büsumer Professorin Ursula Siebert von der Tierärztlichen Hochschule Hannover soll die Tiere untersuchen.

Fünf der acht Wale sind am Mittwoch geborgen wordne, die restlichen drei sollen am Donnerstag an Land gezogen werden. Damit ist die Arbeit aber immer noch nicht getan: Im Wattenmeer vor Dithmarschen sind am Mittwoch zwei weitere Kadaver nordwestlich der Stadt Büsum gesichtet worden. Damit sind in den vergangenen Wochen fast dreißig Pottwale vor der deutschen Nordseeküste verendet.

Fragen und Antworten – wie birgt man einen gestrandeten Pottwal?

Einige Fragen und Antworten zu den gestrandeten Pottwalen vor der Nordseeküste.

Die Wale sind im Nationalpark gestorben. Warum lässt man dort nicht die Kadaver einfach liegen?

Die Wale würden bei einem der nächsten Hochwasser an den Strand gespült werden und dort langsam verwesen. Bis ein Wal zersetzt ist, dauert es mehrere Jahre. Bis dahin würden verweste Fleischbrocken an den Stränden und an anderen Stellen der Küste angespült werden.

Wie laufen die Bergungsarbeiten ab?

Die Kadaver bekommen ein stabiles Tau um die Schwanzflosse, dann werden sie mit Raupenfahrzeugen an Land gezogen. Anschließend hievt sie ein Kran auf einen Tieflader zum Weitertransport in den Meldorfer Hafen. Dort werden die Kadaver obduziert und zerlegt. Anschließend werden sie wahrscheinlich in einer Tierkörperverwertung entsorgt. Museen oder andere Interessenten haben sich noch nicht gemeldet.

Wie alt sind die jetzt geborgenen Pottwale?

Es sind junge Bullen, noch nicht ausgewachsen und ungefähr 10 bis 15 Jahre alt. Ihr genaues Alter könne erst mit Hilfe der Zähne bestimmt werden, sagte Hendrik Brunckhorst von der Nationalparkverwaltung. Dazu wird ein Zahn aufgeschnitten: Ähnlich den Baumringen kann dann das Alter des Wals gezählt werden. „Beim Menschen kann man auch nicht unbedingt von der Größe auf das Alter schließen.“

Warum sind in diesem Winter so viele Wale gestrandet?

Obwohl alle Tiere untersucht wurden, gibt es bislang keine Hinweise auf die Ursache. Äußerlich weisen sie keine Verletzungen auf. Mit den Tieren vor Kaiser-Wilhelm-Koog sind nach Angaben der Schutzstation Wattenmeer seit dem 8. Januar 25 junge Pottwale in der südlichen Nordsee umgekommen: 14 in Deutschland, sechs in den Niederlanden und fünf in England. Ob sie alle zu einer Gruppe gehörten, ist unbekannt.

Wenn sich ein Pottwal in die Nordsee verirrt: Ist das sein Todesurteil?

Falls die Meeressäuger vor einer Strandung entdeckt werden, haben sie eine Überlebenschance. So wurden nach Angaben der „Schutzstation Wattenmeer“ 1998 drei von sechs vor St. Peter-Ording in flaches Wasser geratene Tiere mit Hilfe von Booten ins offene Meer geleitet.