Viel Stau, hohe Mieten und ausfallende S-Bahnen – nein, findet der Verband Region Stuttgart: Der Großraum Stuttgart sei viel besser als sein Ruf. Nun will man sein Image mit Großevents wie einer Tour-de-France-Etappe oder einem Welt-Innovationsforum aufpolieren.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Thomas Bopp, der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, wird deutlich: „Die Region verkauft sich eindeutig unter Wert.“ Obwohl der Großraum Stuttgart mit seinen 2,8 Millionen Einwohnern zu den erfolgreichsten und innovativsten Wirtschaftszentren in ganz Europa gehöre, bestimmten vor allem negative Schlagzeilen wie fehlende Gewerbeflächen, teurer Wohnraum oder verspätete S-Bahnen das öffentliche Bild.

 

Das will Bopp nun ändern. Jüngst hat er seine Überlegungen in der Runde der Oberbürgermeister der Region Stuttgart vorgestellt. „Wir brauchen große gemeinsame Projekte“, sagt er nun – und verweist als Beispiel auf die Remstal-Gartenschau, die nach anfänglichen Planungsschwierigkeiten überaus erfolgreich gewesen sei und die Kommunen im Remstal und die Menschen in der gesamten Region zusammengebracht habe.

Jedes Jahr ein Projekt mit internationaler Strahlkraft

Solle, so Bopp, die Region Stuttgart in der öffentlichen Wahrnehmung ihr negatives Image ablegen, brauche es eigentlich in jedem Jahr noch viel größere Projekte, die der Bedeutung des Wirtschaftsstandorts gerecht werden und eine internationale Strahlkraft entwickeln. Als Beispiel nennt Bopp die Internationale Bauausstellung IBA’27. Das „I“ müsse dabei allerdings nicht nur für „International“, sondern auch für „Innovativ“ stehen. Die IBA alleine reiche aber bei Weitem nicht aus, um kontinuierlich am guten Ruf von Stuttgart als internationaler Metropole zu arbeiten.

Bopp hat den Oberbürgermeistern nun drei Ideen präsentiert, wie eine solche Imageverbesserung mit konkreten Inhalten gefüllt werden könnte. Zum einen schlägt er eine gemeinsame Bewerbung der Region sowie mehrerer Städte und Gemeinden für eine Bundesgartenschau Anfang der 2030er Jahre vor. Im Mittelpunkt soll dabei der Neckar stehen, der den Großraum Stuttgart von Nürtingen über Esslingen und Stuttgart bis nach Ludwigsburg, Besigheim und Kirchheim durchquert. Es sei eine überaus spannende Aufgabe, mithilfe einer solchen Gartenschau die zahlreichen, ohnehin schon geplanten Veränderungen und weitere Bausteine zur Gestaltung der Lebensader zu entwickeln. „Da können wir dann auch klären, wie Stuttgart besser an den Neckar herankommt“, sagt der Chef der Region.

„Stuttgart kann Radsportereignisse organisieren“

Als zweites Spektakel möchte Bopp, dass die Tour de France Ende dieses Jahrzehnts einen Ausflug nach Deutschland mit Stuttgart als Etappenziel macht. Im Jahr 1987 war Stuttgart schon einmal Start- und Zieletappe der Tour de France. Nach dem Umbau des Stadions in eine reine Fußballarena habe Stuttgart leider den Nimbus als Sporthauptstadt verloren. „Wir haben in den vergangenen Jahren aber bewiesen, dass Stuttgart radsportbegeistert und in der Lage ist, große Radsportereignisse zu organisieren.“ Die Zielankunft auf der Theodor-Heuss-Straße sei zudem überaus spektakulär und besitze großstädtisches Flair. Die Tour-Etappe, begleitet von einem Jedermann-Rennen, könne zu einem Volksfest für die ganze Region und darüber hinaus werden. Das Ereignis werde mit Sicherheit die Menschen faszinieren und die Sichtbarkeit der Region erhöhen.

Als drittes Großereignis, das man bereits 2026 erstmals organisieren und dann gegebenenfalls alle zwei, drei Jahre wiederholen könne, schwebt Thomas Bopp ein Welt-Innovationsforum vor: „Wir wollen den Firmen, Hochschulen und den zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsinstituten die Möglichkeit geben, auf die Marktplätze der Region zu gehen, und zeigen, dass wir rund um Stuttgart die klügsten Köpfe der Welt versammelt haben. Die Menschen wissen doch oft gar nicht, was alles hier geschieht.“

Die Region investiert europaweit am meisten in Forschung und Entwicklung

Walter Rogg, der Chef der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, begrüßt den Vorstoß von Bopp. Solche Projekte seien wichtige Signale. Gerade das Innovationsforum könne dazu beitragen, den Menschen die Sorgen vor dem technologischen Wandel zu nehmen. Bopp: „Stuttgart ist doch europaweit die Region, in der am meisten in Forschung und Entwicklung investiert wird. Wir haben keinen Grund, Angst vor den Problemen in der Welt zu haben. Denn wir leben hier seit 100 Jahren davon, diese zu lösen.“

Aus der OB-Runde gab es breite Zustimmung zu Bopps Initiative. Esslingens Ratschef Matthias Klopfer ist begeistert von den Gartenschauplänen: „Ich sage seit Langem, dass wir einen Aufbruch im Neckartal benötigen. Die Transformation der Industrie ist eine große Chance, die Menschen von Esslingen über Stuttgart und Remseck bis nach Ludwigsburg ans Wasser zu bringen.“ Klopfers Ludwigsburger Kollege Matthias Knecht ergänzt: „Die Strahlkraft der Region zu steigern und damit die Wahrnehmung in Deutschland und Europa zu stärken ist ein sinnvolles Ansinnen.“ Bopps Vorschläge seien ein gutes Mittel, die Sichtbarkeit zu erhöhen, etwa „eine Bundesgartenschau entlang des Neckars oder ein Innovationsforum. Vor allem Letzteres ist für die Region der Tüftler und Denker eine hervorragende Idee.“