Bei der Mitgliederversammlung sparen sich die Wohnungseigentümer aus Kostengründen den Fachvortrag – durch die geänderte Vereinsförderung müssen sie mehr Hallenmiete bezahlen. Der Nordostring ist den Mitgliedern keine Diskussion wert.

Fellbach - Die Verfügbarkeit von angemessenem und bezahlbarem Wohnraum „ist die drängende soziale Frage unserer Zeit“, sagte Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull bei der Mitgliederversammlung von Haus und Grund Fellbach. Um dem zu begegnen, startete sie nach ihrer Amtsübernahme eine Wohnbauoffensive, die „im vergangenen Jahr weiter vorangeschritten“ sei.

 

Haus und Grund ist nicht als gemeinnütziger Verein eingestuft und bekommt keinen Rabatt mehr bei der Hallenmiete

Beispielhaft verwies Gabriele Zull auf das seiner Vollendung entgegen gehende Vorhaben „Wohnen für alle“ in Schmiden, bei dem dank eines Zuschusses des Sozialministeriums erstmals Quartiersarbeit geleistet werden könne. Gleichzeitig mahnte sie weiter Bautätigkeiten an: „Die Probleme beruhen ja schlicht und einfach darauf, dass in den zurückliegenden Jahrzehnten für eine wachsende Bevölkerung viel zu wenig gebaut wurde.“

Dass Gabriele Zull am Montagabend zur alleinigen Gastrednerin der Versammlung avancierte, hängt mit Sparbemühungen des Vereins zusammen. Üblicherweise referierte in der Vergangenheit ein – mitunter teurer – Spezialist zu einem Fachthema. Inzwischen schlagen jedoch die Auswirkungen der neuen Vereinsförderrichtlinien durch. Haus und Grund ist nicht als gemeinnütziger Verein eingestuft und bekommt keinen Rabatt mehr bei der Hallenmiete.

Wenig Interesse hatten die Teilnehmer jedoch an einer Diskussion über den Nordostring

Statt rund hundert Euro Miete werden jetzt pro Veranstaltungsabend rund 1500 Euro fällig. Weil zusätzlich der Landesverband Württembergischer Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer die Beiträge erhöht hat, musste der Fellbacher Kassierer Klaus Rommel ein Jahresdefizit von rund 6000 Euro in der Vereinskasse vermelden. Dieser Abmangel hätte indes deutlich niedriger ausfallen können, wenn Haus und Grund Fellbach seinen unverändert 1348 Mitgliedern die vom Landesverband verordnete Beitragserhöhung nicht zeitverzögert aufgebürdet hätte.

Dass auch ohne Fachvortrag fast 100 Immobilienbesitzer in die Festhalle Schmiden gekommen sind, dürfen der Vorsitzende Ulf Krech und seine Mitstreiter durchaus als Anerkennung für ihre Arbeit werten, so mancher Verein muss mit einem deutlich geringeren Interesse an der Mitgliederversammlung leben.

Sehr präsent waren die Vereinsmitglieder zuletzt in den Beratungsstunden der Rechtsanwälte Volker Kurz und Jürgen Knisel

Wenig Interesse hatten die Teilnehmer jedoch an einer Diskussion über den Nordostring, die ein Vereinsmitglied, der Projektgegner Helmut Wickleder, beantragt hatte. Die Abstimmung über eine Diskussion fiel eindeutig negativ aus. Ulf Krech sieht „das Thema um den Nordostring gut in der Stadtverwaltung verortet“. Zudem habe sich Oberbürgermeisterin Gabriele Zull dazu eindeutig positioniert. Eine Diskussion wäre mutmaßlich recht einseitig ausgefallen, denn die Befürworter des umstrittenen Straßenausbaus dürften in der Festhalle Schmiden kaum präsent gewesen sein.

Sehr präsent waren die Vereinsmitglieder zuletzt in den Beratungsstunden der Rechtsanwälte Volker Kurz und Jürgen Knisel. Letzterer verwies auf viele Fragen zum qualifizierten Mietspiegel, der Mieterhöhungen komplizierter mache: „Da ist jedem zu raten, sich dem Online-Mieterhöhungsrechner zuzuwenden.“

Im Vorgriff auf die nächstjährige Versammlung, für die mehrere Ausschussangehörige altersbedingt ihren Rückzug angekündigt haben, wählten die Mitglieder Andreas Bürkle in das Gremium. Der 52-Jährige ist geschäftsführender Gesellschafter der auf Arbeitskleidung spezialisierten Fellbacher Firma AWK. Ähnlich bekannt ist das umfangreiche Engagement von Andreas Bürkle für die Tischtennisabteilung des VfR Birkmannsweiler (ein Stadtteil von Winnenden), die sein Vater Werner Bürkle 36 Jahre lang angeführt und aus der Unterklassigkeit zum sportlichen Erfolg geführt hat.