In Stuttgart werden immer weniger Immobilien verkauft. Im dritten Quartal des Jahres 2018 gab es lediglich 641 Verkäufe. Auch die Quadratmeterpreise steigen weiter kräftig.

Stuttgart - Es gibt mehr Engagement in den Wohnungsbau in Deutschland, doch das ist noch immer nicht genug. Auf diesen Nenner lassen sich die Schlussfolgerungen der Spitzenverbände der Bau- und der Immobilienbranche zum Jahresschluss.

 

Zumindest der Neubau von Eigentumswohnungen in der Landeshauptstadt agiert weiter auf kleinster Flamme, seit 2013 sind die Verkaufszahlen um mehr als 50 Prozent gesunken, die Veräußerungen von Bestandsgebäuden um elf Prozent. Das dritte Quartal fällt gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres deutlich ab.

Reservierungen für 2019

Der stellvertretende Vorsitzende des Gutachterausschusses der Stadt Stuttgart, Stefan Bolenz, hofft aber auf eine kleine Jahresendrallye. Im Bereich Friedhof-/Nordbahnhofstraße hat das Siedlungswerk in ihrem Planungsgebiet Rosenstein II mit dem Verkauf von 122 Neubauwohnungen begonnen. Die Firma meldet bereits Abschlüsse und Reservierungen für das vierte Quartal 2018 und das erste Quartal 2019.

Was kostet eine Immobilie in Stuttgart? Die Preise aus Internetportalen und Inseraten spiegeln den Wunsch der Verkäufer wider. Was bezahlt wird, wissen nur die Notare. Sie melden jeden Abschluss dem städtischen Gutachterausschuss, nur er hat Zugriff auf diese Daten. Somit wertet er im Gegensatz zu Online-Portalen die bezahlten Kaufpreise in Stuttgart aus.

Die deutsche Baubranche kommt derweil kaum aus dem Jubeln heraus: „Für den Wohnungsbau gehen wir im laufenden Jahr von einem nominalen Umsatzwachstum von 6,5 Prozent aus“, erklärte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB), Reinhard Quast. Für 2019 erwartet er ein weiteres deutliches Wachstum von 5,5 Prozent. Es seien in diesem Jahr rund 300.000 Wohnungen erstellt worden.

Richtige Entwicklung

2019 rechne er mit bis zu 320.000 Einheiten. Die Zunahme bleibe auf den boomenden Geschosswohnungsbau beschränkt. Der klassische Eigenheimbau werde dagegen auf Vorjahresniveau stagnieren. „320.000 neue Wohnungen bedeuten zwar eine Verdopplung gegenüber 2010. Das reicht aber noch nicht an den Bedarf von mindestens 350.000 Wohnungen heran.“ Damit läge man auch hinter den Erwartungen der Bundesregierung zurück, die 375.000 Einheiten geplant haben.

Für Jürgen Michael Schick, den Präsidenten des Immobilienverbandes IVD, weise zwar die Entwicklung der Baugenehmigungszahlen in die richtige Richtung. Wer derzeit eine Wohnung suche, habe davon aber nichts. In diesem Jahr genehmigte Wohnungen stünden dem Markt erst von 2021 an zur Verfügung.

Bürgschaftsprogramm gefordert

Um den „eklatanten Angebotsmangel“ so schnell wie möglich zu beheben, brauche es „eine Wohnungspolitik ohne ideologischen Ballast und Lösungsvorschläge, die rasche Umsetzbarkeit und nachhaltige Effekte versprechen. Wir sollten keine Angst haben, gegen den Strich zu denken“ mahnt Schick.

Für ihn macht der Mangel an „marktaktiven freien Wohnungen“ die Krise aus. Es werde aber übersehen, „dass die Mehrheit der Deutschen wünscht, in den eigenen vier Wänden zu wohnen, und, dass Wohneigentumsförderung einen bedeutenden Beitrag zur Behebung der Wohnungskrise leisten kann.“ Er fordert den Bund auf, nach Einführung des Baukindergelds nun dem Bürgschaftsprogramm und einem Grunderwerbsteuerfreibetrag für Erwerber von selbstgenutztem Wohneigentum den Weg zu ebnen.

Quadratmeterpreis steigt im Durchschnitt

In Stuttgart stößt rege Nachfrage weiter auf ein überschaubares Angebot. In den ersten drei Quartalen 2018 stieg zwar die Zahl der wieder verkauften Wohnungen um 2,4 Prozent auf 1735 Einheiten an, beim Neubau ging es allerdings steil bergab. Hier stehen gerade einmal 181 Eigentumswohnungen in diesem Jahr noch 346 im Vergleichszeitraum 2017 gegenüber – das ist ein Rückgang von 52,3 Prozent.

Der Mittelwert für die Gesamtstadt stieg von 5650 je Quadratmeter im dritten Quartal 2018 auf 6347 Euro. Die geringe Datenbasis lässt die Preissteigerung aber wenig aussagekräftig erscheinen. So entfällt der Einfluss teurer Wohnungen. 8324 Euro je Quadratmeter mussten für eine Wohnung im Stuttgarter Süden bezahlt werden. Vor einem Jahr waren bis zu 14.850 Euro fällig. Im letzten Quartal steht wieder ein solch kostspieliges Projekt auf der Verkaufsliste (Maybachstraße im Norden).

Spitzenwerte in Bad Cannstatt

Im dritten Quartal wurden 578 Eigentumswohnungen wiederverkauft, das sind 18 weniger als im Vorjahr, aber – ein schwacher Trost – immerhin fünf mehr als im zweiten Quartal 2018. Der Mittelwert stieg um 6,9 Prozent, eine Steigerung im vergangenen Jahr fand nicht statt.

20 Prozent der Verkäufe betrafen Wohnungen im großen Bereich Neckar, der von Obertürkheim bis Mühlhausen reicht, also der den teils industriell, teils dörflich geprägten östlichen Rand der Landeshauptstadt umfasst. Von den lediglich 63 verkauften Neubauwohnungen zwischen Juli und September – exakt die Hälfte des Werts vom dritten Quartal 2017 – befinden sich gerade einmal fünf in den Neckarvororten; und zwar alle in Bad Cannstatt mit einem Spitzenpreis von 7120 Euro pro Quadratmeter. Die günstigste war für 4863 Euro pro Quadratmeter zu haben.

Keine Konversionsflächen

Aber weder in Hedelfingen noch in Hofen, Mühlhausen, Münster, Obertürkheim, Rohracker, Rotenberg, Uhlbach, Untertürkheim und Wangen stand auch nur eine einzige Neubauwohnung zum Verkauf. Im Quartal davor war es auch nicht besser gewesen. Da wurden zwei Einheiten in Hofen und drei in Wangen veräußert.

In diesem Jahr sind es bisher lediglich 14 – dreimal weniger als in den ersten neun Monaten des Vorjahres. Das muss aber nicht verwundern. Die städtebauliche Grundordnung ist in weiten Teilen kleinparzellig, Konversionsflächen gibt es derzeit keine, und somit auch keine Flächen, die im größeren Stil für frei finanzierten Wohnungsbau genutzt werden könnten.