Profis können die Grunderwerbsteuer auch künftig umgehen. Die baden-württembergsiche Finanzministerin Edith Sitzmann erwartet aber Einschränkungen dieser Praxis.

Stuttgart - Die Kritik an der Umgehung der Grunderwerbsteuer bei großen Immobiliendeals hält an, obwohl die Finanzminister der Länder vor wenigen Wochen Gegenmaßnahmen vereinbart haben. Sowohl der Eigentümerverband Haus und Grund als auch der Mieterbund halten die Schritte für unzureichend. „Der von den Ländern gefundene Kompromiss ist eine Enttäuschung“, schreibt Haus und Grund. „Die Finanzminister der Länder sind mit großen Erwartungen in den Reformprozess gestartet und haben sich am Ende auf ein Minimalziel verständigt.“ Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbunds spricht von „einem ganz kleinen Lösungsansatz“, bei dem allenfalls die Richtung stimme. „Mit Steuerfairness, mit einem Schließen von Steuerschlupflöchern oder einer Bekämpfung von Steuervermeidungsstrategien hat das alles aber nichts zu tun“, sagt er.

 

Dem Staat entgegen Einnahmen von bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr

Bei Immobiliengeschäften kann die Steuer vermieden werden, indem nicht ein Grundstück gekauft wird, sondern eine Firma, der das Grundstück gehört. Es handelt sich also um ein Geschäft mit Anteilen (Share Deal), nicht mit einem Grundstück. Aufsehen erregt haben spektakuläre Fälle wie der Besitzwechsel des Sony-Centers in Berlin sowie der Verkauf des Frankfurter Eurotowers. Nach Schätzungen entgehen dem Staat dadurch Einnahmen von bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr.

Die Länderfinanzminister bezeichnen ihre Einigung entgegen der Kritik als konsequentes Vorgehen gegen die Share Deals bei der Grunderwerbsteuer. „Ich gehe davon aus, dass … Steuergestaltungen über Share Deals deutlich eingeschränkt werden – das bringt mehr Steuergerechtigkeit“, sagte die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) unserer Zeitung. Die Ministerin verwies auf enge verfassungsrechtliche Grenzen bei einer Reform, sagte aber auch: „Selbstverständlich werden wir beobachten, welche Wirkung die Neuregelung entfaltet. Sollte das nicht ausreichen, dann wollen wir weitere Maßnahmen ergreifen.“

In der Immobilienbranche herrscht Erleichterung

Voraussetzung für die Steuervermeidung war bisher, dass der Käufer nicht mehr als 94,9 Prozent der Anteile an der Objektgesellschaft erwirbt und fünf Jahre lang darauf verzichtet, die übrigen 5,1 Prozent zu übernehmen. Künftig soll die Steuerbefreiung nur dann möglich sein, wenn die Immobilie zu höchstens 89,9 Prozent erworben wird und der Minderheitsgesellschafter zehn Jahre dabei bleibt.

Aus der Einigung der Landesminister soll das Bundesfinanzministerium nunmehr einen Gesetzentwurf machen. Edith Sitzmann geht davon aus, dass der Entwurf bis Jahresende fertig sein wird. Das Ministerium in Berlin selbst mag zum Zeitplan keine Angaben machen. In der Immobilienbranche herrscht Erleichterung, weil vielfach stärkere Einschränkungen erwartet wurden. Unklar ist, wie lange die alte Regelung noch angewendet werden kann.