Eine von der Bausparkasse in Auftrag gegebene Untersuchung sagt, dass Geldanlagen in die eigenen vier Wände so attraktiv seien wie in den vergangenen 25 Jahren nicht mehr. Verbraucherschützer sehen dies jedoch kritisch.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Schwäbisch Hall - Obwohl die Immobilienpreise steigen, soll der Erwerb von Wohneigentum so erschwinglich sein wie seit 25 Jahren nicht mehr. Das behauptet eine Studie des privaten Wirtschaftsforschungsinstituts Empirica, die von der Bausparkasse Schwäbisch Hall in Auftrag gegeben wurde. Als Grund für die Entwicklung werden die niedrigen Kreditzinsen genannt. Besonders in mittelgroßen Kreisstädten lohnen sich laut der Studie Investitionen – solange der Käufer eine Eigennutzung anstrebt. Verbraucherschützer warnen, dass solche Geschäfte dennoch sehr riskant seien. „Egal ob als Geldanlage oder zur Eigennutzung, Investitionen in Immobilien sind immer eine hochriskante Angelegenheit,“ sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

 

Die These von Empirica liest sich zusammengefasst so: Weil die Zinsen auf Kredite in 30 untersuchten deutschen Städten in den vergangenen 25 Jahren im Mittel um 62 Prozent gesunken sind, sei es jetzt besonders attraktiv, sich eine Eigentumswohnung zuzulegen. Der Anstieg der Immobilienpreise werde durch den Tiefstand der Zinsen ausgeglichen. Nur: In Stuttgart, wo der Immobilienmarkt boomt, sind die Kaufpreise für Eigentumswohnungen laut dem Immobilienverband Deutschland (IVD) alleine in den letzten fünf Jahren im Mittelwert um über 50 Prozent gestiegen.

Die Bausparkasse schlussfolgert dennoch aus der Studie, dass jetzt ein besonders guter Zeitpunkt sei, Immobilien zu erwerben. Für einen Haushalt mit mittlerem Einkommen solle es in den meisten Städten sogar günstiger sein, eine Eigentumswohnung zu kaufen als zur Miete zu wohnen, sagt Empirica. Richtig lohne sich aktuell ein Wohnungskauf in kleinen Kreisgemeinden wie beispielsweise Minden: Hier liege die Kreditbelastung innerhalb von fünf Jahren laut der Studie bei gerade mal sechs Prozent des Kaufpreises.

Hier geht es zu unserem Immobilienatlas für Stuttgart.

In Großstädten treffe diese Rechnung jedoch nur bedingt zu. „In München sind die Kreditzinsen zwar auch gesunken, aber nicht so stark wie anderswo“, sagt Sebastian Flaith, Sprecher der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Auch wenn die Bausparkasse Schwäbisch Hall durchaus ein Interesse daran haben dürfte, dass in Immobilien investiert wird: Uneingeschränkt spricht sie sich nicht dafür aus, jetzt eine Wohnung zu kaufen. „Ob das Eigenheim auch als Wertanlage taugt, können die niedrigen Zinssätze alleine nicht aussagen“, sagt Flaith. Da seien viele Faktoren entscheidend.

Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale hält das Argument mit dem Selbstbezug für Augenwischerei. Vor allem dann, wenn ein Kredit aufgenommen werde. „Wenn der Wert der Immobilie sinkt, passiert es schnell, dass das komplette investierte Eigenkapital kaputt ist“, sagt Nauhauser; schlimmstenfalls verschulde sich der Käufer damit sogar.

Immobilienpreise könnten sinken

Der Verbraucherschützer rechnet am Beispiel Stuttgart vor: „Hier steigen die Immobilienpreise zwar aktuell. Aber die sind immer an die Höhe der Einkommen gekoppelt.“ Und wenn jetzt die Automobilindustrie schwächeln würde, hieße das laut Nauhauser, dass die Immobilienpreise wieder in den Keller fahren. Sprich: Auch wer seine Eigentumswohnung selbst bezieht, könne sein Kapital verbrennen.

Wer sich dennoch für eine Eigentumswohnung entscheidet, für den hat Niels Nauhauser folgenden Rat: „Als Käufer sollte man darauf achten, dass die Finanzierung auf keinen Fall auf Kante genäht ist.“ Anderenfalls empfiehlt er, lieber zur Miete zu wohnen und sein Geld anderweitig anzulegen. Auch Sebastian Steffen, Professor am Institut für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg, mahnt zur Vorsicht: „Privatpersonen sollten sich bei einer Kaufentscheidung tatsächlich nicht nur am Preisniveau, sondern vor allem an den Finanzierungskosten über die gesamte Laufzeit orientieren.“ Konzepte zur „Erschwinglichkeit“ berücksichtigten jedoch häufig nur Kosten während der ersten Zinsfestschreibung. Das Risiko, dass der Zinssatz sich nach zehn oder 15 Jahren ändere, werde häufig unterschätzt. „Seriöse Studien fokussieren nicht die anfängliche Kreditbelastung, sondern beispielsweise die Restschuld nach Ablauf der Zinsbindung“, sagt Steffen. Doch selbst wenn er und Niels Nauhauser Recht behalten sollten: Dem Boom am Immobilienmarkt dürfte das kaum einen Abbruch tun.