Wir haben uns bei Vertreterinnen und Vertretern des Berufsstands auf der Stuttgarter Filderebene umgehört, ob sie in ihren Apotheken impfen wollen. Das Fazit: Es gibt Probleme und Frust.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Filder/Stuttgart - Impfen in Apotheken? „Eine geile Idee“, sagt der Möhringer Apotheker Volker Lechler, fügt dann aber gleich ein großes „Aber“ hinzu. Denn zumindest in kleinen und mittelgroßen wie seiner Filderbahn-Apotheke gebe es dafür sehr wahrscheinlich kein Personal. Die Arbeit sei schon jetzt sehr verdichtet, die Arbeitsbelastung bei ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen immens hoch. „Wir werden zugeschüttet und verbrannt“, sagt er und verweist auf immer mehr Auflagen und Aufgaben wie zum Beispiel die Ausgabe der digitalen Impfpässe. Volker Lechler würde gern mehr Personal einstellen. Doch gute Leute zu finden, sei nahezu unmöglich, der Nachwuchs fehle.

 

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Seit das Thema Impfen in Apotheken in den Nachrichten aufgekommen ist, wird Lechler von Kundinnen und Kunden darauf angesprochen. Er antwortet dann immer: „Ja, ich will impfen, aber ich weiß nicht, ob ich es schaffe.“ Auch die Zeit für das Interview mit der Zeitung könne er nur erübrigen, weil er krank zu Hause sei. Doch Volker Lechler hat sich etwas überlegt. Wenn alle Fragen geklärt sind, die Öffnung kommt und in den Apotheken tatsächlich geimpft werden soll, möchte er eine Krankenschwester aus dem Bekanntenkreis fragen, ob sie das in seinen Räumen machen könnte.

Das größte Problem sei die Personalnot

„Im Prinzip halte ich es durchaus für möglich, in Apotheken zu impfen, ständen dem nicht erhebliche Hürden im Wege“, sagt Marit Konnerth, die Inhaberin der Spitzweg-Apotheke in Degerloch. Um Impfen zu können, müssten sie und ihr Team zunächst geschult werden. „Das geschieht – wie ich unsere Standesvertretung kenne – durchaus nicht kostenlos“, sagt Marit Konnerth. Eine „ganz große Frage“ sei auch, ob der Versicherungsschutz diese Art von Tätigkeit einschließe. Das müsse vorher unbedingt geklärt werden. Das größte Problem aber sei: „Was passiert, wenn es bei der Impfung zu Zwischenfällen wie Herz-Kreislauf-Problemen oder Ähnlichem kommt? Davon gab es in den Impfzentren anscheinend doch einige. Wir haben zwar eine Ersthelfer-Ausbildung, aber mehr nicht.“

Doch auch wenn diese Fragen geklärt wären, könnte die Degerlocher Apothekerin noch nicht impfen: Denn auch sie sieht vor allem die Personalknappheit. „Ein Apotheker müsste ja ständig dabei sein, diesen brauchen wir aber unbedingt in der Offizin, um unserer Beratungstätigkeit bei der Arzneimittelabgabe gerecht zu werden. Ich selbst habe in meiner Apotheke zwei weitere approbierte Apothekerinnen beschäftigt, könnte aber auf keine in der Offizin verzichten“, sagt Marit Konnerth und weist zudem auf den immensen Schreib- und Verwaltungsaufwand hin.

Es gebe zu wenig Impfstoff, zumindest von Biontech

Vor allem aber fragt sie sich: „Wo soll der Impfstoff herkommen?“ Für die kommende Woche habe sie für Ärzte 180 Dosen Biontech bestellt. „Die Lieferzusage habe ich für 42 Dosen erhalten! Meine Ärzte sind jetzt schon stinksauer.“

Leider sei die Politik schon während der ganzen Pandemie mit Worten sehr schnell, ohne sich für die Umsetzung der angesagten Aktionen zu interessieren. „Das fing schon bei den Masken im letzten Dezember an, geht jetzt mit dem digitalen Impfpass weiter und nun auch noch mit dem Verimpfen von nicht vorhandenem Impfstoff in Apotheken“, so ihr Fazit.

Es fehlt an Zeit und geeigneten Räumen

Eine dritte Apotheke lehnt unsere Anfrage ab – aus purer Zeitnot: „Leider schaffe ich ein Interview gerade nicht. Ich arbeite jeden Tag bis mindestens 21 Uhr, wenn ich Pech habe bis 24 Uhr. Ich habe keine Ahnung, wie wir auch noch impfen sollen. Die Kunden fragen, ich habe weder Personal noch Räume, wir sind nicht ausgebildet und vor allem: Es gibt viel zu wenig Impfstoff!“, schreibt sie in einer entschuldigenden Mail.