Immer mehr Gegner der Corona-Maßnahmen verabreden sich in Telegram-Gruppen zu „Montagsspaziergängen“ – auch in den Landkreisen Böblingen und Ludwigsburg. Die Polizei hat die Versammlungen im Blick. Bisher blieb es friedlich – bis auf eine Ausnahme.

Kreis Böblingen/Kreis Ludwigsburg - „Montagsspaziergänge“ nannten ostdeutsche Bürgerrechtler einst ihre friedlichen Demonstrationen gegen das DDR-Regime. Drei Jahrzehnte später versammeln sich wieder Menschen zu Montagsspaziergängen – aus Protest gegen die Corona-Maßnahmen.

 

Offenbar bekommen diese Spaziergänge immer mehr Zulauf. Das Polizeipräsidium Ludwigsburg registrierte am vergangenen Montag in den Landkreisen Böblingen und Ludwigsburg in der Zeit zwischen 17 und 20 Uhr 18 dieser unangemeldeten Versammlungen. Nach Polizeiangaben nahmen insgesamt rund 2800 Personen daran teil.

Spaziergänge verlaufen weitgehen friedlich und störungsfrei

„In den Sozialen Netzwerken wird dafür geworden – unter anderem auch in Telegram-Gruppen“, erklärt Polizeipressesprecher Peter Widenhorn auf Nachfrage, wie die Polizei von den „Spaziergängen“ erfährt.

Die Versammlungen verliefen laut Polizeibericht durchgängig friedlich und störungsfrei. Meist seien keine Plakate oder Transparente zu sehen. „Man will sich keinen Versammlungscharakter geben – auch wenn es da natürlich schon einen gewissen Organisationsgrad gibt“, erklärt Widenhorn. Solange die „Spaziergänge“ friedlich verlaufen, lasse man die Leute aber gewähren.

In Sindelfingen gehen 400 Menschen auf die Straße

In Ludwigsburg zählte die Polizei rund 700 Teilnehmende, die vom Marktplatz durch die Innenstadt zum Bahnhof und wieder zurück gingen. In Vaihingen an der Enz bewegten sich etwa 600 Personen in zwei Aufzügen durch die Stadt und in der Innenstadt von Sindelfingen trafen sich 400 Menschen. Weitere „Montagsspaziergänge“ fanden unter anderem in Bietigheim-Bissingen (240), Herrenberg (140), Leonberg (120), Besigheim (90), Weil der Stadt (80), Oberstenfeld (70), Renningen (60), Böblingen, Kornwestheim, Bondorf und Waldenbuch (je 50) sowie in Remseck und Marbach am Neckar (je 30), in Weil im Schönbuch (15) und in Holzgerlingen (7).

Die Abstandsregeln wurden dabei nicht überall eingehalten und etliche Teilnehmende trugen keinen Mund-Nasen-Schutz, teilt die Polizei mit. In Renningen kam es am Rande des „Montagsspaziergangs“ zu einer Körperverletzung.

Körperverletzung in Renningen

Wie Peter Widenhorn auf Nachfrage mitteilt, hatte ein 37-Jähriger die Ansammlung fotografiert und dabei auch einen 40-Jährigen abgelichtet, der aber wohl gar nichts mit der Veranstaltung zu tun hatte. Da der Mann keine Maske trug – wozu er im Freien auch nicht verpflichtet war – hatte der 37-Jährige ihn den „Spaziergängern“ zugeordnet und als „Querdenker“ bezeichnet. Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung, die damit endete, dass der 37-Jährige dem Mann einen Tritt versetzte. „Nichts Wildes“, fasst Widenhorn zusammen.

Die Polizei hatte zur Begleitung der „Spaziergänge“ und für verkehrspolizeiliche Maßnahmen 90 Beamtinnen und Beamte eingesetzt. „Noch ist das für uns machbar“, erklärt der Polizeihauptkommissar, verweist aber darauf, dass diese Veranstaltungen natürlich Einsatzkräfte binden würden. „Und der Zulauf wird größer“, so Widenhorn.