Am Montag beginnt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart der Prozess wegen eines 2017 vereitelten Anschlags vor dem Karlsruher Schloss. Ein Islamist aus Freiburg wollte dort angeblich mit einem Fahrzeug in die Zuschauermenge an einer Eislaufbahn rasen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Ein Jahr nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt bei der Berliner Gedächtniskirche, bei dem zwölf Menschen ums Leben kamen, hätte sich das gleiche blutige Spektakel noch einmal in Karlsruhe widerholen können. Doch am 20. Dezember 2017 schlug die Polizei zu. Sie nahm in Karlsruhe einen 29 Jahre alten Deutschen kurdischer Herkunft fest. Der Mann muss sich von Montag an vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verantworten. Die Anklageschrift wirft ihm vor, ein Attentat geplant und die Terrormiliz Islamischer Staat unterstützt zu haben.

 

Ziel des Anschlags soll die Eislaufbahn auf dem Karlsruher Schlossplatz gewesen sein. Der Angeklagte Dasbar W., der zuletzt in Karlsruhe wohnte, soll die Örtlichkeiten seit Sommer 2017 ausgespäht haben. Zudem habe er sich bei mehreren Paketdiensten als Fahrer beworben, weil er nach dem Vorbild des Berliner Attentäters Anis Amri geplant habe, mit einem Fahrzeug in die Menschenmenge an der Eisbahn zu rasen.

Zeuge ist ein V-Mann, der vom Angeklagten selbst beschuldigt wird

Der Fall ist kurios: Ein Spitzel des Landeskriminalamts Baden-Württemberg soll Dasbar W.s Terrorpläne verraten haben. Doch an der Glaubwürdigkeit dieses V-Manns bestehen offenkundig Zweifel. W. soll den Mann selbst bei der Polizei angezeigt haben, weil er angeblich einen Anschlag im Sinn habe. Der V-Mann wiederum berichtete der Polizei laut „Süddeutscher Zeitung“, Dasbar W. habe ihm erzählt, er habe den Auftrag zu dem Attentat von einem hochrangigen Funktionär des IS erhalten, mit dem er direkt in Verbindung stehe. Den Mann habe er als „IS-General“ bezeichnet. Er sei früher General in der Armee des irakischen Diktators Saddam Hussein gewesen. Er habe W. auch finanziell unterstützt. Der Deutschkurde habe zunächst an einen Terrorakt in Frankreich oder Belgien gedacht. Er habe zu diesem Zweck eigens Französisch gelernt.

Dasbar W. hat in Freiburg das Licht der Welt erblickt. Seine Eltern sind Kurden. Sie leben nach Informationen der „Badischen Zeitung“ heute wieder im Nordirak, wo sie ihr Sohn mehrfach besucht habe. Bis 2014 soll der Angeklagte in Freiburg gewohnt haben. W. hatte Abitur und angeblich im Sinn, ein Informatikstudium zu beginnen. Womöglich ist er deshalb nach Karlsruhe umgezogen. Dort lebte er alleine. 2016 war er aus dem Irak wieder nach Deutschland eingereist.

Es begann mit Freiexemplaren des Koran

Der Terrorverdächtige war in Freiburg angeblich Besucher der Ibad-ur-Rahman-Moschee, einer Anlaufstelle für Islamisten. Sie wurde vom Verfassungsschutz beobachtet. Dasbar W. sei früher nicht streng religiös gewesen, habe als junger Mann aber strikt die Regeln des Islam befolgt. Den deutschen Behörden war er offenbar im Zusammenhang mit einer Aktion von Salafisten aufgefallen, die auch in Freiburg kostenlos Koranexemplare verteilten. Laut „Badischer Zeitung“ gibt es auch in Freiburg eine islamistische Szene, die ein paar Dutzend Leute umfassen sollen. Nach Erkenntnissen des Südwestrundfunks hat Dasbar W. im Sommer 2016 an einem zehntägigen Seminar des mittlerweile verbotenen Moscheevereins „Deutschsprachiger Islamkreis“ in Hildesheim teilgenommen. Dort traf er den inzwischen inhaftierten Hassprediger Abu Walaa, der ein Kontaktmann des IS gewesen sein soll.

Von April bis Juli 2015 soll Dasbar W. den IS zunächst von Deutschland aus unterstützt haben. Fahnder, die seine Kommunikation via Interet überwachten, sicherten einschlägige Propagandavideos, die er selbst erstellt und verbreitet haben soll. Auf seinem Mobiltelefon fand sich offenbar auch ein Video, das ihn bei Schießübungen mit einem Scharfschützengewehr im Irak zeigt.