Die Inzidenzwerte verharren über dem Grenzwert von 200, in Stuttgart und im Landkreis Göppingen können Klein- und Vorschulkinder deshalb nur noch im Notfall betreut werden. Damit die Notbetreuung nicht über Gebühr beansprucht wird, setzt die Landeshauptstadt strenge Regeln.

Stuttgart - Von Donnerstag an sind die Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflegestellen in Stuttgart wieder geschlossen. Wir zeigen auf, was das bedeutet und wie es in der Region Stuttgart aussieht.

 

Wann machen die Stuttgarter Kitas zu?

Die Stadt Stuttgart hat am Dienstag ein Zutritts- und Teilnahmeverbot für die Notbetreuung der städtischen, konfessionellen und freien Einrichtungen, insgesamt rund 600, erlassen. Handhabe dazu gibt ihr die Coronaverordnung des Landes. Demnach ist diese Verfügung erlaubt, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz den Wert von 200 an drei Tagen in Folge überschreitet. In Stuttgart ist dies seit Freitag vergangener Woche der Fall.

Warum sind Kitas trotzdem offen?

Weil eine Notbetreuung erlaubt ist für Kinder, deren Kindeswohl gefährdet ist oder für Kinder von Eltern, die beruflich unabkömmlich sind, vor einer Abschlussprüfung stehen oder aus „sonstigen schwerwiegenden Gründen“ auf eine Notbetreuung angewiesen sind, teilt die Stadt mit. Als Nachweis verlangt sie eine Bescheinigung des Arbeitgebers.

Warum ist Stuttgart so restriktiv?

Beim letzten Lockdown konnten alle die Notbetreuung nutzen mit dem Effekt, dass in manchen Kitas die Plätze zu 90 Prozent belegt waren. „Es trifft alle hart, wenn die Kinder nicht betreut werden“, sagt die Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP), „aber es braucht eine Notbetreuung, die diesen Namen auch verdient. Diese haben wir nun geregelt.“ Alle müssten nun einen Kraftakt vollbringen, „wenn wir dieser Pandemie endlich den Garaus machen wollen“. Den Einrichtungen wird eine Quote von weniger als 50 Prozent der zu betreuenden Kinder empfohlen.

Was hat sich außerdem geändert?

Alle Kinder ab drei Jahren müssen in der Notbetreuung ein- bis zweimal wöchentlich einen negativen Coronatest vorweisen. Vorgesehen ist, dass die Eltern den Test zu Hause machen und schriftlich versichern, ein positives Ergebnis zu melden. Auch das entspricht nicht den Vorgaben des Landes, aber „bei besonderen Gegebenheiten können wir als Stadt über die Verordnung des Landes hinausgehen“, argumentiert Isabel Fezer. Ausgeliefert wurden Nasaltests. Nun sollen Erfahrungen gesammelt und ausgewertet werden. „Daraus ergeben sich dann Erkenntnisse für die weitere Teststrategie“, so die Stadt.

Welcher Kreis ist ebenfalls betroffen?

Im Landkreis Göppingen liegt die Sieben-Tage-Inzidenz schon seit mehr als einer Woche über dem 200er-Grenzwert. Deshalb sind dort bereits seit vergangenem Montag die Kitas dicht. Auch in Göppingen wird eine Notbetreuung angeboten. Ein Nachweis, dass sie die Notbetreuung brauchen, müssen Erziehungsberechtigte nicht vorlegen. Sie müssen das aber glaubhaft versichern.

Wo läuft noch der Normalbetrieb?

In allen anderen Kreisen rund um Stuttgart werden Kitakinder nach wie vor im Normalbetrieb versorgt. Am dichtesten dran an der Kitaschließung war der Kreis Ludwigsburg. In der vergangenen Woche hatte der Inzidenzwert im Kreis an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die 200er-Marke überschritten, war dann jedoch leicht unter diesen Grenzwert gefallen. Deshalb musste das Ludwigsburger Gesundheitsamt noch nicht eingreifen. Im Kreis Böblingen, wo die Inzidenz in der Region nach wie vor am niedrigsten ist, gilt vom kommenden Montag an allerdings eine Testpflicht. Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, darf sein Kind nicht zur Betreuung abgeben, teilte eine Sprecherin des Landratsamts am Dienstag mit.

Wann greift die bundesweite Regel?

Da herrscht noch große Unsicherheit bei den Kommunen. Sollte der Inzidenzgrenzwert tatsächlich auf 165 gesenkt werden, müssten aktuell mit Ausnahme des Landkreises Böblingen alle Kreise der Region die Kitas dichtmachen. Allerdings muss das Gesetz am Donnerstag noch in den Bundesrat. Frühestens am Montag droht deshalb in den betroffenen Kreisen die Kitaschließung.

Was sagen die Erzieherinnen?

„Wir sind heute Morgen sehr gut gestartet, und wir möchten uns bei den Kindern und Eltern für die gelungene Zusammenarbeit bedanken“, lautete die Rückmeldung am Montag aus einer Betriebskita. Dort ist für die zwei Mal wöchentlich stattfindenden Testungen genügend Platz. Anders sieht es in einer Kita in der Innenstadt aus, wo 94 Prozent der Eltern einen Anspruch auf Notbetreuung haben. Die 30 Plätze waren zuletzt bis zu 80 Prozent genutzt. Doch darüber, ob der Test zu Hause wirklich gemacht worden ist und mit welchem Ergebnis, hat die Kita keine Kontrolle. Sie muss den Eltern vertrauen. Die Gewerkschaft GEW findet den Nachweis für die Notwendigkeit der Notbetreuung gut. Es könne nicht sein, dass die Entscheidung darüber die jeweilige Kitaleitung treffen müsse. Zudem fordert die GEW, dass die Beschäftigten so schnell wie möglich geimpft werden können. Hilfreich wäre, wenn in den Impfzentren Zeitfenster für Erzieherinnen reserviert würde.

Was sagen die Eltern?

„Die Testpflicht wird kontrovers diskutiert“, sagt Katalin Elsner, die Sprecherin des Gesamtelternbeirats der städtischen Kitas, die Landeselternvertretung baden-württembergischer Kitas wirbt fürs Testen. Im Kreis Böblingen begann nach Ostern an rund 30 Kitas ein Modellversuch, dem sich inzwischen fast 100 weitere angeschlossen haben. Drei Wochen lang werden Kinder mit verschiedenen Methoden (freiwillig) auf das Coronavirus getestet. Bei 62 Prozent willigten die Eltern ein. „Das sind tolle Zahlen“, bilanziert das Landratsamt, das bislang zwei positive Testergebnisse zählte.