ETFs sind Anlegers Lieblinge. Die Nachfrage nach den kostengünstigen Indexfonds ist rasant gewachsen. Aber gibt es ein böses Erwachen, wenn es an der Börsen bergab geht?

Stuttgart - Weil sich in der derzeitigen Niedrigzinsphase das Guthaben auf dem Sparkonto kaum noch vermehrt, schwenken immer mehr Sparer auf sogenannte ETFs um. Bei den Indexfonds ist jedoch ein langer Atem gefragt.

 

Was sind ETFs?

ETFs sind eine kostengünstige Möglichkeit, Geld am Kapitalmarkt anzulegen. ETFs sind Indexfonds, die an der Börse gehandelt werden. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Indexfonds sind spezielle Fonds, bei denen kein Fondsmanager für den Anleger die Wertpapiere auswählt, die gekauft oder verkauft werden. Ein ETF ist ein Fonds, der genau die Wertentwicklung eines Index wie zum Beispiel des Dax nachbildet. In diesem Fall setzt sich der Fonds genau aus den Aktien der 30 größten deutschen Aktiengesellschaften zusammen, wie sie auch im Dax enthalten und gewichtet sind. Bildet der ETF beispielsweise den Index MSCI World nach, setzt sich der Fonds aus den Aktien der 1600 weltweiten Unternehmen zusammen. Das Kürzel ETF steht für Exchanged Traded Funds, aber alle Welt spricht nur von ETF.

Was sind die Vorteile eines ETFs?

Weil kein Fondsmanager die Anlagestrategie auswählt und steuert, sondern stur die Titel aus dem Index gekauft werden, sind die Gebühren niedrig. Es fallen auch keine Provisionen für Bank- oder Sparkassenberater an. ETFs sind dadurch ein kostengünstiges Anlageprodukt und transparent. Sie werden wie Aktien an der Börse gehandelt.

Was sind die Nachteile?

Ein ETF ist nur so gut, wie der Markt, den ein ETF abbildet. Wenn sich der Markt gut entwickelt, entwickelt sich auch der darauf basierende ETF gut, wenn der Markt schwächeln, schwächelt auch der Wert des ETF. „Das ist ein verlässliches Verhalten“, sagt Dominique Riedl, Geschäftsführer des Online-Ratgebers JustETF. Oder wie Richard Dittrich, Leiter der Kundenbetreuung an der Börse Stuttgart betont: „Ein ETF ist niemals besser als der Markt, aber auch nicht schlechter, er bildet nur den Markt ab. Aber langfristig zahlt sich das in der Regel aus.“

Sind ETFs nur gut, wenn es an der Börse bergauf geht?

ETFs sind nicht nur etwas für gute Marktphasen. „Die Kritik kommt gerne von Bankern, die am Vertrieb von ETF nichts verdienen“, sagt Riedl. Das Argument für aktiv gemanagte Fonds laute dann: Professionelle Fonds-Manager würden rechtzeitig Aktien verkaufen, bevor die Märkte einbrechen. Historische Vergleiche zeigen jedoch, so Riedl, „dass ETF über längere Halteperioden überwiegend deutlich besser abschneiden.“ Wichtig sei, betont Dittrich, dass man langfristig anlegen will und auch schlechte Marktphasen durchhält. Anleger sollten sich vor Augen halten, dass ein Aktien-ETF in Sachwerte investiert.

Sind ETFs auch eine Geldanlage für Einsteiger?

In Deutschland werden rund 1300 ETFs gehandelt. Für Einsteiger sind eine Handvoll Produkte ausreichend. „ETFs bedeuten für Einsteiger weniger Arbeit. Man muss sich nicht mit jeder einzelnen Aktie beschäftigen“, sagt Dittrich. Wichtig sei, einen breit gestreuten ETF zu wählen, der verschiedene Unternehmen, verschiedener Branchen in verschiedenen Ländern abbildet. Oft wird der MSCI World oder der MSCI All Country World empfohlen. „Eine breitere Streuung ist kaum möglich“, sagt Börsenexperte Dittrich. Um den Einstieg in ETFs zu erleichtern, können Anleger bei JustETF erst einmal auf dem Papier üben. Auf der Plattform können sie ein virtuelles Musterdepot anlegen und so verfolgen, wie sich das Depot entwickelt.

Wie riskant sind ETFs?

„Man sollte nur in Aktien-ETFs investieren, wenn man daran glaubt, dass die Aktienmärkte langfristig nach oben gehen“, betont Riedl. Das Risiko bei Aktien sind die Kursschwankungen. Ein Aktien-ETF ist nicht die richtige Anlage, wenn man sein Geld in wenigen Jahren benötigt. „Wer aber zwölf Jahre oder länger dabei bleibt, hat noch nie Geld verloren mit Aktien.“

Was ist besser – eine Einmalanlage in ETF oder ein Sparplan?

Bei einem Sparplan kaufe ich nicht zum günstigsten und nicht zum teuersten Kurs ein, sondern zu einem Durchschnittskurs, weil ich mal mehr, mal weniger Anteile für meinen Geldbetrag erwerbe. „Mit so einer Strategie fährt man am besten“, sagt Riedl. Wer dennoch einen gewissen Betrag lieber sofort anlegen möchte, sollte diesen in drei oder vier Tranchen übers Jahr verteilt anlegen. Die meisten Sparpläne gibt es ab 50 Euro monatlich, manche schon ab 25 Euro.

Ist es sinnvoll, jetzt mit einem ETF-Sparplan zu beginnen, wo wir uns auf den Konjunkturabschwung zu bewegen?

„Anleger können zum falschen Zeitpunkt einsteigen“, sagt Dittrich, aber nichts zu tun, sei oftmals noch schlimmer. Wenn alle Marktakteure an den Abschwung glauben würden, stünde der Dax jetzt schon viel tiefer. Bereits 2014 wurde gewarnt, dass der Abschwung bevorstünde. „Genau weiß das keiner. Es kann noch zwei oder drei Jahre gut gehen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass langfristig die Märkte eher steigen als fallen“, sagt Dittrich. Der Zeitpunkt für den Beginn eines Sparplans spielt nach Ansicht von Max Schott, Geschäftsführer beim Vermögensverwalter Sand & Schott, eine eher untergeordnete Rolle. Wichtig sei nur, dass über mindestens fünf, besser sind zehn Jahre, ein konstanter und regelmäßiger Geldbetrag gespart wird. Das Risiko besteht laut Schott darin, dass zum Ende der Sparplanphase die Finanzmärkte stark fallen. „Daher ist bei einem Sparplan das Ende der Sparplanphase wichtiger als der Beginn.“

Kann ich ETFs kaufen und liegen lassen?

„Nötig ist eine disziplinierte Anlage-Strategie.“ Anleger sollen festlegen, wie viel Prozent sie risikoarm (zum Beispiel Tagesgeld) und wie viel sie risikoreicher anlegen (zum Beispiel Aktien-ETFs). Einmal im Jahr sollte das Depot wieder auf die ursprünglich festgelegte Anlagestrategie ausgerichtet werden. Beispiel: 20 Prozent des Anlagebetrages soll in Aktien-ETFs fließen, 80 Prozent auf dem Tagesgeldkonto bleiben. Laufen die Märkte schlecht, sollte Geld in ETFs umgeschichtet werden, so dass die Ausgangslage 20/80 wieder hergestellt ist. Laufen die Märkte gut, muss entsprechend von ETF in Tagesgeld umgeschichtet werden, empfiehlt Riedl.

Was passiert, wenn viele Anleger nervös werden und verkaufen wollen?

Wenn die Märkte schlecht laufen, braucht es Nerven. Der beste Schutz vor Nervosität und hektischem Aussteigen in Abschwungphasen ist „eine disziplinierte Anlagestrategie, die einem den Mut gibt, auch bei fallenden Kursen zu investieren“, rät Riedl. Die meisten Anleger machen es falsch. „Sie tendieren in Paniksituationen dazu, ihre Anlagen zu verkaufen und verpassen dann den Wiedereinstieg. Damit verbrennen viele ihr Geld.“

Wird der ETF-Sparplan das Sparbuch ablösen?

Für Riedl steht fest: „ETFs sind tatsächlich auf dem besten Weg, das Sparbuch abzulösen, weil sich viele Anleger in der Niedrigzinsphase nach Alternativen umschauen. Mehr und mehr Anleger steigen auch von aktiven auf passive Fonds um.“ Für Dittrich wird das Sparbuch seine Bedeutung als Notgroschen, als kurz- und mittelfristige Anlage behalten. „Aber als Langfristanlage wird das Sparbuch hoffentlich bald abgelöst.“