Im Muse-O in Gablenberg läuft zurzeit der zweite Teil der Ausstellung „Made in S-Ost“. Zum Begleitprogramm gehören auch Führungen durch den Stadtbezirk. Dabei werden die einstigen Firmensitze, die zum Teil noch erhalten sind, gezeigt.

S-Ost - Einmal quer durch die Ostheimer Industriegeschichte ist es Ende vergangener Woche bei einem Spaziergang durch den Stadtteil gegangen. Die Geschichte der Industrialisierung im Stadtbezirk Stuttgart-Ost ist das Thema der Ausstellung „Made in S-Ost, Teil 2“, die zurzeit im Muse-O in Gablenberg zu sehen ist. „Ostheim ist ein wichtiger Stadtteil, der noch nicht erforscht wurde, hier kann man viel über das frühere Stuttgart erfahren, und die Exkursion führt die Ausstellung nach draußen“, sagt der Kurator der Ausstellung, Ulrich Gohl.

 

In Ostheim sollten die Arbeiter in Ruhe leben

Los geht es auf dem Urachplatz. Die Industriegeschichte im Osten beginnt Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in Berg, es folgt die Erschließung von Stuttgart-Gablenberg. Dazwischen entsteht Ostheim, ursprünglich als reine Siedlung gedacht. „Eduard Pfeiffer wollte, dass die Arbeiter abseits vom Arbeitsleben in Ruhe leben können. Deswegen gibt es in Ostheim an sich auch keine Industriebauten, sondern nur drumherum“, sagt Gohl.

Die Haußmannstraße 101 ist eines dieser Häuser. Isco wurde im Jahr 1896 gegründet, 1906 wurde das von dem Architekten Philipp Jakob Manz entworfene Gebäude bezogen. Dort wurde Wäsche produziert. Doch die Besitzer waren Juden und gerieten in der Nazizeit unter Druck. Weit unter Wert musste man die Firma an das Familienunternehmen Ammann verkaufen. In der Kriegsproduktion wurden unter anderem Fallschirme hergestellt. Nach Kriegsende gaben die Ammanns das Unternehmen an die Erben der ursprünglichen Besitzer zurück und erwarben es erneut zu einem fairen Preis. Die Produktion lief dort bis etwa 1980 weiter.

Auch 1899 gab es schon Proteste gegen Fabrikansiedlungen

Nur wenige Schritte entfernt in der Haußmannstraße 103 findet sich die ehemalige Spachtelgardinenfabrik L. Joseph & Co, die 1904 in das ebenfalls von Manz stammende Gebäude einzog. 1931 ging die Firma Konkurs, die hübschen Gardinen wurden in Krisenzeiten nicht mehr nachgefragt. Von 1931 an kam es zu einer Zwischennutzungen durch die Kühlerfabrik Längerer & Reich, bis 1962.

Nebenan in der Nummer 148 sollte die erste Fabrik in Ostheim entstehen. Der Streit war groß, die Bewohner protestierten gegen die Nutzung durch einen Bettfederfabrikanten und befürchteten eine Belastung durch Chemikalien und Abgase. Der Protest blieb wirkungslos. Im Jahr 1899 ging die Fabrik als erster großer Industriebetrieb in Ostheim in Produktion. Im Zuge der Arisierung wurde der Eigentümer 1939 enteignet. Der nachfolgende Fenster- und Ladenbau Rottacher und Schmitt wurde im Krieg zerstört.

Modische Zylinder aus der Rotenbergstraße

Auch in der Rotenbergstraße 88/90 gibt es etwas zu entdecken. Seit 1897 produzierte die Hutfabrik Clement modische Zylinder dort. Auch dieser Nobelartikel wurde bei beginnender Krise nicht mehr nachgefragt, die Familie Clement betrieb aber weiterhin einen Huthandel. Zwei Zylinder aus der damaligen Produktion sind auch in der Ausstellung „Made in S-Ost“ zu sehen. „Ein Herr mit dem Namen Clement hat mich angerufen und mir zwei Zylinder, die sein Großvater gemacht hat, in einer wunderschönen Hutschachtel für die Ausstellung angeboten“, erzählt Gohl.

In Ostheim waren praktisch alle Branchen angesiedelt, von der chemischen Industrie über die Lebensmittelproduktion bis zur Metallverarbeitung. Möbel wurden in der Rotenbergstraße 37/39 hergestellt. Die Möbelfabrik Emil Glöckle wurde 1865 gegründet und zog 1905 nach Ostheim. 1993 musste der Betrieb schließen, heute befinden sich Kreative in den Gebäuden. In der Ostendstraße 75 war sogar eine Geldschrankfabrik. Doch die Industrialisierung hatte irgendwann ein Ende. „Es gab keinen Platz mehr zur Erweiterung, die Gebäude wurden verlassen und es folgte ein Schub der Umnutzung. Heute ist vor allem die Kreativwirtschaft eingezogen“, sagt Gohl.