Am Samstag startet die neue Nachtschicht. Dann begrüßt Pfarrer Ralf Vogel seine Gäste zum Gottesdienst. Auch dieses Mal sind wieder Prominente darunter. Wie schafft Vogel das?

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Er kriegt sie alle. Egal ob Joachim Gauck, Esther Schweins, Dunja Hayali, Frank Plasberg, Sven Plöger, Rita Süssmuth, Eckart von Hirschhausen oder Michael Groß – vom angehenden Bundespräsidenten über die Schauspielerin bis zur Sportlegende, sie alle waren schon bei Ralf Vogel in der Nachtschicht. Und der nächste prominente Gast ist bereits in Stuttgart angekommen: Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni.

 

Ja, die Nachtschicht: Wie man in Stuttgart und auch darüber hinaus nach fast zwanzig Jahren Nachtschicht weiß, ist diese weder ein schicker Szene-Laden noch eine hippe Fernsehshow, sondern eine Gottesdienstreihe. Bei welcher Pfarrer Vogel schlicht und einfach mit seinen Gästen redet.

„Man muss dem Menschen aufzuzeigen, dass er der richtige Gesprächspartner ist“

Ist das alles? Nun, es ist nicht weniger, aber schon ein bisschen mehr. „Also doch!“, wird der eine oder andere an dieser Stelle vielleicht vermuten: „Es ist der schnöde Mammon, der die Menschen zu Vogel lockt“. Von wegen! Geld gibt es für die Gäste keines, bestenfalls eine Aufwandsentschädigung, sagt Ralf Vogel. Das bisschen Mehr, das die Nachtschicht bietet und ausmacht besteht vielmehr im Gesamtpaket: „Ich schreibe die Personen, die ich einladen möchte, immer persönlich an. Die größte Kunst ist es, dem Menschen aufzuzeigen, dass er genau der richtige Gesprächspartner zu einem bestimmten Thema ist“, sagt Vogel. Das gilt übrigens für all seine Gäste, auch die, die nicht so prominent sind, aber nicht weniger wichtig, wie Vogel betont. Den bekannteren Persönlichkeiten gelte es nur zusätzlich zu zeigen, dass er sie als Person und nicht als Prominenten möchte.

Hat Vogel die Zusage und kommt der Gast dann zur Nachtschicht, gelte es freilich, das Versprechen auch einzulösen. „Ich versuche immer, meinem Gast den Rahmen zu bieten, in dem er als Person rüberkommen kann“, sagt Vogel. Zu dieser Atmosphäre trage nicht nur er bei, sondern auch das Publikum. Vielen seiner Gäste sei dieses als aufgeschlossen und wissbegierig aufgefallen. Und als jung. „Das liegt auch an meinem Team, 30 bis 40 junge Menschen, die mit ihrer Mischung aus Lockerheit und Ernsthaftigkeit den Gast begrüßen und betreuen“, sagt Vogel. „Die Gäste müssen nicht alleine den Raum füllen, sondern da ist schon was“, sagt Vogel, „da weht ein besonderer Geist, da begrüßen sich die Menschen, da ist Wärme und Offenheit.“

Die Nachtschicht hat ein Netzwerk aus Fürsprechern

Diesen Geist schätzen die Gäste. Viele beteuern, sie würden jederzeit wiederkommen. Und manche tun es auch, wie etwa Esther Schweins, die gleich zweimal da war. Mit ein paar wenigen entsteht so etwas wie eine Freundschaft. So wie mit dem Moderator Frank Plasberg, der ihm nach der Nachtschicht anbot, ihn bei Gäste-Anfragen zu unterstützen. Tatsächlich ist es dieses Netzwerk aus Fürsprechern – ehemaligen Gästen – und Kontakten zu Agenturen, die Vogel im Zusammenspiel mit seinem guten Ruf am meisten helfen. „Im Oktober feiern wir unser 20-Jahr-Jubiläum, da kenne ich inzwischen durchaus einige Menschen – und sie mich und die Nachtschicht“, sagt Vogel.

Jetzt also kommt Ingo Zamperoni. Auf ihn musste Vogel allerdings zwei Jahre warten – von der ersten Anfrage an bis zum Samstag, wenn die neue Nachtschicht-Reihe losgeht. Das Motto lautet: „Night and Day in the City“. „Ich habe das Thema bereits vor zwei Jahren geplant: Schließlich zeigt sich in Stuttgart an allen Ecken und Enden, dass wir so nicht weitermachen können, sei es beim Feinstaub, beim Stau oder bei der Integration und Nachbarschaft“. Damals habe noch kein Hahn danach gekräht, „heute ploppt es überall auf“, so Vogel. Sei’s drum, denn die Nachtschicht hat ja, wie wir wissen, das bisschen Mehr. Zum einen wären da die Gäste wie Zamperoni, der wie die Faust aufs Auge zum Thema passt – hat er doch doch sowohl in Deutschland als auch in den USA in etlichen Großstädten gelebt. Oder der Star-Architekt Arno Lederer, der in der Nachtschicht darüber nachdenken wird, wie man Räume schaffen kann, in denen die Menschen emotional dem Himmel näher kommen. Oder die Jazz-Sängerin Fola Dada und Yasemin und Thomas Lupo von Arthelps, die darüber reden, was Kultur an den Lebensmöglichkeiten der Menschen verändern kann. Vor allem aber gibt es bei der Nachtschicht mehr Herz und mehr Geist.