Die weltweit wachsenden Abfallberge sind besonders in Entwicklungsländern ein Problem. Die Bundesregierung ruft nun eine Anti-Müll-Allianz ins Leben, die betroffenen Staaten bei der Entsorgung und Wiederverwertung helfen soll.

Berlin - Sandstrand, Palmen, gutes Wetter – und auf den Wellen schwimmen Plastikflaschen. Das haben viele Reisende schon einmal erlebt. Während aber für Touristen Müll in der Landschaft möglicherweise nur das idyllische Urlaubsfoto trübt, ist für viele Länder die Entsorgung ein riesiges Problem. Weltweit wird der Abfall von rund zwei Milliarden Menschen nicht von einer Müllabfuhr abgeholt, als Lösung bleibt oft nur das Verbrennen mit verheerenden Folgen für die Luftbelastung. Zudem gelangen jährlich geschätzt zwischen fünf und 13 Millionen Tonnen Plastikabfall vom Land ins Meer, neun von zehn Seevögeln haben inzwischen Plastik im Magen.

 

„Die größten Müllhalden der Welt befinden sich mittlerweile auf den Ozeanen“, sagte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller unserer Zeitung. „Müll wird immer mehr zu einer globalen Überlebensfrage wie der Klimawandel.“ Und der globale Müllberg wächst und wächst: Einer Studie der Weltbank zufolge fallen derzeit weltweit rund zwei Milliarden Tonnen Abfall jährlich an, in drei Jahrzehnten werden es wegen der zunehmenden Erdbevölkerung und dem Anwachsen der Städte knapp 3,5 Milliarden Tonnen sein.

„Das sind Hiobsbotschaften“, findet in Müller. Ein Drittel des weltweiten Mülls verursachen demnach aktuell die Menschen in sogenannten Hochlohnländern wie Deutschland, obwohl sie nur 16 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Allerdings wird hier auch etwa ein Drittel des Abfalls wiederverwertet.

In Entwicklungsländern wird kaum Müll recycelt

In Entwicklungsländern beträgt die Recyclingquote der Studie zufolge nur vier Prozent und in den kommenden Jahren wird sich die Abfallproduktion dort massiv steigern. Im Afrika südlich der Sahara verdreifacht sich das Müllaufkommen bis Mitte des Jahrhunderts, in Südasien ist mit einer Verdopplung zu rechnen. Die Weltbank rät dringend dazu, in funktionierende Entsorgungs- und Wiederverwertungssysteme zu investieren.

Die Regierungsparteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, durch „multi- und bilaterale Entwicklungszusammenarbeit den Aus- und Aufbau von Kreislaufwirtschaftssystemen“ zu unterstützen. Einen Schritt dafür macht nun Entwicklungsminister Müller. Der CSU-Politiker stellt an diesem Donnerstag in Berlin die Prevent Abfall Allianz vor, in der das Wissen von staatlichen Experten, Unternehmen, Wissenschaftlern und Umweltorganisationen gebündelt werden soll.

Auch Coca-Cola ist dabei

„ Wir brauchen nachhaltige Lösungen für Abfallvermeidung, fachgerechte Entsorgung und Recycling weltweit“, sagte Müller. „Deutschland ist hier international ein Vorreiter. Mit der Abfall-Allianz wollen wir dieses Wissen und Technologie in Schwellen- und Entwicklungsländer bringen.“ So könnte die Allianz Regierungen etwa dabei beraten, ein Abfallgesetz auf den Weg zu bringen. Es soll aber auch konkret Ratschlag gegeben werden, wie Müll gesammelt, entsorgt und wiederaufbereitet werden kann. Zwei Drittel der Partnerländer des Entwicklungsministeriums sind Insel- oder Küstenstaaten.

Bislang haben sich rund 30 Organisationen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft sowie staatliche Institutionen der Allianz angeschlossen. Müllers Initiative vereint damit etwa so unterschiedliche Teilnehmer wie das Bundesumweltministerium, die Umweltschutzorganisation WWF und den Gesamtverband Kunststoffverarbeitender Industrie, aber auch die Weltkonzerne Nestlé und Coca-Cola.