Die Medizinerin Ursula Dorn hat 1998 den Verein Initiative Schellack gegründet.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Es sieht nach Arbeit aus. Die kleine Garage an der Siedlerstraße 7 ist vollgestopft mit alten Holzmöbeln. In den Regalen stehen die Gläser, Flaschen und Dosen dicht an dicht. An den Wänden hängen verschiedene Werkzeuge. Ingo Hochmann bringt gerade einen Sekretär wieder auf Vordermann. Er poliert das Holz mit dem Naturprodukt Schellack und bringt so den natürlichen Glanz zurück.

 

Vor vielen Jahren war Hochmann drogenabhängig. Ursula Dorn, eine Medizinerin aus Vaihingen, hat ihm geholfen, diese Vergangenheit endgültig hinter sich zu lassen. Hochmann ist kein Einzelschicksal. Bei der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogensucht geht man davon aus, dass rund 200 000 Menschen illegale Substanzen zu sich nehmen, die Mehrheit davon injiziert sich Heroin.

Hier wird wirklich geschafft

Dorn kaufte 1996 das Haus an der Siedlerstraße für obdachlose Patienten, die versuchen, von ihrer Sucht los zu kommen. Drei Zimmer und eine Gemeinschaftsküche stehen seitdem zur Verfügung. Zwei Jahre später gründete sie den Verein Initiative Schellack. „Schwitzen statt sitzen“ heißt das Prinzip. In der Garage an der Siedlerstraße arbeiten ehemalige Drogenabhängige, die wegen kleinerer Vergehen – meist im Zusammenhang mit ihrer Abhängigkeit – Arbeitsstunden leisten müssen. Außerdem beschäftigt der Verein sogenannte Mini-Jobber. „Zur Initiative Schellack kommen alle gern, weil sie wissen, dass sie hier wirklich was schaffen dürfen“, sagt Hochmann. Jeder könne am Ende seines Tags sehen, was er geleistet habe.

Vor ein paar Jahren begab sich die Initiative Schellack auf die Suche nach einem neuen, größeren Quartier. Der Grund: „Es wollten mehr Leute bei uns mitmachen als wir aufnehmen konnten“, sagt Hochmann. Im Gespräch war der Farrenstall an der Ecke Bachstraße/Seerosenstraße. Der ein oder andere Kommunalpolitiker sagte seine Unterstützung zu. Doch am Ende waren die Kosten für eine Sanierung zu hoch. „Ich habe gleich gesagt, dass das nichts wird, und vorgeschlagen, das meiste in Eigenarbeit zu machen“, sagt Hochmann. Ein Jahr lang habe er sich für die Sache engagiert – immer in der Hoffnung, den Farrenstall doch noch zu bekommen – vergebens.

Illusionen zurückgeschraubt

„Danach brauchte ich erst einmal Zeit, um das zu verdauen“, sagt Hochmann. Inzwischen habe er seine Illusionen zurückgeschraubt. „Wir konzentrieren uns jetzt auf das, was wir haben.“ So haben die Mitglieder und Mitarbeiter der Initiative Schellack das Haus an der Siedlerstraße im vergangenen Jahr umfassend saniert.

Die Initiative bekommt viel Anerkennung. Der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel zeichnete den Verein einst für vorbildliches ehrenamtliches Engagement aus. Ursula Dorn als Initiatorin des Projekts schaffte es 2007 bei dem von der Tageszeitung taz ausgeschriebenen Panter-Preis in die Runde der letzten zehn Kandidaten. Mit dem Panter-Preis werden Menschen geehrt, die sich mit großem persönlichen Einsatz für andere stark machen. „Ich habe mich gefreut, dass die Frau Doktor diese Anerkennung bekommen hat“, sagt Hochmann, der sie für die Auszeichnung vorgeschlagen hatte.

Wir leisten gute Arbeit

Auch über die Auftragslage kann sich Hochmann nicht beklagen, auch wenn es hier und da immer noch Vorurteile gebe. „Und manche glauben, dass sie bei uns ihre Möbel besonders günstig aufarbeiten lassen können“, sagt Hochmann. Diese Annahme sei falsch. „Unsere Preise entsprechen den üblichen Marktpreisen“, sagt Hochmann. Der Verein wolle niemandem das Geschäft kaputt machen, sondern agiere als ebenbürtiger Partner.

„Wir wollen auch keine Aufträge aus Mildtätigkeit. Wir wollen den Leuten zeigen, dass wir gute Arbeit leisten“, sagt Hochmann. Sorgen macht ihm allerdings, dass im sozialen Bereich immer mehr gekürzt wird. „Und immer wieder kommen neue Vorschriften von irgendwelchen Ämtern. So legt man uns Steine in den Weg“, sagt Hochmann. Auch die Spendenbereitschaft sei in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen und inzwischen praktisch bei Null angelangt. Ingo Hochmann blickt trotzdem optimistisch in die Zukunft. „Aufträge sind uns sowieso lieber als Geldscheine“, sagt er. Und vielleicht finde sich doch noch irgendwo ein größeres aber günstiges Quartier für den Verein. „Und wenn nicht, dann bleiben wir eben, wo wir sind“, sagt der Vereinsvorsitzende – in der kleinen Garage an der Siedlerstraße, in der es immer nach viel Arbeit aussieht.

INITIATIVE SCHELLACK

Anschrift Siedlerstraße 7

Telefonnummer 7 35 26 36

Homepage www.initiative-schellack-ev.de

Vorsitzender Ingo Hochmann

Gründungsjahr 1988

Mitgliederzahl 9

Stuttgart aktiv

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