Ein neues Bündnis setzt sich dafür ein, dass kleinere Betriebe den Anschluss nicht verlieren. Die Wirtschaftministerin will dazu „den Turbo einlegen und Baden-Württemberg auf dem Weg ins digitale Zeitalter einen kräftigen Schub zu versetzen.“

Stuttgart - Nicole Hoffmeister-Kraut setzt eine Tradition ihres Vorgängers im baden-württembergischen Wirtschaftsministerium fort: Sie schmiedet Allianzen, um übergreifende wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen im Dialog zu behandeln. Nach dem Vorbild der zum Teil schon vor vielen Jahren geschlossenen Fachkräfteallianz, der Allianz Industrie 4.0 oder dem Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung und des Fachkräftenachwuchses wurde nun am Freitag die „Initiative Wirtschaft 4.0 Baden-Württemberg“ aus der Taufe gehoben.

 

Dazu hat die CDU-Wirtschaftsministerin mehr als 25 Organisationen mit ins Boot geholt. „Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich in einem tief greifenden Wandel. Traditionelle Geschäftsmodelle werden in Frage gestellt, neue Wettbewerber und Start-ups nehmen immer stärker Einfluss auf die Innovationsfähigkeit“, erklärte Hoffmeister-Kraut bei der Besiegelung der Allianz in der Staatsgalerie in Stuttgart. „Es darf nicht so weit kommen, dass wir uns von Softwarespezialisten aus dem Sillicon Valley unsere Zukunft gestalten lassen.“ Die Partner haben eine „Roadmap Wirtschaft 4.0“ entwickelt, die neben zentralen Handlungsfeldern auch konkrete Aktivitäten und Angebote enthält. Dafür investiert das Ministerium in einem ersten Schritt 16 Millionen Euro, unter anderem für die Einrichtung von vier regionalen Digitalisierungszentren im Land, so genannten „Digital Hubs“. Sie sollen als „Innovationsbeschleuniger“ wirken, „um die Digitalisierung vor allem verstärkt in der Fläche voranzubringen“, so die Ministerin. An den Digitalisierungszentren werden Mittelständler und Start-ups mit weiteren Akteuren wie Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Vertretern der Kreativwirtschaft, Wirtschaftsförderern oder Kapitalgebern zusammengebracht. Darüber hinaus sollen die Hubs kleinen Betrieben aus den jeweiligen Regionen als Anlaufstelle dienen. Sie könnten dort beim Einstieg in die Digitalisierung unterstützt werden.

Für Rainer Reichhold, den Präsidenten des Handwerkskammertags, wäre zum Beispiel denkbar, dass sich Vertreter verschiedener Gewerke an einem solchen Hub zusammenschließen. Sie könnten Kunden dann ganzheitliche Lösungen anbieten, etwa im Bereich Smart Home, also dem digital vernetzten Haus. Reichhold schätzt, dass schon weit mehr als die Hälfte aller Handwerker auf die Digitalisierung setzen, die ihnen den Einkauf von Material deutlich erleichtere, aber auch dafür sorge, dass Kunden höhere Anforderungen stellten. Im Hinblick auf die Qualifizierung der Mitarbeiter forderte der Handwerkspräsident: „Wir dürfen den jungen Menschen nicht beibringen, wie wir es vor zwanzig Jahren gemacht haben, sondern müssen ihr Wissen im digitalen Bereich für uns nutzen.“

Land investiert 16 Millionen Euro

Die Betriebe, egal ob es der kleine Handwerker, der Dienstleister oder der Zulieferer ist, stünden wirtschaftlich hervorragend da, erklärte Wilhelm Bauer, der Technologiebeauftragte der Landesregierung. Doch gerade die gute Auftragslage stehe bei der Digitalisierung im Weg, weil ihnen die Kapazitäten fehlten, sich darum auch noch zu kümmern, so Bauer. Auch der Südwestmetall-Vorstandsvorsitzende Stefan Wolf, selbst Chef des Autozulieferers Elring Klinger, sieht noch eine gewisse Zurückhaltung bei den Unternehmen. „Wir müssen Überzeugungsarbeit leisten, damit sie das Thema Digitalisierung beherzt und schnell angehen.“ Wirtschaftlicher Erfolg sei nicht nur eine Frage von Größe, „sondern auch von Geschwindigkeit, Ideen und Innovationen“, sagte Wolf.

Digitalisierungsprämien für kleine Betriebe

Kleinunternehmen, die zwar gute Ideen haben, denen es aber an den nötigen Mitteln zur Umsetzung mangelt, können künftig neben Innovationsgutscheinen auch Digitalisierungsprämien beantragen. Gefördert werde die Einführung digitaler Lösungen, die einen deutlichen Mehrwert für die betrieblichen Abläufe bieten. Gleichzeitig unterstützt die Landesregierung die gezielte Weiterqualifizierung der Beschäftigten für die neu eingeführten Systeme. Harald Unkelbach, Chef der IHK Heilbronn-Franken, mahnte bei der Gelegenheit großen Nachholbedarf bei der digitalen Infrastruktur auf dem Land an: „Nur die großen Unternehmen können es sich leisten, Mitarbeiter dafür abzustellen und sich selbst eine digitale Infrastruktur aufzubauen.“

Das Motto der Initiative brachte Nicole Hoffmeister-Kraut abschließend auf den Punkt: „Wir werden den Turbo einlegen und Baden-Württemberg auf dem Weg ins digitale Zeitalter einen kräftigen Schub zu versetzen“, resümierte die Netzwerkerin.