Weil das Land erneut zu wenige Menschen mit Behinderung beschäftigt, hat eine Arbeitsgruppe jetzt Ideen erarbeitet, wie die Verwaltung in dieser Sache ein vorbildlicherer Arbeitgeber werden kann.

Stuttgart - Baden-Württemberg hält im Ländervergleich beinahe die rote Laterne, nur in Niedersachsen arbeiten noch weniger Menschen mit Behinderung in der Landesverwaltung und in landeseigenen Behörden. Das geht aus einer internen Bund-Länder-Umfrage aus dem Sommer 2018 hervor. Nur 4,86 Prozent der Belegschaft sind im Südwesten schwerbehindert, dabei ist das Land laut Bundesgesetz als öffentlicher Arbeitgeber verpflichtet, wenigstens eine Quote von fünf Prozent zu erfüllen. Wer das nicht schafft, muss Ausgleichszahlungen an das Integrationsamt beim Kommunalverband für Jugend und Soziales leisten, das Geld soll hinterher wieder zur Förderung von Menschen mit Behinderung verwendet werden.

 

Bedenklicher ist jedoch die Außenwirkung, wie Thomas Poreski, sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, weiß: „Der öffentlichen Verwaltung kommt hinsichtlich der Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen eine Vorbildfunktion zu.“ Allerdings – da die Quote in den vergangen Jahren ab 2015 stetig sank, wären die 4,86 Prozent aus dem Sommer 2018 ein Fortschritt. Zum Vergleich: 2015 lag die Quote bei 4,98 Prozent, 2016 bei 4,82 Prozent, 2017 bei 4,62 Prozent. Die offizielle Quote und die aktuelle Anzahl der Beschäftigten mit Behinderung (2017: 10 911 Arbeitsplätze) liegt noch nicht vor.

Finanzierung für Inklusionsprojekt unklar

Um dem sinkenden Beschäftigtenstand entgegenzuwirken, wurde im Mai 2019 unter Führung des Sozialministeriums eine ministeriumsübergreifende Arbeitsgruppe gegründet. Ziel ist es, mehr Menschen mit Behinderungen als Arbeitskräfte in die Behörden zu bringen. Erreichen will man dies durch Informationsveranstaltungen, unter anderem sollen Unterstützungsangebote für behinderte Beschäftigte aufgezeigt werden. Zudem will das Land selbst ausbilden und die Ausbildung auch in Teilzeit ermöglichen.

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Im Zuge dieser Bemühungen mutet es seltsam an, dass ein Projekt, das behinderte Menschen in eine reguläre Vollzeitbeschäftigung als Bildungsfachkraft für Inklusion an Hochschulen bringen sollte, bis vor kurzem auf der Kippe stand. Gut 100 000 Euro fehlten, um die ersten sechs Teilnehmer nach der dreijährigen Ausbildung zu übernehmen, obwohl die Nachfrage nach diesen Lehrkräften an den Hochschulen groß ist. Jetzt steht fest: Die Finanzierung ist gesichert, im Doppelhaushalt 2020/2021 sind 528 000 Euro eingestellt.

Menschen mit Behinderung als Berater

Auch zwei weitere Projekte im Bereich Inklusion wurden berücksichtigt: Jährlich 1,32 Millionen Euro fließen für das Landeskompetenzzentrum Barrierefreiheit, das Kommunen und freie Träger dabei unterstützen soll, die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention zur barrierefreien Zugänglichkeit zu realisieren. „Die Beratungsschwerpunkte des Kompetenzzentrums sollten in den Punkten Bauen, ÖPNV und Informationstechnik liegen“, sagt Thomas Poreski.

Außerdem hat das Land ein Sonderprogramm zur Steigerung der Beschäftigungsquote in der Landesverwaltung gestartet, das aus der Arbeit der ministeriumsübergreifenden Arbeitsgruppe hervorgeht. Hierfür stehen in den nächsten zwei Jahren jeweils zehn Millionen Euro zur Verfügung.