Nach dem innerparteilichen Zwist über den Eurokurs in der CSU ist der stellvertretende Vorsitzende Peter Gauweiler am Dienstag überraschend von allen Ämtern zurückgetreten.

München/Berlin - CSU-Vizechef und Euro-Kritiker Peter Gauweiler gibt im Streit mit Parteichef Horst Seehofer alle politischen Ämter auf. Der 65-Jährige zieht sich aus der CSU-Spitze und aus dem Bundestag zurück. Zur Begründung erklärte Gauweiler am Dienstag, die CSU-Spitze habe von ihm verlangt, im Bundestag gegen seine Überzeugung die Verlängerung der Griechenland-Hilfen zu billigen. „Dies ist mit meinem Verständnis der Aufgaben eines Abgeordneten unvereinbar.“ Wer ihn zum stellvertretenden CSU-Vorsitzenden gewählt habe, habe auch seine Positionen zu Euro und Rettungspolitik gewählt.

 

Gauweiler, seit 2002 im Bundestag, ist seit Jahren offener Kritiker der Euro-Krisenpolitik und deswegen auch mehrfach vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Der Jurist war 2013 auf Initiative Seehofers in die Parteispitze gewählt worden, um vor der Europawahl auch europakritischen CSU-Anhängern eine Stimme zu geben. Seine Wiederwahl auf dem Parteitag im Herbst galt aber als fraglich.

Seehofer erklärte zum Rücktritt seines Parteivizes, er respektiere die Entscheidung und danke ihm für die geleistete Arbeit. Er kündigte an, die CSU werde ihre Europapolitik weiter am sogenannten Europaplan der Partei ausrichten. Dieser war 2013 auch unter Mitwirkung Gauweilers erarbeitet worden. Zwischen Gauweiler und Seehofer war zuletzt heftiger Streit entbrannt. Ende Februar hatten im Bundestag mehrere CSU-Abgeordnete gegen die Verlängerung der Griechenland-Hilfen gestimmt, unter ihnen auch die Parteivizes Gauweiler und Peter Ramsauer. Vor drei Wochen griff Seehofer die Abweichler in einer CSU-Vorstandssitzung deshalb scharf an und erklärte, er werte jede Gegenstimme als Stimme gegen sich persönlich. Die CSU müsse sich entscheiden: „Ihr oder ich?“.

Die AfD machte Gauweiler umgehend ein Angebot

Gauweiler schrieb in seiner Erklärung, ihm sei unklar, warum sein Nein zu einer Verlängerung des „offensichtlich völlig wirkungslosen“ Hilfsprogramms für Athen ein Verstoß gegen die Parteidisziplin gewesen sein solle. Gauweilers Nachrückerin im Bundestag ist Iris Eberl aus Aichach bei Augsburg.

Die Alternative für Deutschland (AfD) machte dem Euro-Kritiker umgehend ein Angebot. „Wir laden Herrn Gauweiler herzlich ein, der AfD beizutreten, und begrüßen es, dass er konsequent genug ist, das Versagen der Union in Sachen Eurorettungspolitik durch einen Verzicht auf alle seine Ämter in der Öffentlichkeit deutlich zu machen“, erklärte der Bundesvorsitzende Bernd Lucke. Gauweiler hatte sich in der CSU zuletzt zusehends isoliert: wegen seiner stetigen Brüssel-Kritik, aber auch, weil er die Verfassungsmäßigkeit von Auslandseinsätzen der Bundeswehr infrage gestellt hatte. Und bei der Europawahl im Mai 2014 fuhr die CSU ihr schlechtestes Ergebnis bei einer überregionalen Wahl seit 1954 ein. Seine Wiederwahl als CSU-Vize auf dem Parteitag im Herbst galt als zunehmend fraglich. Gauweiler ist seit 1968 Mitglied der CSU.

Der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, der CSU-Politiker Manfred Weber, betonte: „Die Positionen von Peter Gauweiler gehören zur CSU.“ Nach internen Debatten müsse die CSU aber auch „in einer Koalition verlässlich handeln. Dazu gehört, dass man zu Kompromissen fähig ist“. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, selbst scharfer Kritiker des Euro-Rettungskurses, machte klar, dass er sich diesem Schritt aktuell nicht anschließen will.