Die Traubenkirschen-Gespinstmotte (Yponomeuta evonymella) produziert spektakuläre Gebilde. Die Raupen benutzen die Fäden wie ein Transportnetz und hangeln sich an ihnen entlang. Auf anderen Pflanzen würden sie verhungern.

Fellbach - Es erinnert an Szenen schlechter Gruselfilme: Kahl gefressene Sträucher mit gespenstisch silbrig glänzendem Überzug, eingehüllt in dichtes Gespinst. Es ist auch kein Werk des Verpackungskünstlers Christo. Urheber dieses Phänomens sind die Raupen von Gespinstmotten. Bei Massenvermehrungen werden Äste und Zweige komplett mit dem weißen Gespinst überzogen. Drinnen halten sich dann die gesellig lebenden Raupen auf und verspeisen alles Grüne. Doch es kann Entwarnung gegeben werden: Die Gehölze überstehen das unbeschadet.

 

Sinn dieser Gebilde ist vor allem der Schutz vor Witterungseinflüssen und gegenüber Fressfeinden

Von den neun bei uns vorkommenden, einander sehr ähnlichen Gespinstmottenarten werden die spektakulärsten Gespinste von der Traubenkirschen-Gespinstmotte produziert. Sie befällt fast nur Traubenkirschen und trägt damit ihren Namen völlig zurecht. Ihr wissenschaftlicher Name deutet eigentlich auf das Pfaffenhütchen hin. Auf diese Pflanze hat sich jedoch eine andere Art spezialisiert.

Sinn dieser Gebilde ist vor allem der Schutz vor Witterungseinflüssen und gegenüber Fressfeinden. Außerdem sind die Gespinste so eine Art „Leitfaden“, die Orientierung geben. Die Raupen benutzen die Fäden wie ein Transportnetz und hangeln sich an ihnen entlang. So ist gewährleistet, dass sie zusammenbleiben und sich nicht auf gefährliche Wanderschaft begeben.

Die Weibchen gehen dann auf die Suche nach geeigneten Futterpflanzen für die Nachkommenschaft

Auf anderen Pflanzen würden die Nahrungsspezialisten nämlich einfach verhungern. Bis Mitte Juni fressen die Raupen die von ihnen befallenen Gehölze komplett kahl. Im letzten, dem fünften Raupenstadium begeben sie sich zur Verpuppung an den unteren Bereich des Stammes. Nach kurzer Puppenruhe schlüpfen dann Anfang Juli die schlanken, weißen und auf den Flügeln mit Punkten verzierten Falter.

Die Weibchen gehen dann auf die Suche nach geeigneten Futterpflanzen für die Nachkommenschaft. Die Wirtspflanzen finden sie über deren arttypische Duftstoffe. Die weiblichen Falter locken wiederum mit eigenen Sexualduftstoffen die Männchen an. Unmittelbar nach der Paarung sterben diese, während die Weibchen gut zwei Monate alt werden können und sich um die Eiablage kümmern.

Die Raupen haben eine Größe von etwa zwei Zentimetern

Nach etwa einem Monat schlüpfen dann winzige Eiräupchen. Im Spätfrühling verlassen die Jungraupen ihren Schild und beginnen im Innern der Knospen zu fressen. Nach und nach bilden sie erste Gespinste und begeben sich zu den Trieben. Je größer die Raupen werden, desto größer werden die seidigen Gespinstschleier. Im letzten Raupenstadium fressen sie dann ihre gesamte Wirtspflanze kahl.

Die Raupen haben eine Größe von etwa zwei Zentimetern, sind gelb bis graubraun gefärbt mit jeweils zwei schwarzen kurzen Linien pro Segment, der Kopf ist schwarz. Für uns Menschen ganz entscheidend: Sie haben keinerlei Brennhaare wie etwa die Eichen-Prozessionsspinner und sind daher völlig ungefährlich.

Keine Panik vor Gespinstmotten

Immer wieder treten Gespinstmotten massenhaft auf. Es gibt dafür verschiedene Gründe, vor allem Temperatur und Feuchtigkeit müssen stimmen. Heißes, trockenes Wetter fördert das Flugverhalten und damit die Populationsentwicklung. Ist es hingegen kalt und regnerisch können sich die Motten nicht so gut vermehren.

Gegenspieler Eine hohe Raupendichte verknappt natürlich das Nahrungsangebot. Diesen „Hungerstress“ überleben viele Raupen nicht. Falls sie sich allerdings zu Motten fertig entwickeln, entstehen dann viel mehr Männchen als Weibchen, was eine natürliche Vermehrungsbremse bedeutet. Außerdem verhindert ein ganzes Heer von Fressfeinden eine völlig zügellose Ausbreitung: Vögel, Spinnen, räuberische oder parasitierende Insekten.

Bekämpfung Eine Bekämpfung der Gespinstmotten ist völlig überflüssig. Für Mensch und Tier geht von ihnen überhaupt keine Gefahr aus. Auch die befallenen Pflanzen nehmen keinen Schaden. Der Kot der Raupen ist sogar ein hervorragender Dünger.