Die Messe Fisch und Reptil folgt dem Trend zum essbaren Insekt. Dessen Sinn ist strittig. Gegen eine massenhafte Verbreitung spricht ohnehin der Preis.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Sindelfingen - Auch dieser Beitrag zur Sindelfinger Messe Fisch und Reptil wird der Tierschutzorganisation Peta missfallen. Das Reptilium Landau serviert zwischen Spinnen unter Glas und Echsen im Gehege Insekten als Kostprobe – nicht für die Tiere, für die Besucher. Im vergangenen Jahr hatten die Tierschützer geklagt, dass Reptilien in zu kleinen Behältnissen präsentiert waren. Diesmal kann Peta allenfalls murren. Wegen des neuen Trends zum Insekt auf dem Essensteller hat die EU Züchtung, Haltung und Verzehr der kriechenden und krabbelnden Nahrung gar in einer Verordnung für „neuartige Lebensmittel“ geregelt.

 

Peta-Anhängern muss dies missfallen, schließlich sind auch Maden Tiere, und oberstes Ziel der Organisation ist, ein weltweites Veganertum durchzusetzen. Bemerkenswerterweise empfehlen ansonsten recht genau jene Interessensgruppen den Verzehr von Insekten, die zumindest hierzulande zum Kampf gegen das Insektensterben angetreten sind. Auch das Reptilium Landau bemüht sich intensiv um den Artenschutz, auf der Messe Sindelfingen mit Vorträgen. Das politisch korrekte Kriechgetier in der Pfanne ist selbstredend auf Zuchtfarmen gewachsen. Auch dazu ist eine Verordnung verfasst worden, die „Naturland-Richtlinie zur ökologischen Insektenzucht“.

In der Theorie isst der Insektengourmet eiweißreich und ressourcenschonend

In der Theorie isst der Insektengourmet eiweißreich und ressourcenschonend. Allein schon, weil sie wechselwarm sind, brauchen Insekten weniger Nahrung als Warmblüter. Gemäß einer Studie der Vereinten Nationen ist für die Aufzucht von Schweinen bis zur Verzehrreife die vierfache, für die von Rindern gar die zwölffache Menge an Futter nötig.

Allerdings sind – wie in Fragen des ressourcenschonenden Lebens üblich – derlei Thesen hochumstritten. Als Beleg dafür dürften zwei Schlagzeilen aus Berlin dienen, wo sich Öko-Trends früher und rascher verbreiten als andernorts: Insekten seien „Nicht die Nahrung der Zukunft“, befand die linke Tageszeitung „taz“. Hingegen titelte die Berliner Morgenpost: „Darum sind Insekten die Nahrung der Zukunft“.

In anderen Ländern sind Insekten die Nahrung der Gegenwart und Vergangenheit

In anderen Ländern sind sie die Nahrung der Gegenwart und Vergangenheit. In Asien oder Afrika gehören Heuschrecken, Maden oder Riesenameisen zum alltäglichen Speiseplan oder gelten gar als Delikatesse. Dass die Bemühungen, in der Bundesrepublik die Insektennahrung durchzusetzen, auch nicht erfolglos sind, beweisen Angebote auf Amazon. Grillen, Würmer, Heuschrecken und gar Insektenlollis sind zu haben, gern auch im Probierset für Neugierige.

Eine Verbreitung als Alltagsnahrung dürfte aber zuoberst der Preis verhindern. Das Kilo Mehlwurm kostet im Sonderangebot 175, das Kilo Heuschrecke 750 Euro. Überdies merkt das Bundeszentrum für Ernährung an, dass aus ökologischer Sicht Eiweiß aus Soja oder Hülsenfrüchten die bessere Wahl sei. Zudem könnten bisher unbekannte Allergien auftreten.

Auch im Reptilienzoo bleiben Pizza und Burger vorerst die erste Wahl

Dass der Durchschnittsgeschmack des Deutschen ohnehin noch weit entfernt ist vom Genuss eines Heuschreckentellers oder einer Madenpfanne, ist offenkundig auch den Verantwortlichen im Reptilium Landau bewusst, das nach eigenen Angaben den größten Reptilienzoo Deutschlands betreibt. Besucher, die sich auf dem Rundgang zwischen Schlangen und Echsen stärken möchten, bieten das Zoorestaurant Pizza, Cheeseburger oder Hähnchen mit Pommes als Snack.