Die Insel Mainau würdigt ihren grünen Ahnherrn – den Frauenhelden und Parkfreund Nikolaus Esterhazy. Das Jahr 2023 steht im Zeichen dieses Grünen Fürsten.

Woran erkennt man historische Größe? Denkmäler und dicke Chroniken sind das eine – großartige Speisen das andere. Deshalb denkt man beim Bismarck-Hering an den Reichsgründer Otto mit dem reichhaltigen Appetit. Freunde von Süßem kommen an der Esterhazy-Torte kaum vorbei. Benannt ist die Torte nach einem schillernden Sohn dieser ungarischen Familie: Nikolaus II. Esterhazy war Lebemann und Kuchenfreund. Wenig bekannt ist, dass der Aristokrat engste Beziehungen zum Bodensee pflegte. Dort lebte und liebte dieser Mann vor knapp 200 Jahren – als Besitzer der Mainau. Die Insel erinnert in der Sommersaison an ihren Patron.

 

Die Mainau war damals preiswert zu haben. Nach der Säkularisation 1803 fiel die Insel samt Schloss den Großherzögen von Baden in den Schoß. Es traf sich gut, dass Fürst Esterhazy auf der Suche nach einer neuen Bleibe war, die weit weg vom Wiener Hof entfernt lag. Fürst Nikolaus hatte sich mit dem Kaiser überworfen. Allzu öffentlich hatte der Fürst seine Geliebte Marie-Louise in Wien herumgeführt und dafür Frau sowie Kinder sitzenlassen.

Esterhazy warf sich sofort auf den Gartenbau

1827 erwarb der Magnat die Mainau. Darüber würde heute niemand mehr sprechen – wenn der Ungar nicht etwas Bleibendes mit tiefen Wurzeln hinterlassen hätte. Esterhazy warf sich sofort auf den Gartenbau. „Er pflanzte hier Bäume, die bis heute stehen – zum Beispiel den Tulpenbaum“, berichtet Markus Zeiler, Gartendirektor auf der Insel Mainau, beim Pressegespräch.

Der Fürst blieb nicht nur seiner Geliebten Marie-Louise und den gemeinsamen Kindern treu, sondern auch dem Reformwerk auf der Mainau. Sein französischer Gartenarchitekt schuf eine Anlage, die im Kern bis heute besteht. Das Arboretum im Zentrum der Insel geht auf Esterhazys Leidenschaft zurück. Vorbild waren die Parks der Familie Napoleon. Von den Napoleons waren einige nach dem Ende des Militärkaisers ebenfalls nach Baden geflüchtet. Beide Familien trafen sich, dabei wurde über Gartenbau geplaudert und gegraben. „Die Kulturlandschaft am Bodensee wurde damals begründet“, fasst Dominik Gügel zusammen. Der Historiker leitet das Napoleon-Museum auf dem Arenenberg in der nahen Schweiz. Auch dort wurde die Landschaft nach idealen Vorstellungen umgeformt.

Attraktion am Bodensee

Die Mainau wirbt mit ihrem Großpflanzer. Das Jahr 2023 steht im Zeichen dieses Grünen Fürsten. Auch wenn Esterhazy nicht „grün“ im heutigen Sinne war, steckt in seinen Parks bereits viel Nachhaltigkeit.

Die Mainau und deren Geschäftsführer wollen den Schwung von damals für die kommende Saison nutzen. Bettina Gräfin Bernadotte hofft vorsichtig auf eine Million Besucher, nachdem die Zahl in den vergangenen drei Krisenjahren eingebrochen war. In Sachen Beliebtheit liegt die Insel klar an der Spitze: Sie gilt als größte Attraktion am Bodensee, die in der blühenden Saison mit größtem Aufwand präpariert wird. „Wir haben 560 000 Blumenzwiebeln bestellt“, berichtet Gartendirektor Markus Zeiler.

Was später so natürlich wirkt, ist das Ergebnis eines Plans, den fest angestellte Gärtner sowie Dutzende an Saisonkräften zwiebelweise versenken. Fürst Nikolaus ging das Pflanzen als erster Inselherr systematisch an. Allerdings konnte er seine Arbeit kaum genießen. Er starb nach sechs Jahren auf der Mainau, die Bäume überleben ihn. Das Arboretum mit seinen mächtigen Stämmen erfreut die Besucher bis heute.