Der Fotograf Frank Schneider schickt seine Kamera auf eine Reise durch Stuttgart. So entsteht gerade ein interessantes Fotoprojekt, in welchem verschiedene Menschen ihren Lockdown-Alltag im Kessel dokumentieren. 

Stadtkind: Laura Müller-Sixer (six)

Stuttgart - Diesen Moment haben im Laufe des vergangenen Jahres bestimmt einige erlebt: melancholisches Scrollen durch die eigene Camera Roll. Auch der Stuttgarter Fotograf Frank Schneider hatte viele dieser Momente. An einen erinnert er sich ganz besonders: „Ich saß im Februar eines Freitagmorgens spät am Frühstückstisch und habe mir nebenbei alte Bilder angeschaut – unter anderem auch ein Spiegelseflie, das ich mit meiner Travelcam in Kopenhagen geschossen habe.“

 

Eine dezentrale Foto-Reportagereihe im Corona-Lockdown

Das Bild postete er in seinem Feed mit den Worten: „Meine Travelcam vermisst das Reisen.“ „Ein Freund aus Wien hat daraufhin direkt geantwortet: 'Schick sie mir doch einfach.' Irgendwie haben wir dann hin und hergeschrieben und so kam es zur eigentlichen Idee. Ich dachte mir: Bevor ich die Kamera aufwendig nach Wien verschicke, lass ich sie lieber auf Entdeckungstour durch Stuttgart wandern.“

Entstanden ist der Instagram-Acocunt "From Another Perspective" und damit eine dezentrale Foto-Reportagereihe, in welcher wechselnde (Hobby-)Fotograf:innen jeweils für eine Woche ihren Stuttgarter Lockdown-Alltag festhalten – „der am Ende ja doch bei vielen gleich aussieht“, lacht Frank. „Aber es wäre doch schön, so in fünf Jahren zurückzuschauen, und zu denken: 'Hey, so sah damals also unser Leben aus.'“ 

Seit dem 15. Februar 2021, also direkt nach dem ersten öffentlichen Aufruf, ist Franks Kamera nun in Stuttgart unterwegs und begleitet das Leben verschiedener Menschen im Lockdown. 

"Durch die Linse einer Kamera nimmt man die Welt noch einmal ganz anders wahr"

Die Motivation dahinter sei natürlich eine größere, so der Fotograf. „Ich hab viele Kameras zu Hause, die ich aktuell nicht benutze. Mir gefällt die Idee, anderen einen Zugang zur Fotografie zu ermöglichen und dass sie sich ausprobieren können. Durch die Linse einer Kamera nimmt man die Welt noch einmal ganz anders wahr und die Fotos entstehen viel bewusster. Außerdem kommt die kleine Kamera so wenigstens ein bisschen rum und kann Leute happy machen."

Bis jetzt haben sich 24 Fotograf:innen gemeldet und es gibt sogar eine lange Interessenliste. „Bis Mitte Juli ist die Kamera erst einmal auf Reisen. Mal schauen, was bis dahin passiert.“ Alle Teilnehmer:innen bekommen drei Posts, in denen sie bis zu zehn Bilder hochladen können. Die Auswahl treffen die Fotograf:innen dabei selbst. Auch im Text können sie sich richtig austoben. Frank stellt das Ganze anschließend online. „Ich bin sozusagen nur der Herausgeber und Initiator. Wichtig ist es mir, dass jeder Post einen thematischen Schwerpunkt hat. Das war’s aber auch schon.“

Seit einigen Wochen arbeitet Frank nun mit Oberthemen – aktuell „Lockdown Views“, bald dann „Tourist in der eigenen Stadt“. 

Tourist in der eigenen Stadt

Frank selbst wohnt im Lehenviertel. Was würde er als Tourist in seinem eigenen Viertel denn festhalten? „Puh, gute Frage. Auf jeden Fall das kulinarische Angebot. Das verbinde ich fest mit dem Viertel. Der Liststraße würde ich auch einen eigenen Post widmen und ich habe so eine kleine Standard-Spaziergangsrunde. Die darf definitiv nicht fehlen!“

Das Beste an der ganze Aktion sei jedoch der Kontakt mit den Menschen – und das trotz Lockdown und Isolation. „Ich lerne dadurch super viele Leute kennen, mit denen ich sonst nie in Kontakt gekommen wäre. Das macht diese schweren Zeiten erträglicher.“