Tamas Detrich soll der neue Intendant des Stuttgarter Balletts werden – und damit Nachfolger von Reid Anderson. Das gaben Stadt und Land am Dienstag bekannt.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Die Fans des Stuttgarter Balletts können durchatmen: Die Tradition der weltweit bekannten Kompanie in der Tradition John Crankos bleibt gewahrt. Tamas Detrich soll Nachfolger des jetzigen Ballettintendanten Reid Anderson am Stuttgarter Staatstheater werden, das gibt eine gemeinsame Findungskommission von Stadt und Land an diesem Dienstagmittag bekannt. Andersons Vertrag endet im Sommer 2018; Tamas Detrich ist bereits seit 2004 sein Stellvertreter am Haus. Somit wird sich am künstlerischen Profil des Stuttgarter Balletts mittelfristig wohl nur wenig ändern.

 

Tamas Detrich, der in diesem Sommer seinen 56. Geburtstag feiert, wirkt seit beinahe vierzig Jahren in Stuttgart. 1977 machte er seinen Tänzer-Abschluss an der John-Cranko-Schule und wurde in die Kompanie aufgenommen, bereits 1981 zum Ersten Solisten befördert. Detrich wurde zu einer der prägenden Tänzerpersönlichkeiten im Staatstheater, tanzte alle großen Rollen der Handlungsballette und avancierte schnell zum großen Publikumsliebling. Seit 2002 wechselte er Schritt für Schritt in Leitungsfunktionen, zunächst als Ballettmeister, dann als Stellvertretender Künstlerischer Leiter, seit 2009 als Stellvertretender Ballettintendant. Der smarte Amerikaner mit ungarischem Migrationshintergrund gilt seit langem als einer der engsten Vertrauten Reid Andersons, der in der kommenden Saison sein 20-Jahr-Jubiläum als Ballettchef in Stuttgart feiern wird.

Ein knappes Jahr hat die Findungskommission unter Leitung der Kunstministerin Theresia Bauer und des Oberbürgermeisters Fritz Kuhn die Nachfolgefrage in Stuttgart gesucht. Künstlerisch beraten wurde sie vom Hamburger Ballettchef John Neumeier, der bekanntlich auch einst seine Karriere beim Stuttgarter Ballett aufbaute. Im Vorfeld der Entscheidung waren mehrfach Namen lanciert worden, die einen stärkeren Neuanfang beim Stuttgarter Ballett bedeutet hätten, wenn nicht gar einen künstlerischen Bruch – beispielsweise mit der in Berlin institutionell gerade heimatlos gewordenen Choreografin Sasha Waltz. Doch die enorm erfolgreichen Wirtschaftszahlen des Stuttgarter Balletts – die Auslastungszahlen im Staatstheater liegen zwischjen 94 und 98 Prozent je Vorstellung – sprechen für die Kulturpolitiker offenbar eine deutliche Sprache: Neuerungen natürlich, aber im Rahmen der Cranko-Tradition.

John Cranko hat in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts dem Stuttgarter Ballett zu Weltruhm verholfen. Seine großen Handlungsballette „Onegin“, „Der Widerspenstigen Zähmung“, „Romeo und Julia“ und „Schwanensee“ sind bis heute kontinuierlich im Stuttgarter Spielplan und haben schon mehrere Generationen von großen und kleinen Theaterbesuchern zu Ballettfans gemacht. Tamas Detrich soll am Dienstagmittag auf einer Pressekonferenz im Stuttgarter Kunstministerium als neuer Stuttgarter Ballettchef präsentiert werden.