Wie im vergangenen Jahr fallen die internationalen württembergischen Meisterschaften aus. Der Grund: Corona und die aus Veranstaltersicht dadurch „fast nicht erfüllbaren Auflagen“. Wir erläutern, welche.

Lokalsport : Franz Stettmer (frs)

Stuttgart-Vaihingen - Wer sich am Wochenende auf die Homepage des TC Blau-Weiß Vaihingen/Rohr begeben hat, der konnte zunächst glauben, dass die Tenniswelt noch in Ordnung ist. Wie immer um diese Jahreszeit rührte der Verein die Werbetrommel. „Der Stuttgarter Stadtpokal – seit fast 40 Jahren ein fester Bestandteil der Turnierszene“, hieß es dort, gefolgt von einer Reihe großer Namen, die schon an der Heßbrühlstraße mit Schläger und Ball im Einsatz gewesen sind. Laura Siegemund, Julia Görges, Andrea Petkovic, Patty Schnyder. Die Überschrift lautete: „Tradition und Emotion.“ Der Tenor insgesamt: auf ein Neues dann also in diesem Sommer!

 

Wie es im Filderclub tatsächlich emotional gerade bestellt ist, folgte erst in einer Mitteilung ganz unten auf der Seite. Womöglich hatten es die Vaihinger Verantwortlichen schlicht nicht übers Herz gebracht, den Inhalt an einer exponierteren Stelle zu platzieren – schwer genug wiegt er auch so. Seit Ende der vergangenen Woche ist klar: Auch in diesem Jahr müssen die internationalen württembergischen Meisterschaften ausfallen. Gleiche Geschichte wie schon vor zwölf Monaten: K.o. durch Corona. Und obgleich sich dies erneut bereits abgezeichnet hatte, ebenso erneut ist die Enttäuschung riesengroß, platzt damit doch zum zweiten Mal nacheinander der sportliche Jahreshöhepunkt des Vereins.

„Fast nicht erfüllbare Auflagen“

„Es war keine einfache Entscheidung. Aber die ganzen Auflagen, die wir gehabt hätten, sind fast nicht erfüllbar“, sagt der Blau-Weiß- und Turnierchef Wolfgang Bruder. Und selbst wenn man es doch irgendwie geschafft hätte, den aus der Pandemiesituation resultierenden Vorgaben vom Weltverband ITF sowie der nationalen Behörden nachzukommen – es wäre aus Vaihinger Sicht keine Veranstaltung mehr gewesen, die den Aufwand rechtfertigte. „Was bringt es uns noch, wenn Spielerinnen abgeschottet und ohne Zuschauer ihre Matches bestreiten?“, sagt Bruder. Schließlich lebe das Turnier ja von den Leuten, vom für gewöhnlich bunten Drumherum. Und auch von Gastronomie und Festbetrieb. Sprich: nicht allein vom Bälleschlagen auf dem Court.

Eben eine Situation ohne Zuschauer hätte aber gedroht, und damit auch ein entsprechender Ausfall an Einnahmen. Nicht nur das: gebraucht hätte es darüber hinaus ein strenges Hygiene- und Platzkonzept. Während des Wettbewerbs, also im Zeitraum vom 28. Juni bis 5. Juli, hätten die Vaihinger Verantwortlichen ihr komplettes Gelände quasi unter Verschluss halten müssen. Obwohl von den 15 eigenen Tennisfeldern für gewöhnlich nur vier fürs Turnier in Verwendung sind, wäre eine gut einwöchige Gesamtsperre nötig geworden. Zutritt verboten für die Allgemeinheit. Das, sagt Bruder, wollte man den eigenen Mitgliedern nach der eh schon schlechten Zeit von zuletzt nicht obendrein zumuten. Zur Erinnerung: für sämtliche Freizeitspielerinnen und -spieler sind bereits im Lockdown in Herbst und Winter mehrwöchig die (Hallen-) Türen zu gewesen.

Alles in allem sahen Bruder und dessen Organisationsteam folglich keine andere sinnvolle Option, als den Daumen zu senken – diesmal auf eigenen Beschluss. Vor Jahresfrist hatte die ITF die Entscheidung abgenommen, indem sie in der damaligen Corona-Hochphase eine weltweite Turnierpause verordnete.

Immerhin ein positiver Aspekt

Das immerhin Positive für Bruder: von den Sponsoren halten die meisten bislang weiter die Treue. Als Vorteil erweist es sich für den TC Blau-Weiß in der aktuellen Krise, dass er nicht von nur einem oder zwei großen Geldgebern abhängig ist, sondern ein breites Fundament mehrerer Unterstützer hat. Gestemmt hätte man das Turnier diesmal mit einem laut Bruder von 60 000 auf etwa 50 000 Euro reduzierten Etat. In puncto Preisgeld befinden die Vaihinger sich innerhalb der globalen Wettbewerbsserie unverändert in der 25 000-Dollar-Kategorie. Bundesweit gibt es nur drei ITF-Turniere für Damen, die höher dotiert sind: Versmold, Hechingen (beide 60 000) und Wiesbaden (80 000).

Besser geht es den renommierten Mitstreitern freilich nicht. Bei den Hechinger Ladies Open, wo der TEC-Waldau-Geschäftsführer Thomas Bürkle einer der Turnierdirektoren ist, hat man soeben ebenfalls den Stecker gezogen: Status „cancelled“. Absage. In Wiesbaden wollen die Macher ihr Glück derweil zu einem späteren Zeitpunkt versuchen, im September statt im Frühjahr.

So soll es weitergehen

Später wie auch der TC Blau-Weiß Vaihingen/Rohr – in dessen Fall allerdings erst in einem Jahr wieder, 2022. Dann, im dritten Anlauf, soll es endlich zur 36. Auflage reichen. „Dafür sind wir wild entschlossen“, sagt Bruder.

Einstweilen empfindet er nur eines: „Es tut weh.“ Auch wenn man auf die eigene Homepage schaut und sieht, was hätte sein können, nun aber nicht ist.