Nach dem Auftakt in Oeffingen will Anbieter jetzt in Fellbach einsteigen – wenn 2100 Haushalte mitmachen.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Fellbach - Fünf Kilometer Glasfaserkabel hat die Telekom seit Juni im Gewerbegebiet rund um die Dieselstraße in Oeffingen verlegt, um die Unternehmen an den Daten-Highway anzubinden. Doch mit Blick auf die Pläne des Internetanbieters war die Baustelle im Stadtteil nicht mehr als ein erster Probelauf.

 

Geplant ist, vom zeitigen Frühjahr an parallel zum real existierenden Kupferkabel ein zweites Netz aus Glasfaser aufzubauen

In Fellbach nämlich will die Telekom am ganz großen Rad der Breitband-Versorgung drehen – und im Jahr 2020 vom Fuß des Kappelbergs bis zur Stuttgarter Straße die halbe Kernstadt mit Glasfaser bestücken. „Im Vergleich zu Fellbach war die Baustelle in Oeffingen eine geradezu homöopathische Maßnahme“, sagt Volker Ackermann, Regio-Manager für den Infrastrukturvertrieb.

Geplant ist, vom zeitigen Frühjahr an parallel zum real existierenden Kupferkabel ein zweites Netz aus Glas-faser aufzubauen. In Frage kommen etwa 10 500 Haushalte, auch die drei Gewerbegebiete an der Ringstraße, an der Höhenstraße und im Bereich von der Schorndorfer Straße bis zum Erbach sollen in den Genuss der deutlich schnelleren Internetversorgung kommen.

Klar aber ist, dass es nicht ohne Lärm, Dreck und Straßensperrungen gehen wird

Damit die Daten mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem Gigabit pro Sekunde durch die Leitung flutschen, wird das Oberdorf über Monate hinweg zu einer Großbaustelle werden – die Tiefbaufirmen reißen quasi jeden Gehweg auf, um ein dickes Leerrohr erst 50 Zentimeter tief in den Untergrund und bei Bedarf ins Haus zu legen. In die Hülse wird die eigentliche Glasfaser eingeblasen, die Telekom rechnet für das Gesamtprojekt mit etwa neun Monaten Bauzeit.

„Eine gute Kolonne macht zwei bis drei Hausanschlüsse am Tag“, sagt Ackermann. Wo der Asphalt aufgefräst werden kann, soll schon wegen der Zeitersparnis das sogenannte Trench-Verfahren angewendet werden; auch die Verlegung der Glasfaser in von den Stadtwerken ohnehin schon im Boden versenkten Leerrohren kann laut Volker Ackermann stellenweise eine kostengünstige Option sein. Klar aber ist, dass es nicht ohne Lärm, Dreck und Straßensperrungen gehen wird, wenn tatsächlich an jedes Haus ein Internet-Kabel gelegt werden soll. Nur um Vorgärten und Garageneinfahrten muss sich kein Hauseigentümer sorgen – auf den letzten paar Metern wird für die Glasfaser in aller Regel nicht gebuddelt, sondern auf ein Pressverfahren gesetzt.

Um den Breitband-Ausbau in Schwung zu bringen, legt sich die Telekom auch bei der Werbung ins Zeug

Um die Baustelle auch mit Blick auf die verkehrsrechtlichen Anordnungen und die Grabungsgenehmigungen möglichst schnell über die Bühne zu bringen, wird es laut dem Fellbachs Wirtschaftsförderer Christoph- Michael Pfefferle eine gemeinsame Projektgruppe mit der Stadtverwaltung geben. „Es wird etwa für den Verkehr zu Behinderungen kommen, das wollen wir gar nicht schönreden“, heißt es.

Um den Breitband-Ausbau in Schwung zu bringen, legt sich die Telekom auch bei der Werbung ins Zeug. Geplant sind Postwurfsendungen in alle Haushalte, ein vor dem Rathaus aufgebauter Info-Truck und Werbewürfel an drei Tankstellen. Am 19. und 26. September soll es zwei Info-veranstaltungen für die Bürger geben, jeweils um 19.30 Uhr im Henri-Dunant-Saal der Stadtwerke. Und: Auch vor Klingelputzen im Haustürgeschäft schreckt das Unternehmen nicht zurück – eine Werbekolonne soll die Bürger von dem Angebot überzeugen, die auf anderen Wegen nicht erreichbar sind.

Ein 100-Mbit-Anschluss schlägt mit monatlich 45 Euro zu Buche

Der Grund für den Aufwand: Damit sich das Großprojekt rechnet, braucht die Telekom eine Mindestmarke von 2100 Haushalten. Sie müssen bis 12. Dezember einen Vorvertrag unterzeichnet haben – sonst wird es nichts mit dem schnellen Internet. Gelockt wird die potenzielle Kundschaft mit dem Angebot, die Kosten für den Hausanschluss (799 Euro) zu streichen und bei Mehrfamilienhäusern auch die mit hohem Aufwand verbundene Verkabelung im Gebäude zu übernehmen. „Die Telekom legt das nicht nur in den Keller, sondern in jede Wohnung“, verspricht der Regio-Manager.

Ein 100-Mbit-Anschluss schlägt mit monatlich 45 Euro zu Buche, für die ersten zwölf Monate gibt es einen Rabatt. „Das ist ein sehr attraktiver Preis, wenn man es mit den Kosten für einen Kupferanschluss vergleicht“, wirbt der Telekom-Mann für sein Produkt.

Neuland ist das Glasfaserprojekt nicht nur für Fellbach, sondern auch für die Telekom selbst

Ob Telemedizin, Video-Streaming oder die Fernüberwachung des Kühlschranks – bei den Möglichkeiten für den Einsatz schneller Datenverbindungen sei das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht. Ackermann spricht auch von der Wertsteigerung für Vermieter – zeitgemäße Internetversorgung werde in der Branche mit etwa drei Prozent gerechnet.

Neuland ist das Glasfaserprojekt nicht nur für Fellbach, sondern auch für die Telekom selbst. Zwar hat das Unternehmen seit dem Sieg beim Versorgungswettbewerb für die Region Stuttgart schon in Weil der Stadt im Kreis Böblingen 1850 Haushalte auf einen Rutsch ans Glasfasernetz gebracht, aktuell sind die Tiefbautrupps in Allmersbach bei Backnang im Einsatz. Ein flächendeckendes Angebot für mehr als 10 000 Haushalte aber gab es bisher nicht. „Wenn das klappt, hat Fellbach in der Region eine Vorreiterrolle“, sagt Helmuth Haag vom Gigabit-Projekt der Region. Große Sorgen, bei einem Invest von geschätzten acht Millionen Euro in Fellbach an der Mindestmarke von 20 Prozent zu scheitern, hat zumindest die Telekom nicht. In Heimerdingen bei Ditzingen bestellte jüngst jeder dritte Haushalt die Glasfaser, in Weil der Stadt waren es immerhin um die 25 Prozent.