Auf der Internetkonferenz Republica reden Politiker und Blogger darüber, wie die Digitalisierung unser Leben verändert. Wir stellen dazu fünf Fragen, über die in Berlin diskutiert wird.

Berlin - Was eben noch Zukunft versprach, ist im Jahr 2018 plötzlich verdächtig geworden: Facebook kämpft mit den Folgen eines umfassenden Datenskandals, Amazon und Apple stehen als Steuerflüchtlinge am Pranger. Vom 2. Mai an geht es um diese und viele weitere Themen auf Deutschlands wichtigster Digitalmesse – bei der Republica treffen Bundesminister auf Blogger, Forscher auf Internetaktivisten. Etliche Fragen, die dabei aufgeworfen werden, berühren konkret unseren Alltag.

 

1. Mensch und Maschine: wie werden wir künftig arbeiten?

Der Traum der Menschheit: computergesteuerte Roboter übernehmen einen Großteil der schweißtreibenden Arbeiten, Drohnen bringen uns innerhalb kürzester Zeit die im Netz bestellten Kinderschuhe, mitfühlende Roboter unterstützen menschliche Fachkräfte bei der Pflege. Die Realität sieht so aus: Menschen sind weltweit als Billig-Taxifahrer im Auftrag von Uber unterwegs, Computerprogramme errechnen, wie effizient sie dabei sind. In vielen Dienstleistungsberufen regiert ein Online-Bewertungssystem, in dem die Arbeit von Menschen mit Ein-bis-Fünf-Sternen benotet werden kann. Und was passiert mit all den Lastwagenfahrern, Postboten und einfachen Industriearbeitern, die laut verschiedener Studien weit oben auf der Liste jener Jobs stehen, die von künstlicher Intelligenz und Roboterarbeitern künftig ersetzt werden könnten?

Auf der Republica stellen sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) der Debatte. Der New Yorker Soziologe Peter Frase bietet einen Ausblick auf eine Welt, in der Roboter einmal den Arbeitsmarkt dominieren könnten und fragt sich, was das für die Betroffenen und den Staat bedeuten würde.

2. Mobilität: wie verändert die Digitalisierung den Verkehr?

Die Autoindustrie zeigt das Fahrzeug der Zukunft gerne als Mini-Hotelzimmer auf Rädern. Der Mensch liegt im bequemen Sessel, liest Zeitung, das Auto sucht sich selbstständig und sicher seinen Weg durch den Großstadtdschungel. Wie weit diese Vision von der Gegenwart entfernt ist, zeigt der tödliche Unfall eines Roboterautos in diesem Frühjahr in Arizona.

Auf der Republica stellt sich unter anderem der Autokonzern Daimler der Diskussion. Dessen Zukunftsforscher Alexander Mankowsky präsentiert in Kreuzberg ein Konzeptauto mit Gesten- und Sprachsteuerung. Das autonome Fahren hat verschiedene Dimensionen – es geht dabei um Fragen der Technik, der Ethik und der Justiz. Wie entscheidet sich ein Fahrzeug bei einem Ausweichmanöver, wenn mehrere Menschen gleichzeitig gefährdet sind? Daran schließen sich Haftungsfragen an: Richten sich mögliche Klagen gegen die Hersteller oder trägt zum Schluss doch der Fahrer zumindest eine Mitschuld?

3. Doktor Data: wohin entwickelt sich die Medizin?

Gestern: Der Herr Doktor, eine unumstrittene Respektsperson im weißen Kittel, ausgestattet mit Expertenwissen, das für andere nicht nachvollziehbar war. Heute: ein Arzt, der womöglich in Internetportalen schlecht bewertet wird, der sich von Patienten kritische Fragen anhören muss, weil diese zuvor ausgiebig „Doktor Google“ konsultiert haben. Das Bild vom Arzt hat sich nicht erst im Zuge der Digitalisierung verändert – doch diese beschleunigt eine Machtverschiebung. Patienten wissen mehr als je zuvor.

Auch bei der Diagnose werden digitale Assistenten immer wichtiger: Ein Team von Google-Forschern hat jüngst den Prototyp eines Mikroskops vorgestellt, das mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Krebszellen schneller als bisher erkennen soll. Die Republica diskutiert über die neue Macht der Patienten – und darüber, wie bereits heute „Digital Health das Gesundheitswesen revolutioniert“.

4. Programmierer: wie steuern Algorithmen unser Leben?

Alle reden davon, aber viele rätseln auch und fragen sich: was genau ist eigentlich ein Algorithmus? Ein Algorithmus ist eine Kette von aufeinander folgenden Handlungsvorschriften, die helfen sollen, ein Problem zu lösen. Wer ein Ikea-Regal aufbaut, folgt einem Algorithmus: 1. Packen Sie den Karton aus. 2. Legen Sie das Brett flach auf den Boden. Höchstens 30 Schritte später steht das Regal.

Solche Abfolgen von Anweisungen sorgen dafür, dass Hochleistungscomputer aus einer Unmenge von Daten sinnvolle Schlüsse ziehen. So weiß Netflix, welche Filme uns gefallen könnten und das Navigationsgerät findet den schnellsten Weg zum Urlaubsort. Doch was passiert, wenn Versicherungskonzerne wissen, ob wir rauchen und wir deshalb als Risikokunden eingestuft werden? Wenn Banken aus privaten Daten schließen, ob wir wohl unseren Kredit zurückzahlen werden? Kritiker sprechen von einem „Angriff der Algorithmen“ auf die Gesellschaft. Auf der Republica spricht die New Yorker Sozialwissenschaftlerin Danah Boyd darüber, wie Algorithmen das Leben von uns allen beeinflussen.

5. Enthüller: welche Rolle spielen Whistleblower?

Die spannendste Sprecherin auf der Internetkonferenz? Kommt wohl aus den USA und saß bis vor einem Jahr noch wegen Hochverrats in Haft. Chelsea Manning war vor ihrer Geschlechtsumwandlung als Bradley Manning bekannt. Manning arbeitete als Computerexperte für die US-Streitkräfte und leitete dabei Unmengen geheimen Materials an die Enthüllungsplattform Wikileaks weiter.

Für die einen ist Manning eine Verräterin, für die anderen ein Beispiel dafür, dass mit Hilfe des Internets Skandale leichter öffentlich gemacht werden können als früher. Mehr als 9000 Besucher werden in Berlin zur Republica erwartet – sie sollen sehen, dass es jenseits von Facebook, Filterblasen und Fake News noch Hoffnung gibt für die digitale Zukunft.