Der Arzt Siegmar Reinert gibt Unfallopfern wieder ein Gesicht. Aber er spritzt auch Falten weg oder korrigiert Nasen, wenn er es für angemessen hält. Den Titel „Schönheits- chirurg“ will er sich dennoch nicht anheften.


Stuttgart – Herr Reinert, was operieren Sie am häufigsten?
Ich arbeite nur im Kopf-Hals-Bereich, und das hauptsächlich im medizinisch indizierten Bereich wie etwa in der Hauttumorchirurgie oder der Fehlbildungschirurgie wie bei einem Lippen-Kiefer-Gaumenspalt-Verschluss. Aber ich mache auch viele Gesichtsrekonstruktionen von Unfallopfern. Mein Arbeitsfeld, das Gesicht, ist die Visitenkarte des Menschen. Alle Schnitte müssen so gelegt werden, dass sie später nicht sichtbar sind.

Machen Sie auch Schönheits-OPs?
Der Arzt Siegmar Reinert gibt Unfallopfern wieder ein Gesicht.StZ Ja. Mit operativen Eingriffen, Laser, Botox oder Faltenunterspritzung. Und ich mache relativ viele Nasen. Wenn Sie ein Mädchen sehen, dass mit Höcker-Lang-Nase kommt, und man kann das korrigieren, ist das für sie wie eine Befreiung. Das sind anschließend andere Menschen. Sie blühen auf. Ästhetische Chirurgie kann viele Vorteile haben. Aber sie muss verantwortungsvoll sein. Mir geht es um sinnvolle ästhetische Chirurgie. Verwerflich finde ich, wenn 14-Jährigen die Brust vergrößert wird. Ich lebe allerdings nicht von den rein ästhetischen Operationen, ich bewerbe sie auch nicht aktiv. Ich habe den Komfort, als Hochschulprofessor Patienten neutral beraten zu können. Deshalb rate ich immer von Eingriffen ab, wenn ich merke, das unrealistische Erwartungen oder psychische Probleme dahinterstecken.

Was kostet eine neue Nase ?
3000 bis 4000 Euro mit Narkose, wenn der Patient stationäre Behandlung wünscht. Die Operation an sich kostet zwischen 1500 und 1700 Euro.

Es gibt sicher viele Grauzonen zwischen medizinisch indizierten und ästhetischen Eingriffen.
Ja, ganz klar. Die Übergänge sind fließend. Wer einen medizinisch indizierten Fehlbiss korrigieren lässt, weil er nicht mehr richtig abbeißen kann, profitiert von der OP natürlich auch optisch. Nach einer Hauttumor-OP möchte der Patient anschließend auch wieder gut aussehen. Der Patient erwartet das.

Sie sehen sich aber nicht als Schönheitschirurg.
Nein. Der Begriff ist weltweit nicht geschützt und auch nicht inhaltlich definiert.Und es gibt auch keine so lautende Weiterbildung der Ärztekammer. Es gibt nur drei Facharztbezeichnungen, in denen Inhalte auf dem Gebiet der ästhetischen Chirurgie vermittelt werden: Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie mit der Zusatzbezeichnung Plastische Operationen, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit der Zusatzbezeichnung Plastische Operationen und die Plastische und Ästhetische Chirurgie. Die Weiterbildung zum Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie setzt etwa neben dem Medizinstudium ein komplettes Zahnmedizinstudium, fünf Jahre Facharztausbildung und weitere zwei Jahre für die Zusatzbezeichnung Plastische Operationen voraus. Unser Fach hat damit die längste und intensivste Weiterbildung. Den Begriff Schönheitschirurgie sollte man nicht verwenden.

Wie kann man sich vor Pfuschern schützen?
Wenn man auf dem Ärzteschild eine Bezeichnung der drei genannten Fachärzte sieht, dann kann man davon ausgehen, dass das ein weitergebildeter Arzt mit einem hohen Qualitätsstandard ist. Dieser Arzt hat eine jahrelange qualitätsgesicherte Weiterbildung absolviert. Steht aber dort kosmetische Chirurgie oder Schönheitschirurgie, sollte man vorsichtig sein. Das kann ein Kollege sein, der keine chirurgische Ausbildung und kein jahrelanges Training hat. Und dann besteht natürlich ein gewisses erhöhtes Risiko und die Menschen sind möglicherweise ihr Leben lang entstellt oder leiden unter Schmerzen. Es gibt in dieser Branche Auswüchse, von denen man sich distanzieren muss. Hier tummeln sich schillernde Gestalten. Und wer ausschließlich von der ästhetischen Chirurgie lebt, ist möglicherweise nicht völlig frei von Eigeninteressen. Wichtig ist immer, dass der Patient umfassend und gut beraten wird.

Spritzen Sie sich selbst auch Botox?
Nein, ich bin glücklich verheiratet, das brauche ich also nicht. Für Männer gibt es andere Fragen: etwa die Glatze. Ich finde es nicht verwerflich,wenn sich Männer Haartransplantate machen lassen. Bei mir geht es aber noch, ich bin in einer glücklichen Lage.