Tizian-Noah Lauria, Kugelstoß-Toptalent von den Fildern, spricht über seine Coronaerkrankung und sein aktuelles Traumcomeback.

Stetten/Filder - Gleich in seinem ersten Wettkampf der noch jungen Freiluftsaison hat Tizian-Noah Lauria zugeschlagen: Der Kugelstoßer aus dem Leinfelden-Echterdinger Stadtteil Stetten hat auf Anhieb die Qualifikationsnorm für die U-20-Europameisterschaften der Leichtathleten Mitte Juli im estnischen Tallinn geknackt. Mit 18,57 Metern übertraf er bei einem Meeting in Bad Boll die vom deutschen Verband geforderte Weite um sieben Zentimeter. Dies ist umso erstaunlicher, hat der 18-Jährige, der für den VfL Sindelfingen startet und am Bernhausener Elisabeth-Selbert-Gymnasium gerade sein Abitur macht, doch eine schwierige Phase hinter sich – nämlich mit einer Corona-Erkrankung. Auch darüber spricht er in unserem Interview.

 

Herr Lauria, EM-Norm erfüllt und zudem die persönliche Bestleistung mit der Sechs-Kilogramm-Kugel um gleich 59 Zentimeter gesteigert. Wie überrascht sind Sie selbst?

Diese Weite war definitiv nicht geplant, denn zum einen sollte diese Veranstaltung nur dazu dienen, um technisch einiges auszuprobieren und mich an meine alte Schnelligkeit heranzutasten. Zum anderen waren auch die Bedingungen nicht optimal. Kurz vor dem ersten Durchgang hat es stark zu regnen begonnen. Der Kugelstoßring war sehr glatt.

Trotzdem haben Sie fünf Wochen nach Ihrem 18. Geburtstag und im ersten Jahr in der Altersklasse U 20 gleich eine Duftmarke gesetzt. . .

Da hat sich ausgezahlt, dass ich schon seit längerem mit der ein Kilogramm schwereren Kugel trainiere (Anmerkung der Redaktion: in Wettbewerben bisher fünf Kilo, in der jetzigen Altersklasse sechs). Es wäre sogar noch mehr drin gewesen, denn mein letzter Versuch ist deutlich über der 19-Meter-Marke gelandet, allerdings bin ich ausgerutscht und der Versuch wurde ungültig gegeben.

Das müsste für den weiteren Verlauf der Saison Mut machen.

Ich gehe davon aus, dass sechs oder sieben Deutsche die Quali-Norm für die EM und auch WM schaffen – und es wird nur drei deutsche Tickets nach Talinn geben. Der Deutsche Leichtathletik-Verband lädt Ende Juli alle Normerfüller nach Mannheim ein. Da werde ich sicher eine hohe 19er-Weite abliefern müssen, um unter den besten drei zu landen.

Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Sie im Winter wichtige Trainingszeit versäumt haben. . .

Ja, ich wurde im November positiv auf Covid-19 getestet und hatte einen mittelschweren Verlauf, der mich sportlich weit zurückgeworfen hat. Ich konnte mit heftigen Atemproblemen kaum Treppen steigen, nachts war wegen Rückenschmerzen nur wenig Schlaf möglich, und auch an Schule war fast drei Wochen lang nicht zu denken. Erstmals wieder vorsichtig trainiert habe ich kurz vor Weihnachten.

Wie haben Sie sich zu alter Form zurück gearbeitet?

Ich habe zum Glück keine Wettkämpfe verpasst, weil eh alles abgesagt wurde. Technisch musste ich zunächst komplett bei Null anfangen, weil meine ganze Schnelligkeit weg war. Statt 80 vollen Stößen, wie normalerweise in meinen vierstündigen Trainingseinheiten, waren zunächst nur 20 drin. Jetzt bin ich allerdings bei 120 Prozent Leistungs- und Mentalfähigkeit und freue mich auf das, was kommt.

Wie haben Sie die Erkrankung psychisch weggesteckt?

Sehr gut. Da hat sich positiv bemerkbar gemacht, dass ich schon länger mit einem Mentaltrainer zusammenarbeite. Zuletzt war ohnehin nicht viel Zeit für mich, um nachzudenken, weil mein Tag fast ausschließlich aus Training und Vorbereitung auf das Abitur besteht. Ich habe bis zum 20. Mai drei schriftliche Prüfungen – und kann mich danach komplett auf den Sport konzentrieren.