Mike Büskens spricht über seinen Job als Trainer in der Bundesliga, die Lage beim Bundesliganeuling SpVgg Greuther Fürth und die Schwierigkeiten, den Beruf in Fürth mit der Familie in Gelsenkirchen zu vereinbaren.

Stuttgart – Mike Büskens hat die Weihnachtsfeiertage in Gelsenkirchen verbracht. Dort hat seine Familie ihren Lebensmittelpunkt, während er mit dem Aufsteiger SpVgg Greuther Fürth seine erste volle Saison als Cheftrainer in der Fußball-Bundesliga bestreitet. „Uns war schon bewusst, dass es ein schmerzhafter Weg werden kann“, sagt der 44-Jährige.
Herr Büskens, haben Sie vermieden unter den Weihnachtsbaum mit Ihrer Familie etwas zu legen, was an Fußball erinnert?
Ja, definitiv. Bei den Geschenken meiner Kinder war nichts dabei, was eine Verbindung zum Fußball hergestellt hat.

Aber ihre Töchter Laura und Kiara sind doch sehr fußballbegeistert und verfolgen aufmerksam die Spiele des Teams, das ihr Vater trainiert. Wie hat man sich das vorzustellen?
Sie fiebern dementsprechend mit, sind bei Heimspielen fast immer in Fürth, bei Auswärtsspielen schauen sie meist Sky. Und sie leiden natürlich mit uns.

Wie oft kommen Sie, außer an Weihnachten, noch nach Gelsenkirchen?
Wir als Familie haben uns damals gemeinsam entschieden, dass wir den Lebensmittelpunkt meiner Frau und meiner Töchter nicht verändern wollen. In der zweiten Liga war ich häufiger da, weil wir nach einem Sieg oder einem Freitagsspiel auch mal zwei Tage frei geben konnten. Diesen Genuss haben wir uns in der ersten Liga nur einmal gegönnt. Aber ich versuche trotzdem, einmal in der Woche zu Hause zu sein.

Können Sie wirklich abschalten?
Das ist in meinem Berufsbild sehr, sehr schwer. Als Trainer oder Funktionär in diesem Metier gibt es solche Phasen nur ganz selten. Selbst in der vermeintlich fußballlosen Zeit sind Themen abzuhandeln, und wir haben einiges mit in die Winterpause genommen.

Das Jahr 2012 war für die SpVgg Greuther Fürth ein Jahr der Extreme: im ersten Halbjahr in der zweiten Liga Meister, Aufstieg, Pokal-Halbfinale erreicht, dann im zweiten Halbjahr in der ersten Liga Letzter, Abstiegsplatz, Rückschläge zuhauf.
Klar, es war emotional sehr extrem. Wir haben die Zeit sehr genossen, in der zweiten Liga eine überragende Rolle zu spielen; nun in der ersten Liga mussten wir uns der Phase der Nackenschläge stellen. Wir wussten, dass es für uns nicht einfach wird, weil wir anders als unsere Mitaufsteiger Frankfurt und Düsseldorf die erste Liga nicht kannten – die Fortuna hat sich aufgrund ihrer Historie irgendwie auch als Bundesligist gefühlt. Uns war schon bewusst, dass es ein schmerzhafter Weg werden kann.

Sie wirkten nach den vielen Niederlagen nie verzweifelt. Weil Sie privat mit Ihrer Blutvergiftung 2005 viel mitgemacht haben?
Ich sage immer: um Siege schätzen zu können, muss man spüren, wie sich Niederlagen anfühlen. Das gehört auch zum Fußballerleben. Ich behaupte sogar, dass wir daraus eine Menge mitnehmen können. Ich habe als Spieler immer gekämpft; ich hatte eine private Situation, in der ich kämpfen musste – und ich gehe immer noch davon aus, dass man dafür irgendwann belohnt wird.

Haben Sie sich die Bundesliga so schwer vorgestellt?
Ich denke, dass wir spielerisch gut reingefunden haben, aber das im Ergebnis nicht umsetzen konnten. Und deshalb stehen wir am Tabellenende. Wir müssen mehr Effizienz lernen.

Ist die Schere innerhalb der Liga zu groß?
Klar sind die Unterschiede gewaltig, bei unserem Lizenzspieleretat zwischen zwölf und 13 Millionen. Also können wir nicht wie der VfB Stuttgart vergangenes Jahr für fünf Millionen Euro Vedad Ibisevic verpflichten oder wie Hannover 96 fünf Klassestürmer beschäftigen. Wir müssen uns über Talent und Perspektive definieren.

Warum steht mit Eintracht Frankfurt ein anderer Aufsteiger auf Platz vier?
Man darf doch nicht vergessen, dass dort viele bundesligaerprobte Spieler sind, ich zähle mal Trapp, Jung, Zambrano, Schwegler, Rode oder Meier als Beispiele auf, selbst Oczipka oder Anderson waren vorher in der ersten Liga. Sie haben uns Erfahrung voraus und einen prima Start. Und sie machen natürlich sehr gute Arbeit.

Sind Sie froh, dass ihre Arbeit von dem Präsidenten Helmut Hack anerkannt wird und Sie nicht infrage gestellt werden?
Das ist eine Wertschätzung, die sich über drei Jahre entwickelt hat – beide Seiten wissen, was sie aneinander haben, auch wenn die Ergebnisse das gerade nicht ausdrücken. Präsident Hack hat allerdings nicht gerade die Spendierhosen an, einen Fünf-Millionen-Stürmer wird es in Fürth nicht geben – aber das wusste ich, als ich hier unterschrieben habe. So war immer die Denke des Clubs. Unser Mitaufsteiger Frankfurt hat im vergangenen Jahr in der zweiten Liga große Verluste gemacht, davor Hertha 13 Millionen Euro Minus, wovon dann ein Gönner das Gros ausgeglichen hat. Von so etwas könnte sich die Spielvereinigung nie erholen. Es gibt genügend abschreckende Beispiele, Bielefeld, Duisburg oder Aachen. Wir müssen unseren Weg gehen. Wenn wir ein Risiko eingehen, dann nur eines, das uns nicht an den Rand des Ruins führt.

Sollte die Spielvereinigung trotzdem absteigen, möchten Sie dann in der Bundesliga bleiben? Wäre es beispielsweise denkbar, dass Sie bei einem Angebot des FC Schalke 04 zusagen würden?
Ist dieses Thema nicht langweilig? Es kommt im Halbjahresrhythmus auf mich zu. Irgendwann ist es mit diesem Gerücht auch mal gut. Jeder weiß doch, dass ich eine lange Schalker Vergangenheit habe und dass es eine sehr angenehme und erfolgreiche Zeit war, wo ich keinen Tag missen möchte. Jeder weiß auch, dass ich gerne für Schalke gearbeitet habe, aber auch wenn ich kein gebürtiger Franke bin, arbeite ich genauso gerne für Fürth.