Sicherheitspolitik ist in der deutschen Politik nach wie vor ein randständiges Thema. Der Ravensburger CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff will das ändern. Ein Interview.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)
Berlin - Sicherheitspolitik ist in der deutschen Politik nach wie vor ein randständiges Thema. Der Ravensburger CDU-Abgeordnete Schockenhoff will das ändern.
Herr Schockenhoff, Verteidigungsminister de Maizière kritisiert, dass es keine sicherheitspolitische Debattenkultur gibt. Den Mangel spürt nicht nur er. Auch die Soldaten wären froh, wenn die Bürger bei diesem Thema aufgeklärter wären. Warum brechen Sie nicht eine solche Diskussion vom Zaun?
Meine Fraktion hat schon 2008 eine Sicherheitsstrategie vorgelegt, uns fehlt es da nicht an Konzepten. Aber ich fände es gut, wenn wir regelmäßig Generaldebatten zur Sicherheitspolitik hätten, um die Bedrohungslage und das strategische Umfeld umfassend darzustellen.

Im Deutschen Bundestag gibt es wegen der Einsätze der Bundeswehr im Ausland nicht gerade selten Diskussionen in diesem Themenfeld.
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 haben wir bei 28 unterschiedlichen Missionen 120 Mandate beschlossen und verlängert. Damit verbunden waren rund 240 Parlamentsdebatten. Sie sind gut und richtig, aber es wäre wichtig, der Bevölkerung auch ein Gesamtbild zu vermitteln, was Soldaten, Diplomaten zivile Helfer im Regierungsauftrag und in Nichtregierungsorganisationen tun, um den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu dienen. Das ist bisher zu kurz gekommen. Im gleichen Zeitraum gab es nicht einmal zehn generelle Sicherheitsdebatten.

Warum ist das so wichtig?
Weil wir wegen der knapper werdenden Haushaltsmittel immer stärker darauf angewiesen sind, die Sicherheit unserer Bürger in internationaler Arbeitsteilung hinzubekommen. Außerdem müssen wir in einer Gesamtschau vermitteln, gegen welche Bedrohungen die Bundeswehr gewappnet sein muss: Angriffe auf unser Territorium, Cyber-Angriffe oder Terrorabwehr in gescheiterten Staaten in der Nachbarschaft Europas. Ich fände es gut, wenn wir eine Regierungserklärung, wie der Verteidigungsminister sie jetzt zur Neuausrichtung der Bundeswehr gehalten hat, künftig jährlich auf die Agenda setzen. Es gibt jedes Jahr den Familienbericht, den Armutsbericht, den Jahreswirtschaftsbericht – so viel Aufmerksamkeit verdient auch die Sicherheitspolitik.

Der Verteidigungsminister ist da vielleicht ein guter Anfang. Aber müsste eine solche Regierungserklärung nicht von der Kanzlerin kommen?
Das kann der Außen- oder Verteidigungsminister und natürlich auch die Kanzlerin übernehmen. Ich finde, das sollte jährlich wechseln. Schließlich pflegen wir den Ansatz der vernetzten Sicherheit.