Früher hieß es, Sie wollten einfach nur Fußballtrainer werden, egal bei welcher Mannschaft.

 

Bei 1860 München hat man mich wegen fehlender Berufserfahrung abgelehnt. Ich habe meinem Dozenten Gerhard Bauer gesagt, gib mir irgendwas, und wenn es die Frauen-Hochschulmannschaft ist.

Und dann?

Hat mir Werner Kern bei den Bayern die Chance gegeben. Ein Sechser im Lotto, weil ich die Entwicklung von Spielern beobachten konnte. Ich habe Diego Contento und Mehmet Ekici als Neunjährige das erste Mal, als Zwölfjährige das zweite Mal und als 15-Jährige das dritte Mal trainiert.

Ist das der Kick eines Trainerlebens?

Haben die Nachbarn nicht genug geholfen?

Nein, ich habe mich mit einem Schweizer Taschenmesser geschnitten und geblutet wie verrückt. Ich musste aber so lachen, weil ich mich als deutscher Trainer des FC Basel mit einem Schweizer Taschenmesser schneide. Der Zeigefinger musste genäht werden, aber ich habe es überlebt.

Sie sind in Bad Dürkheim in der Pfalz geboren, da hat Sie sicher der Pfälzer Fußball geprägt, also Leidenschaft und Kampf?

Ich war als Kind Bayern-Fan.

Das klingt nach einer schweren Kindheit.

Man könnte sagen, ich habe mich schon damals nicht verbiegen lassen. Oder ich war mutig. Wie Sie wollen.

Wie viel FC Bayern steckt noch in Ihnen?

Neun Jahre Lebenserfahrung. Aber es ist nicht so, dass ich jeden Tag das "Mir san mir" aufsage.

Und wie viel Bayern-Gen?

Es gibt kein Bayern-Gen.

Mit dieser Aussage revolutionieren Sie seit Jahrzehnten unumstrittene Erkenntnisse der Sportwissenschaft.

Es gibt gewisse Schemata, die zeigen, warum etwas gut funktioniert. Etwa, weil es innovativ und trotz Talent fleißig ist. Wenn das ein Sieger-Gen ist, bitte.

Hat jemand, der Manchester United geschlagen hat, Angst vor Bayern München?

Ich habe nur Höhenangst. Bayern ist eine Herausforderung, die wir nicht unterschätzen.

Was imponiert Ihnen an Bayern München?

Trotz der Konzerngröße, ist es ein familiärer, nachhaltig und gnadenlos effizienter Verein. Der FC Bayern ist die Topmarke im Weltfußball, wenn man alle Faktoren nimmt. Gesünder kann ein Verein wirtschaftlich und sportlich nicht dastehen.

Wie intensiv ist der Kontakt nach München noch heute?

Meine Familie lebt am Tegernsee und bleibt dort. Ich will ihr kein Nomadentum zumuten. Das wird auch mein Fixpunkt bleiben.

Als Fußballer haben Sie es nicht weit nach oben geschafft, dann waren Sie Jugendtrainer und Assistent.

Durch die Nichtprofikarriere habe ich Fußball aus anderen Blickwinkeln gesehen. Und das hilft mir, mich als Trainer durchzusetzen.

Sie haben in München Sport studiert . . .

. . . die 90 Minuten auf dem Rasen und alles außen herum haben an Intensität gewonnen. Da hilft es, wenn man über die Begebenheiten des menschlichen Körpers und der Trainingslehre Bescheid weiß.

Was ist Ihnen als Trainer wichtig?

Würde und Respekt. Ehrlich zu sein, offen, authentisch, verlässlich - und ich will Spaß am Spiel vermitteln.

Das heißt, Sie sind ein sehr positiver Mensch?

Ich lache gerne und liebe Humor. Lachen drückt für mich ein Lebensgefühl aus.

"Ich habe einen ästhetischen Anspruch"

Früher hieß es, Sie wollten einfach nur Fußballtrainer werden, egal bei welcher Mannschaft.

Bei 1860 München hat man mich wegen fehlender Berufserfahrung abgelehnt. Ich habe meinem Dozenten Gerhard Bauer gesagt, gib mir irgendwas, und wenn es die Frauen-Hochschulmannschaft ist.

Und dann?

Hat mir Werner Kern bei den Bayern die Chance gegeben. Ein Sechser im Lotto, weil ich die Entwicklung von Spielern beobachten konnte. Ich habe Diego Contento und Mehmet Ekici als Neunjährige das erste Mal, als Zwölfjährige das zweite Mal und als 15-Jährige das dritte Mal trainiert.

Ist das der Kick eines Trainerlebens?

Man bekommt sehr unterschiedliche Leistungssprünge mit. Ich sehe mich als Leistungsmanager, der dafür sorgt, dass Spieler ein Leistungsoptimum erreichen.

Gab es Vorbilder?

Hermann Hummels und Hermann Gerland waren starke Einflussfaktoren. Ich habe bei beiden die nichtinszenierte Person in der täglichen Arbeit kennengelernt.

Welches Ideal schwebt Ihnen vor?

Authentizität ist durch nichts zu ersetzen. Ich lasse mich durch keinen Verein verbiegen, wobei man immer nach neuen Ideen schauen sollte. Aber man muss sich nicht gleich neu erfinden.

Verstehen Sie das Misstrauen, das einen Assistenten begleitet, der Chef wird?

Ich bin Trainer aus Überzeugung in meine Kompetenz. Nur wer Leidenschaft für etwas zeigt, kann sich voll entfalten. Ich liebe Fußball, das macht mich mental stark. Man sollte mich generell nicht unterschätzen.

Wie sollte Fußball für Sie sein?

Sagen wir es so: Ich habe einen ästhetischen Anspruch an das Spiel meiner Mannschaft, ohne meinen Auftrag zu vergessen, gewinnen zu müssen.

Sie haben der Basler Mannschaft als Nachfolger von Thorsten Fink ein etwas stabileres Gerüst gegeben. Ist das Ihr Stil?

Statistiken aus allen Ligen sagen, eine gute Defensive oder Ballkontrolle hat bessere Chancen, ganz vorne zu sein. In diesem Fall glaube ich an die Statistik.

Sie haben mit dem FCB Manchester United geschlagen. Hilft so ein besonderer Sieg, weil er Anerkennung bringt?

Viel wichtiger als mein Selbstvertrauen ist doch das der Mannschaft. Die kann jetzt abspeichern, dass sie aus dem und dem Grund in der Lage war, ein besonderes Spiel zu zeigen.

Wie schlägt man große Mannschaften?

Mit Ernsthaftigkeit und einer großer Portion Gelassenheit. Der Wille zu gewinnen muss da sein, ohne, dass der mich schon Tage all meine Kraft kostet.

Eine letzte Frage: hat Basel sich zur Fußball-Hauptstadt der Schweiz entwickelt?

Jetzt bekommen Sie eine Antwort mit deutscher Note. In Basel ist es wie in der Pfalz beim FCK: Fußball ist Religion. Auch der FC Basel ist mehr als nur ein Fußballclub, das spürt jeder, der durch die Stadt geht.

Der Talentförderer

Basel Heiko Vogel (36) ist seit November 2011 Cheftrainer des FC Basel und damit Nachfolger von Thorsten Fink (Hamburger SV). Der in Bad Dürkheim geborene Vogel spielte als Aktiver beim SV Edenkoben.

Bayern Von 1998 bis 2007 betreute er als Trainer die U10 bis U17 des FC Bayern München, danach war er Assistent von Fink in Ingolstadt und in Basel. In München betreute er unter anderem aktuelle Nationalspieler wie Mats Hummels, Thomas Müller und Philipp Lahm.