Es geht um weit mehr als nur kompliziertes Flicker-Flacker: Zum Auftakt des Filmwinters spricht die Festivalleiterin Giovanna Thiery über das Konzept, die Pläne und ihre Raumnöte.

Stuttgart - Am 17. Januar startet unter dem Motto „Wake me up“ der 32. Stuttgarter Filmwinter. Besucher des viertägigen Festivals können unter anderem die besten Einsendungen aus den internationalen Wettbewerbskategorien Kurzfilm, Medien im Raum und Network Culture bestaunen. Das Besondere: Im Mittelpunkt stehen unabhängige Autoren, die ihre Kunst frei von Sachzwängen, Vermarktungsgesichtspunkten und anderen inhaltlichen Verpflichtungen schaffen. Dieses Jahr findet das Festival in den Räumlichkeiten des Zentrums für Figurentheater Fitz und dem Theater Tri-Bühne statt. Im Kunstbezirk wird eine Medien- und Netzkunstausstellung zu sehen sein.

 

Frau Thiery, was erwartet die Zuschauer in diesem Jahr beim Stuttgarter Filmwinter?

Die Zuschauer erwartet ein internationales Programm aus den Bereichen Kurzfilm, Medien im Raum und Network Culture. Eingereicht wurden über 1500 Produktionen. Für uns ist wichtig, dass wir Filme zeigen, die frei von Vermarktung, Trends oder Botschaftszwängen sind – wir fordern eine unabhängige Autorenschaft, die gleichzeitig experimentierfreudig und mutig ist.

Anregung pur

Bei experimentierfreudigen Filmen stellen sich wohl die meisten auf abstraktere Produktionen ein . . .

Ja, das ist immer ein bisschen schwierig. Viele denken beim Experimentalfilm, das sei alles so Flicker-Flacker, aber das stimmt gar nicht. Nur weil Filme gezeigt werden, die keiner Formel oder einem Muster dienen müssen, bedeutet das nicht, dass diese weniger zugänglich oder konzeptionell so schwierig sein müssen, dass sie am Ende kein Mensch versteht – im Gegenteil. Der Film soll zu einer erweiterten Art des Sehens anregen.

Das Medienfestival sucht seit Langem nach einem beständigen Austragungsort. Wie schwer gestaltet sich für den Stuttgarter Filmwinter die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten?

Seitdem das Kommunale Kino in Stuttgart 2008 wegen Insolvenz schließen musste, sind wir auf Wanderschaft. Fast jedes Jahr an einen neuen Ort zu gehen, das hat uns wirklich an die Grenze gebracht. Jedes Mal herrschten andere Rahmenbedingungen; nicht nur die Räume, auch die Logistik und die Konzeption mussten immer wieder neu erdacht werden – das war sehr schwierig. Nun haben wir mit dem Figurentheater Fitz und dem Theater Tri-Bühne eine langfristige Kooperation geplant. In den kommenden Jahren wird das Festival dort stattfinden.

Kino als Begegnungsort

Das Internet dient heutzutage vielen Künstlern als Präsentationsplattform, braucht es vor diesem Hintergrund den Filmwinter überhaupt noch?

Der Filmwinter ist ein grenzüberschreitendes Festival zwischen den Bereichen Film, Medienkunst und Bühne – ein Festival ohne Hierarchien. Wir legen großen Wert auf die Kommunikation zwischen Publikum und Künstler, es gibt Austausch und Möglichkeiten, ins Gespräch zu kommen. Natürlich gibt es Werke, die im Internet wie auf großer Leinwand funktionieren. Die Atmosphäre und auch die Rezeption im Vergleich zum Netz ist aber eine ganz andere. Für viele Künstler gilt: Kino ist auch ein Begegnungsort.

Der Filmwinter:

Auftakt:
Der 32. Stuttgarter Filmwinter wird an diesem Donnerstag um 17 Uhr mit der Performance „Monitor Man“ von Yassine Khaled sowie weiteren Installationen in der Galerie Kunstbezirk an der Leonhardskirche eröffnet. Um 17.30 folgt die Vernissage mit einem Eröffnungsrundgang.

Wettbewerb:
Der Internationale Wettbewerb mit dem ersten Teil der Kurzfilme beginnt an diesem Donnerstag um 20 Uhr im Figurentheater Fitz.

Programm
: Rund um den Kurzfilmwettbewerb finden zahlreiche weitere Veranstaltungen statt, unter anderem Führungen, Gespräche und ein Kinderprogramm.