Wie handhaben Sie das, wenn Sie selbst Regie führen?
Ich habe mich von all dem befreit, und es war ein gutes Gefühl. Wenn ein Schauspieler kommt und sehen will, was wir gerade gedreht haben, dann kann er das gern tun. Kein Problem. Ein großer Teil der Motivation, selbst Regie zu führen, war für mich, selbst die Kontrolle zu haben und niemanden mehr um Erlaubnis zu fragen. Ich habe in meinem Film „Quartett“ eine Szene mit der zweifachen Oscar-Preisträgerin Maggie Smith gedreht . . .
Vor der sich Regisseure fürchten . . .
Sie kann sehr hart sein. Auch dafür liebe ich sie von ganzem Herzen. Sie hörte mitten in der Szene auf zu spielen und sagte: Ich habe verdammt noch mal keine Ahnung, worum es hier gerade geht und was ich spiele. Und wissen Sie was? Sie hatte recht. Also habe ich versucht, alles so zu ändern, dass meine Schauspieler kein Problem mit der Szene haben, denn Spielen sollte leicht sein, unangestrengt. Das ist meine Idealvorstellung. Ich muss die Brücken bauen, damit der Zug Fahrt aufnehmen kann. Es gibt nichts Besseres, als eine gut geschriebene Szene zu spielen.
Wie viel Dustin Hoffman sehen wir auf der Leinwand und was spielen Sie uns vor?
Ich formuliere es einmal so: Je länger man im Geschäft ist, desto schwieriger wird es, dem Publikum etwas vorzumachen. Ich versuche immer, den wirklichen Dustin Hoffman oder dieses öffentliche Bild von mir so weit wie möglich hinter mir zu lassen. Aber das ist im Filmgeschäft ja gar nicht immer gewünscht. Viele Stars haben ein Rollenmuster. Sie geben dem Publikum, was es will. Gerade deswegen will man diesen Schauspieler ja sehen. Ich habe einmal John Wayne in einem seiner frühen Filme gesehen. Da war er noch nicht „John Wayne“, sondern einfach nur ein Typ. Irgendwann hat er dann gelernt, welchen John Wayne sie von ihm wollten und er wurde zu dieser Figur.
Was ist Ihr Rollenmuster?
Das ist das Problem. Ich habe kein Rollenmuster. Ich wünschte, ich hätte eines. Humphrey Bogart hatte ein Rollenmuster, Spencer Tracy. Aber ich?
Sie wünschen sich doch nicht wirklich ein Rollenmuster oder?
Es wäre auf jeden Fall weniger Arbeit. Aber ich weiß, was Sie meinen. Ich versuche, mich jedenfalls nicht ständig zu wiederholen. Ich versuche zu überraschen. Das gelingt mir natürlich häufig nicht. Deswegen suche ich ja ständig nach Drehbüchern und Rollen, die ich so noch nie gelesen habe.
Im neuen Film wirft man Ihnen Ihr Alter vor. Wie fühlt sich das Alter für Sie an?
Ob ich mich alt fühle? Das muss man erst einmal per Definition herunterbrechen. Körperlich? Mein Gott, auf jeden Fall. Ich höre, dass jemand stirbt, und man sagt, er war in seinen Achtzigern. Ich bin nur einen Häuserblock davon entfernt. Andererseits habe ich gestern den Artikel eines Altersforschers gelesen. Der meint, siebzig sei das neue dreißig. Dann bin ich ja noch auf der sicheren Seite. Aber es gibt tatsächlich Dinge, die ich am Altern sehr genieße. Auch wenn Sie mich jetzt ansehen, als ob Sie mir nicht glauben.
Ich glaube Ihnen alles. Was genießen Sie denn?
Wenn man so lange lebt wie ich, dann wird man zwangsläufig etwas weiser als die Menschen, die früher den Abgang gemacht haben. Das lässt sich gar nicht vermeiden.
Mit dieser Weisheit betrachtet: wie hat sich das Filmgeschäft verändert?
Wenn es zu Beginn meiner Zeit im Filmgeschäft ein Foto von einem Kollegen gegeben hätte, auf dem er beim Oralsex zu sehen ist, dann wäre seine Karriere zu Ende gewesen. Heute wirst du damit ein Star.