Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) will noch schärfer gegen Doping vorgehen. Der Generalsekretär Michael Vesper äußert sich dazu im StZ-Interview.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart – Bei der achten Vollversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Stuttgart steht neben dem Olympia-Rückblick der Kampf gegen Doping im Mittelpunkt. Der Leichtathletik-Verband fordert ein Antidopinggesetz, nun will auch der DOSB einen eigenen Antrag stellen, bei dem es um härtere Strafen geht. Ein Antidopinggesetz lehnt die DOSB-Spitze jedoch ab. Auch dazu äußert sich Generaldirektor Michael Vesper.

 

Herr Vesper, am Jahresende wird immer viel gesucht. Unter anderem auch das Unwort des Jahres. Was ist denn Ihres?
Doping. Allerdings ist es leider nicht nur das Unwort dieses Jahres, sondern auch das von 2011, und ich fürchte, auch das des Jahres 2013. Vielleicht ist es weniger ein „Unwort“ als eine Unsitte, die uns begleitet.

Dazu passend hat der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) einen Antrag gestellt, in dem der er den DOSB auffordert, sich für eine Verschärfung der Gesetze und der Strafen für Sportbetrüger einzusetzen.
In dem Antrag sind viele richtige und wichtige Gedanken enthalten. Aber in einem zentralen Punkt sind wir anderer Meinung: Wenn es nämlich um die strafrechtliche Verfolgung von Eigendoping geht. Wir sind überzeugt, dass der Sport mit seinen Instrumenten schneller, härter und effektiver reagieren kann. Die Sportgerichtsbarkeit kann einen Athleten zwei Jahre sperren und damit ein befristetes Berufsverbot erteilen. Strafrechtlich würde dieser Vorgang Jahre dauern und bei einem Ersttäter mit einer Bewährungsstrafe oder einer Geldbuße enden, was ja selbst der Kriminologe Dieter Rössner, ein Befürworter einer Gesetzesänderung, so bestätigt hat. Im Strafrecht gilt die Unschuldsvermutung, im Sport ist es umgekehrt. Dort muss der Angeklagte seine Unschuld beweisen.

Rössner fordert eine Kriminalisierung der Sportler.
Und was hätte das zur Folge? Dass die Athleten, wie Rössner sagt, durch den Staat weniger schmerzvoll bestraft würden. Das Bestrafungssystem des Sports würde gefährdet. Das kann nicht der richtige Weg sein.

Aber die großen Dopingskandale, die Systeme offen gelegt haben, sind vor allem auf staatliche Ermittlungen zurückzuführen. Der Balco-Skandal in den USA, die Fuentes-Affäre in Spanien, auch im Fall Lance Armstrong gab es ein Verfahren.
Einspruch, Euer Ehren.

Sie haben das Wort.
Lance Armstrong ist gerade nicht durch staatliche Ermittlungsverfahren überführt worden, sondern weil es erstens in Italien Untersuchungen gegen seinen Arzt Michele Ferrari gab, die hierzulande nach aktueller Gesetzeslage genauso möglich gewesen wären, und weil zweitens seine Kumpanen, salopp gesagt, die Hosen runtergelassen und ihn belastet haben. Nur deswegen konnte er belangt werden, also nicht durch Gesetze oder mit staatlicher Hilfe, sondern weil Athleten die Kronzeugenregelung in Anspruch genommen haben.

Aber das Arzneimittelgesetz scheint ein stumpfes Schwert zu sein, was den Spitzensport angeht. Es gab 2011 etwa 1600 Verfahren, fast alle betrafen den Fitnessbereich.
Nein, das ist so nicht richtig. Zunächst einmal: die Zahl der Verfahren ist von etwa 280 im Jahr 2007 aufgrund des verschärften Gesetzes auf mehr als 1500 gestiegen. Einem mit Dopingmitteln voll gepackten Kofferraum sieht man nicht an, für wen die Mittel gedacht sind. Doping im Leistungssport ist sehr wohl im Visier der Ermittler. Künftig sollte aber der Spitzensport genauer beobachtet werden, zum Beispiel durch ein eigenes Aktenzeichen.

Auch der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) hat sich nun auf die Seite des DLV geschlagen und fordert, dass nicht der Eindruck entstehen dürfe, der Sport führe den Kampf gegen Doping nur halbherzig.
Diesen Eindruck versuchen manche zu erwecken, er trifft aber nicht zu. Es geht dem DTTB um ein Signal, das ist sicherlich gut gemeint. Aber wir müssen schauen, was in der Realität am besten wirkt. Die Arbeitsteilung zwischen Sport und Staat, der das Umfeld strafrechtlich bekämpft und gegen die Ärzte und den Handel vorgeht, ist am effektivsten.

Gerade bei den Ärzten greift das nicht.
Es sind in der Tat einige Verfahren eingestellt worden, etwa gegen Herrn Franke in Erfurt oder die Freiburger Ärzte. Wir als DOSB-Präsidium positionieren uns eindeutig: Wir werden belastete Ärzte nicht für Olympia nominieren und empfehlen unseren Verbänden nachdrücklich, nicht mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Aber wie kann es sein, dass entsprechende Ärzte weiterarbeiten, als sei nichts gewesen?
Da bin ich ganz bei Ihnen. Ein Arzt, der aktiv dopt, bricht den hippokratischen Eid und sollte nicht mehr praktizieren dürfen. Aber das ist eben Standesrecht. Das können wir als DOSB nicht regeln.