Ralf-Dieter Krüger ist der neue SPD-Vorsitzende in der Keplerstadt. Man kennt ihn als immer noch engagierten Pfarrer und rührigen Türmer. Jetzt will er mehr Leben in den Ortsverband bringen.

Interview - Lange Jahre war Felix Henn Vorsitzender des SPD-Ortsverbands Weil der Stadt. Henn aber wechselt beruflich auf eine neue Stelle bei Schwäbisch Gmünd, deshalb haben die Sozialdemokraten einen neuen Ortsvorsitzenden gewählt. Es ist Ralf-Dieter Krüger (71), ein Pfarrer im Ruhestand, der erst seit 2013 in Weil der Stadt lebt. Man kennt ihn auch von seinem Ehrenamt als Türmer. Was hat der evangelische Theologe jetzt vor?

 

Herr Krüger, haben Sie sich beworben oder kam das Amt auf Sie zu?

Ich wurde im Frühjahr von verschiedenen Seiten angesprochen, ob ich nicht bei der SPD mitmachen möchte. Damals habe ich gesagt: Nur Mitglied sein, ist mir zu wenig. So kam die Idee auf, ob ich den Vorsitz übernehme. Das hat nun eine deutliche Mehrheit gefunden.

Sie hatten im Mai auch für den Kreistag kandidiert.

Ja, es war aber klar, dass ich nicht gewählt werde, denn im Kreis kennen mich nur wenige. Anders sieht das in Weil der Stadt aus. Für die Kandidatur für den Gemeinderat war es zu dem Zeitpunkt aber schon zu spät gewesen.

Ist das Ihr erstes politisches Engagement?

Nein, in den 70er Jahren war ich Mitglied bei den Jusos in Schwäbisch Gmünd und in der SPD. Bei den Jusos war ich im Ortsvereinsvorstand, im Unterbezirk und im Landesausschuss. Damals war ich dabei, auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachzuholen. Ich radikalisierte mich aber so sehr, dass ich für die Schule gar keinen Kopf hatte.

Zu einer politischen Karriere hat das also nicht geführt?

Nein, ich war so links außen, dass es zum Bruch mit den Jusos und der SPD kam. Heute würde ich sagen: Wenn ich damals die – in Anführungszeichen – richtigen Kontakte gehabt hätte, wäre ich bei der RAF gelandet. In Schwäbisch Gmünd hatte ich dann die Eignungsprüfung an die Pädagogische Hochschule probiert, bin aber so radikal aufgetreten, dass ich mit Pauken und Trompeten durchgefallen bin.

Wie kamen Sie da raus?

Es kam dann eine Phase, in der ich Erfahrung mit Drogen machte. Damals hatte ich einen Autounfall, bei dem ich nur knapp am Tod vorbeigeschrammt bin. Ich kam zur Besinnung und fragte mich: Wie soll dein Leben weitergehen? Nach einer Banklehre habe ich dann Theologie studiert.

Später als Gemeindepfarrer wollten Sie sich nicht politisch einbringen?

Nein. Ich hielt mich raus, weil ich nicht wollte, dass man sagt: Der redet so, weil er einer bestimmten Partei angehört. Das ist aber meine persönliche Haltung.

Jetzt sind Sie im Ruhestand. Was hat den Ausschlag gegeben, bei der SPD wieder einzutreten?

In der gegenwärtigen Zeit wird der rechte Rand stärker. Ich will Position gegen Strömungen wie die AfD beziehen. Zum zweiten will ich der SPD, der es momentan nicht so gut geht, beistehen.

Mit Felix Henn lösen Sie einen sehr jungen Vorsitzenden ab.

Felix Henn wird weiterhin im Vorstand als Beisitzer mit dabei sein. Es ist also kein Bruch mit der Zeit seines Vorsitzes. Ich sehe mich selbst aber als Übergangsfigur. Wenn sich Jüngere finden, habe ich kein Problem damit, wieder in die zweite oder dritte Reihe zurückzutreten.

Was haben Sie jetzt vor?

Ein wichtiger Punkt wird sein, klare Kante gegen rechts zu zeigen. Der Umgang mit Minderheiten und Andersdenkenden muss auf Augenhöhe und mit Wertschätzung geschehen. Das müssen wir klar profiliert ansprechen. Das gilt auch für Antisemitismus und Antijudaismus.

Wie wollen Sie das in Weil der Stadt konkret umsetzen?

Ich will, dass in Weil der Stadt eine gesunde Streitkultur entsteht. Wir müssen Stellung beziehen und nicht schweigend zuschauen.

Seit 2013 leben Sie in der Stadt. Wie haben Sie die Weiler kennengelernt?

Ich habe sie als sehr umtriebig kennengelernt. Da sind nicht wenige, die sich für die Stadt engagieren. Allerdings habe ich den Eindruck, dass sie heiße Eisen nicht gerne anfassen. Wir haben ja zum Beispiel in der Peter-und-Paul-Kirche das Hitlerfenster. Aber die Stadtgeschichte im Nationalsozialismus ist ein blinder Fleck, der nicht aufgearbeitet wird. Da sind einige, die was wissen, aber mit ihrem Wissen hinter dem Berg halten.

Sie halten gelegentlich auch als Ruhestandspfarrer noch Gottesdienste. Gibt es in Ihrer Kirche kritische Stimmen zu Ihrem Engagement?

Die SPD sagt in ihrem derzeitigen Grundsatzprogramm, seit 2007 dem Hamburger Programm, dass sie ihre Wurzeln unter anderem im Judentum und im Christentum sieht und betont, dass sie das Ermächtigungsgesetz nicht unterschrieben hat. Das schafft von Anfang an eine Verbindung zwischen der Bekennenden Kirche in der evangelischen Kirche und der SPD. Christlicher Glaube und SPD schließen sich nicht aus – denken Sie etwa an die Bundespräsidenten Gustav Heinemann und Johannes Rau! Auch der Württemberger Erhard Eppler ist hier zu nennen.

Wollen Sie Ihr Engagement auch über den Ortsverband hinaus ausweiten?

Ich bin offen. Wenn Aufgaben auf mich zukommen, denke ich gerne darüber nach, ob ich unterstützen kann. Für mich gilt immer: Wenn es Jüngere gibt, trete ich gerne zurück.

Wollen Sie sich auch in die Gemeinderatspolitik einmischen?

Das ist zunächst die Angelegenheit der Fraktion, da mische ich mich nicht ein. Aber parteiintern diskutieren wir natürlich über die Themen.