Wenige Wochen nach Ihrem Schlaganfall haben Sie dem „Spiegel“ gesagt, dass Sie am liebsten auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen würden, und dass Sie es mit Ihrer Arbeit im Jahr 2011 vielleicht übertrieben hätten. Jetzt heißt es, dass im September der zweite Teil Ihrer Autobiografie erscheinen soll, am nächsten Tag ein Soloalbum, und die neue BAP-Platte sei auch schon in Planung. Übertreiben Sie wieder?
Nein, das BAP-Album nehmen wir ja erst 2014 auf. Ich hoffe, dass ich jetzt im Herbst und im Winter musikalisches Material von den Kollegen habe, mit dem ich textlich arbeiten kann. Aber dann bin ich zu Hause, und das genieße ich auch, obwohl ich beim Schreiben immer schlecht gelaunt bin. Aber ich kann auch schlecht gelaunt genießen. Die Familie kennt das schon.

Sie schauen also danach, dass Sie nicht zu viel auf einmal machen.
Ja, aber es gelingt mir nicht immer. Manchmal fängt es an Ecken an, stressig zu werden, wo Du nicht damit gerechnet hast. Das Aufnehmen des Soloalbums hingegen war ein absolutes Vergnügen. Das Album ist absolut logisch, und das letzte Kapitel des Buches erzählt die Geschichte dieses Albums.

Ist nach all den Jahrzehnten die Triebfeder für Ihre Musik eigentlich der Mitteilungsdrang, die Freude an der Arbeit oder der Wunsch zu lernen?
Alles zusammen. Ich habe über lange Zeit hinweg kein großes Vergnügen im Studio gehabt, aber seit da nicht mehr der Major rumsitzt und allen anderen sagt, was sie zu tun haben, macht auch dieser Teil der Arbeit wieder Spaß.

In den letzten Einträgen Ihres Tagebuchs schreiben Sie, dass es aussichtslos sei, jungen Konzertveranstaltern das Siezen abzugewöhnen, und dass Ihre Tochter gut im Betüteln ihres Vaters sei. Haben solche Notizen mit dem Alter zu tun?
Sie haben vor allem damit zu tun, dass mir Imagefragen seit jeher am Arsch vorbeigegangen sind. Der AC/DC-Gitarrist Angus Young hat in einem Interview gesagt, dass man auf keinen Fall als Rock’n’Roller auf das Alter zu sprechen kommen darf. Was für ein Scheiß! Der läuft sein Leben lang in einer lächerlichen Schüleruniform über die Bühne, und macht Faxen, damit er nicht übers Alter reden muss? Ich habe mit dem Alter kein Problem. Ich kann auch kein Liebeslied singen, das sich so anhört, als wenn ich gerade meinen ersten Kuss bekommen hätte. Ich bin 62, habe vier erwachsene Kinder und habe nichts gegen den langsamen Perspektivenwechsel. Das Beste am Rolling-Stones-Film „Shine a Light“ sind ja die Outtakes. Da gucken die gecasteten Schönheiten im Alter meiner Tochter gelangweilt auf ihre Fingernägel, während Mick Jagger singt, weil sie sich einen Scheiß für ihn interessieren. Will ich denn so einer sein? Nein!

Kann ein Schlag helfen, zu akzeptieren, dass man ein Mann im Pensionsalter ist?
An Pension habe ich noch nie gedacht. Ich bin gespannt, wie lange ich persönlich noch Spaß an den Dingen habe, die ich mache.