Der Steinenbronner Bürgermeister Johann Singer zieht im Interview mit unserer Zeitung Bilanz fürs vergangene Jahr. Alles in allem ist er zufrieden, auch wenn es nicht immer harmonisch zugegangen ist. Für 2018 stehen gleich mehrere Projekte an.

Steinenbronn - inter dem Steinenbronner Bürgermeister Johann Singer liegt ein Jahr, das vor allem vom Flächennutzungsplan bestimmt war. Die Gemeinde will damit die räumlichen Leitlinien festlegen. Über den Zuschnitt des geplanten Wohngebiets Gubser II gab es Streit. Der Gemeinderat vertrat eine andere Meinung als Singer und viele Bürger.

 
Herr Singer, worauf sind Sie als Bürgermeister stolz im Jahr 2017?
Die gute wirtschaftliche Entwicklung ist sehr erfreulich. Ich bin stolz, dass wir eine gute Ansiedlungspolitik von neuen Arbeitsplätzen betrieben haben. Das betrifft nicht nur das Jahr 2017, sondern auch die Jahre davor. Wie bekannt ist, haben für mich Arbeitsplätze die erste Priorität. Das schlägt sich jetzt in Ergebnissen in unserer Gemeinde nieder, etwa bei der Gewerbesteuer.
Können Sie mir sagen, wie viele neue Arbeitsplätze in diesem Jahr in Steinenbronn von Unternehmen geschaffen wurden?
Für das Jahr 2017 liegen mir keine konkreten Zahlen vor. Ich kann aber sagen, dass in Steinenbronn in den vergangenen fünf Jahren, bis wir im Frühjahr 2017 unseren letzten Bauplatz im Gewerbegebiet Maurer IV verkauft haben, um die 200 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Das ist eine ordentliche Größe. Wenn wir noch eigene Gewerbebauplätze hätten, könnten wir die sofort verkaufen und weitere Arbeitsplätze schaffen. Wir sind hierzu aktuell im Flächennutzungsplanverfahren im Gemeindeverwaltungsverband Waldenbuch und Steinenbronn. Darin ist vorgesehen, dass wir 5,9 Hektar Gewerbefläche im Gebiet Maurer IV neu ausweisen.
Haben Sie dafür schon Anfragen?
Wir haben eine ganze Reihe Anfragen von Firmen, insbesondere aus unserer Gemeinde. Unsere erste Priorität ist, dass wir den Steinenbronner Firmen, die expandieren möchten oder müssen, entsprechendes Gewerbebauland zur Verfügung stellen.
Wie überbrücken denn diese Firmen jetzt die Zeit, bis das Baugebiet zur Verfügung steht?
Da ist in gewisser Art und Weise Improvisation notwendig. Sei es, dass eine leer stehende Halle gemietet wird, wenn die Lagerflächen zur Neige gehen. Sei es, dass Aufträge gegebenenfalls gestreckt werden müssen. Und im allerschlimmsten Fall müssen die Firmen Aufträge ablehnen. Ich hoffe, dass dies nicht eintreten wird.
Was erwarten denn die Firmen vom Standort Steinenbronn?
Sie erwarten, dass wir ihnen Bauland verkaufen und je nach Bedarf die notwendige Infrastruktur bereitstellen. Damit ist etwa schnelles Internet gemeint, wie die Breitbandversorgung. Die ist für viele Firmen zu einem harten Standortfaktor geworden.
Wie sieht es damit momentan in Steinenbronn aus?
Das Gewerbegebiet ist gut versorgt. Es braucht nicht jeder die gleich hohe Übertragungsgeschwindigkeit. Es gibt hier eine Firma, die nahezu ausschließlich online tätig ist. Die brauchen das natürlich. Andere Firmen haben diesen Bedarf in der Art und Weise nicht. Aber in gewisser Weise brauchen alle Firmen ein schnelles Internet.
Und haben die Bürger in Steinenbronn flächendeckend schnelles Internet?
In der Vergangenheit war Unitymedia in der Gemeinde zugange. Dann haben wir vor einigen Jahren mit der Telekom das Internet in der Ortslage ausgebaut und verbessert. Eine Bandbreite von 50 Mbit/Sekunde gehört ja fast schon wieder dem Mittelalter an. Das ist ja eine langsame Mindestgeschwindigkeit. Das Internet ist bis 50 Mbit grundsätzlich vorhanden.
Sie haben ja schon den Flächennutzungsplan angesprochen. Wie ist der aktuelle Stand dabei?
Die Entwurfsfassung, die im Juni in der Versammlung des Gemeindeverwaltungsverbands Waldenbuch/Steinenbronn verabschiedet worden ist, wurde öffentlich ausgelegt. Bürger, Verbände und circa 60 Behörden geben dazu ihre Anregungen ab. Diese müssen dann im Gemeinderat abgewogen werden. Das gilt auch für Waldenbuch. Anschließend berät und beschließt die Verbandsversammlung dann diese Fassung 2018.
Es gab schon die frühzeitige Bürgerbeteiligung. Da war es so, dass in der Gemeinderatssitzung die einzelnen Punkte abgearbeitet wurden und geschaut wurde, ob diese begründet sind oder nicht. Bürger haben danach gesagt, dass sie den Eindruck hatten, dass ihre Einwände schnell beiseite gewischt wurden. Was können Sie den Leuten sagen?
Dazu muss ich sagen, dass die Anregungen äußerst ernst genommen werden und wurden und dass die Abwägung nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt ist. Dazu sind wir verpflichtet.
Im Jahr 2017 hat der Gebietstausch des Wohngebiets Gubser II für Aufregung gesorgt. Es haben sich auch Bürgerinitiativen gegründet. Können Sie noch mal erklären, wie es zu dem Gebietstausch kam?
Das war eine Initiative aus dem Gemeinderat heraus. Die Argumente sind die Erhaltung einer Frischluftschneise, weshalb die ursprüngliche Gebietsabgrenzung nicht gewünscht ist. Das Thema Schlittenhang wurde genannt. Außerdem haben die Böden im Süden eine gewisse Staunässe und sind für die Landwirtschaft nicht so wertvoll wie die in der ursprünglichen Gebietsabgrenzung.
Ihre Position wich von der des Gemeinderats deutlich ab.
Es ist in der Bevölkerung bekannt, dass die Verwaltung da nicht mitgegangen ist und ich auch widersprochen habe. Ich kann unverändert der jetzt vorliegenden Gebietsabgrenzung nicht zustimmen. Es ist sinnvoll und städtebaulich förderlich, von einer vorhandenen Bebauung, nämlich Gubser I, aus weiterzuentwickeln. Der Dornröschenweg ist für eine weitere Erschließung ausgelegt. Gubser Süd, wie ich die jetzige Variante nenne, ist zu einem erheblichen Teil eine Insellösung und weit draußen. Die Frage ist, wie wir dort entwässern können. Dieses Gutachten wurde der Bürgerschaft im Dezember im Gemeinderat vorgestellt. Jetzt gilt es im Gremium, über die Auswirkungen und Folgerungen aus dem Gutachten zu beraten und über die Gebietsabgrenzung noch mal neu nachzudenken.
War es in der Rückschau betrachtet ein Fehler, dass man den Gebietstausch hinter verschlossenen Türen gemacht hat?
Es geht dabei insbesondere um Grundstücksangelegenheiten, und hierbei stößt man immer wieder auf das Thema Befangenheit. Es gibt im Leben stets mehrere Möglichkeiten, und man muss sich für eine entscheiden. An der Vergangenheit kann man eh nichts mehr ändern.
Es wurde viel über das Kinderhaus an der Seestraße gesprochen. Wie ist denn da der aktuelle Stand?
Dazu ist vorgesehen, dass wir in der ersten Gemeinderatssitzung 2018 öffentlich den Baubeschluss fassen.
Es sollte im September 2018 eröffnet werden. Meinen Sie, dass das realistisch ist?
Das schaffen wir nicht. Wir gehen von einem Baubeginn im Frühjahr oder Frühsommer 2018 aus. Dann müssen wir mit zwölf Monaten Bauzeit rechnen. Dann wird es etwa Mitte 2019 fertig gestellt. Im Kinderhaus sind 19 Plätze für Kinder über drei Jahren und zehn Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren vorgesehen.
Wie gehen Sie in der Zwischenzeit mit dem Bedarf um?
Wir sind neulich in der Kindergartenausschusssitzung den Bedarf bis 2020 durchgegangen. Die Plätze reichen aus, bis im zweiten Halbjahr 2019 das Kinderhaus an der Seestraße eröffnet wird. Dann brauchen wir die Plätze. Das passt also in etwa vom Zeitplan her. Aber es gibt ja immer Zu- und Wegzüge. Damit müssen wir umgehen. Hilfsweise müssen wir die Gruppen aufstocken. Das machen wir ab Mai oder Juni.
Wie kam es zu der Bauverzögerung, sodass das Kinderhaus nicht im September 2018 eröffnet werden kann?
Wir sind in der abschließenden Prüfung mit den Denkmalschutzbehörden. Es waren Dinge zu besprechen, zu überprüfen und abzuändern. Dabei sind auch Abstimmungen mit dem Architekturbüro und dem Landratsamt in Böblingen notwendig. Der Brandschutz und der zweite Rettungsweg spielen auch mit rein. Das ist beim Kinderhaus ebenso die ganze Klaviatur, die wir auch von anderen Projekten kennen.
Sie hatten das Konzept mit dem Kinderhaus vorgeschlagen. Es sorgte im Gemeinderat für Überraschung, und es gab auch die Kritik, dass Sie es von dem im Januar 2017 gegründeten Verein Abenteuerland übernommen haben. Was sagen Sie dazu?
Die Kindergärten sind eine Pflichtaufgabe der Gemeinde, und wir waren uns einig im Gemeinderat, dass wir unsere Hausaufgaben selber machen.
Was kann denn eine Gemeinde in der Kinderbetreuung besser als ein Verein?
Dann steuert nur sie allein und sorgt für das Personal. Wenn die Gemeinde andere mit im Boot hat, haben die Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte. Das klassische Beispiel dafür ist der evangelische Kindergarten unter dem Regenbogen. Dort übernehmen wir als Kommune über 90 Prozent des Abmangels. Da könnten wir auch sagen: Machen wir es als Kommune doch gleich selber. Dann wären weniger Dinge abzustimmen. Aber das bleibt so. Das ist in Ordnung. Wir wollten die Zügel im Kindergartenwesen unverändert in der Hand behalten. Das ist unsere Pflichtaufgabe.
Ist es nicht auch ein Vorteil für eine Gemeinde, wenn junge Mütter einen Verein gründen und die Gemeinde dann die Bürger mit ins Boot holt?
Grundsätzlich ist das positiv. Das ist überhaupt keine Frage. Nur die Forderungen waren so, dass wir diese, etwa was Grundstücke et cetera betrifft, nicht erfüllen konnten und wollten.
Ursprünglich sollte ja in dem Haus an der Seestraße das Gemeindearchiv unterkommen. Gibt es schon ein Ausweichquartier?
Fakt ist, dass das Archiv aus dem Keller des Rathauses raus muss. Es steht jetzt eine statische Prüfung des alten Polizeipostens im Rathaus als mögliches neues Quartier an. Denn die Archivalien wiegen Tonnen.
Wann kann man dabei mit einem Ergebnis rechnen?
Die Prüfung wird jetzt veranlasst. Ich gehe mal von circa drei Monaten Bearbeitungszeit aus. Wir müssen das Ergebnis abwarten und dann überprüfen, was verändert werden muss. Ganz wichtig ist, dass die neuen Räume trocken sind. Dann muss das alte Archiv sortiert und alles durchgeschaut werden. Was nicht archivwürdig ist, kann entsorgt werden.
Was nehmen Sie sich für 2018 vor?
Das Flächennutzungsplanverfahren hat die erste Priorität. Wir streben mit aller Macht den Satzungsbeschluss an, um fortfahren zu können mit Umlegungen, dem Bebauungsplan und der Erschließung. Die gleiche Priorität hat die Sanierung der Ortsmitte, die wir mit aller Macht und Kraft vorantreiben. Sanierung heißt ja Umbau und Ertüchtigung. Das betrifft das Gebäude Schafgartenstraße 3. Bei der Seestraße 8 wollen wir den An- und Neubau für das Kinderhaus auf die Schiene bringen. Die Bauarbeiten in der Seilerstraße sollen weiter vorangetrieben werden. Das sind die großen Themen. Das ist schon ein ganz ordentliches Geschäft.
Sie hatten im Gemeinderat angesprochen, dass es 2018 personell eng wird. Wie kann die Verwaltung die ganzen Aufgaben in dem Jahr dann bewältigen?
Es wird eng, und das weiß der Gemeinderat. Ein Mitarbeiter an vorderster Stelle wird uns die beiden ersten Monate 2018 fehlen. Dann müssen wir schauen, was Priorität hat. Wir können uns nicht zerreißen.