Viele bei den Grünen wollen das Ehegattensplitting abschaffen. Die baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner aber warnt, die Lebensplanung der bereits Verheirateten über den Haufen zu werfen.

Stuttgart – - Frau Brantner, in ihrer Partei ist die alte Forderung erneuert worden, das Ehegattensplitting abzuschaffen, weil es andere Lebensmodelle diskriminiert. Ist das Konsens in Ihrer Partei?
Wir sind uns einig, dass wir unsere Familienförderung nicht mehr daran festmachen, ob jemand verheiratet und wie unterschiedlich das Einkommen eines Paares ist. Dementsprechend würde ich das Ehegattensplitting ebenfalls gerne abschaffen – aber eben nicht rückwirkend und mit Beibehaltung von Freibeträgen. Wir Grünen können nicht all jene im Stich lassen, die darauf ihre Lebensplanung aufgebaut haben. Ein Bestandsschutz ist daher unerlässlich, alles andere wäre ungerecht. Eine Reform sollte vielmehr für all jene gelten, die neu heiraten und auf Grundlage der neuen Bestimmungen planen können. Sie sollte sich viel stärker am Wohl und guten Aufwachsen jedes Kindes orientieren. Alle Kinder brauchen dieselben Chance zur Teilhabe an der Gesellschaft.
Ein anderes Steuerthema, das die Grünen umtreibt, ist die Vermögenssteuer. Kommt sie im Falle einer grünen Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl 2017?
Ich habe grundsätzlich kein Problem damit, wenn Menschen reich sind. Ich halte es aber für wichtig, dass all jene, die bisher sehr, sehr gut durch’s Leben gekommen sind, ihren Beitrag dazu leisten, dass andere auch diese Chance bekommen. Und da muss es künftig in Deutschland fairer zugehen, auch über eine höhere Besteuerung großer Vermögen. Jedem muss klar sein, dass es gute Bildung und ein neues Aufstiegsversprechen für Kinder in Deutschland nicht umsonst gibt. Da sind wir ebenfalls zusammen. Bei der Frage, ob das jetzt diskutierte Vermögenssteuermodell dafür der richtige Weg ist, bin ich allerdings skeptisch. Denn eine solche Steuer darf erstens nicht die Existenz von Unternehmen gefährden und muss zweitens auch in der Praxis umsetzbar und nicht nur ein schöner Slogan sein.
Die Grünen wollen sich auf dem Parteitag im Herbst ein Steuerkonzept geben. Das hört sich noch nach viel Gesprächsbedarf bis dahin an?
Der Gerechtigkeitskongress heute und morgen ist ein erster Aufschlag, und ja, wir werden sicher noch muntere, aber bestimmt konstruktive Debatten führen.
Haben Sie die Sorge, dass Sie am Ende wieder einen Steuerwahlkampf führen werden, der zum schlechten Ergebnis 2013 geführt hat?
Wir brauchen als Grüne auf jeden Fall auch eine Entlastungsbotschaft. Wir müssen klar machen, dass wir zum Beispiel der unteren Mittelschicht helfen wollen. Dass sich Eltern keine Sorgen machen müssen, ob sie auch mit zwei oder drei Kindern noch gut über die Runden kommen. Da gibt es die Frage nach bezahlbarem Wohnraum. Wir sollten uns auch um Menschen in Ballungsräumen kümmern, die unsere Unterstützung brauchen, da ein immer größerer Anteil des Einkommens für die Miete draufgeht. Die Finanzierung dessen ist aber natürlich genau mit der Frage verknüpft, wie man im Gegenzug große Vermögen gerechter besteuern kann. Aber ich möchte auf gar keinen Fall einen „Steuerwahlkampf“ führen, sondern einen, der ausgerichtet ist an den gesellschaftlichen Zielen, etwa die Chancengleichheit durch gute Bildung in sanierten Schulen.