Im nächsten Jahr wird unübersehbar, dass der Kreis in die örtlichen Krankenhäuser investiert.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Leonberg/Herrenberg - Im Frühjahr sollten die Unkenrufe verhallen. Dann wird deutlich sichtbar, dass das Gegenteil einer Schließung oder Teilschließung der Leonberger Klinik geplant ist. Der Um- und Ausbau wird beginnen. Bisherige Verbesserungen erfolgten im Inneren, damit für die Öffentlichkeit unsichtbar. Dazu zählt der Neubau der Intensivstation.

 

Mit den Arbeiten im nächsten Jahr „senden wir ein wichtiges Signal an die Patienten und die Mitarbeitenden“, sagt der Landrat Roland Bernhard. Dieses Signal lässt sich in Euro messen: 72,5 Millionen sollen in Leonberg investiert werden.

Ums Herrenberger Krankenhaus ist ein neues Stadtquartier geplant

Zudem fließen 42,5 Millionen Euro in die Herrenberger Klinik. Überdies soll über kurz oder lang auch in ein neues Stadtquartier – einschließlich Sozialwohnungen – auf dem Klinikgelände und in seiner Umgebung investiert werden. Erwünscht ist zudem ein Ärztehaus, um die stationäre Behandlung mit der ambulanten zu verzahnen. Die Voraussetzung für diese Pläne ist, dass der heute ebenerdige Helikopterlandeplatz auf das Dach verlegt wird. Der Kreis ist Eigentümer des gesamten Geländes.

Die Pläne für beide Krankenhäuser stehen noch unter dem Vorbehalt, dass der Kreistag sie am 16. Dezember endgültig beschließt. Daran besteht allerdings kaum ein Zweifel. Den Bauausschuss haben sie ohne Widerstand durchlaufen. Direkt nach dem letzten Beschluss soll der Bauantrag für Leonberg gestellt werden. 52,5 Millionen Euro fließen allein in die Modernisierung der Klinik, die weiteren 20 Millionen in die Ausstattung und die Außenanlagen.

Nicht nur die Bausubstanz ist in die Jahre gekommen

Bei den Umbauten ist das oberste Ziel, „unsere klinischen Abläufe maßgeblich zu verbessern“, sagt Jörg Noetzel, der medizinische Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest, zu dem neben den Krankenhäusern im Kreis Böblingen die in Nagold und Calw gehören. In Leonberg und Herrenberg ist nicht nur die Bausubstanz in die Jahre gekommen, auch die Abläufe sind mit der Zeit holprig geworden. Dies offenbart sich schon an unnötig langen Wegen.

Dementsprechend werden im Zuge der Umbauten Stationen verlegt, die üblicherweise übergreifend arbeiten. Beispiele sind in Leonberg die Notaufnahme in direkter Nachbarschaft zu den Operationssälen, in Herrenberg die Kreißsäle neben den Sälen für Notkaiserschnitte und der Wochenstation. Die Zahl der Kreißsäle wird im Zuge der Um- und Ausbauten überdies von drei auf vier erhöht. Der Grund ist die anhaltend hohe Zahl von Geburten. Pro Jahr werden in der Klinik rund 1400 Kinder entbunden. Nebenbei werden in Herrenberg die Patientenzimmer renoviert. Künftig wird jedes Doppelzimmer über ein Bad verfügen.

Politisch ist die Schließung von Krankenhäusern gewollt

Die Investition von insgesamt 115 Millionen Euro schließt keineswegs aus, dass in Zukunft Aufgaben und damit Stationen an einem der Standorte konzentriert werden, einschließlich der neuen Klinik auf dem Flugfeld, die 2024 eröffnet werden soll. So ist es landes- wie bundespolitisch gewollt. Die gesetzlichen Vorgaben schreiben schlicht Zusammenlegungen vor, wenn beispielsweise eine bestimmte Zahl von Operationen unterschritten wird. Der Landessozialminister Manfred Lucha (Grüne) sagt gar voraus, dass jede fünfte der etwa 250 Kliniken im Land geschlossen werden müsse. Der AOK-Chef Manfred Litsch hält dies eher für die Untergrenze. Er schätzt den aktuellen Zustand als „dramatische Überversorgung“ ein.