Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, freut sich offen über die Entscheidung von Daimler, sein Iran-Geschäft einzustellen. Hat der Diplomat aus der massiven Kritik an seinem undiplomatischen Gebaren tatsächlich Lehren gezogen?

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Richard Grenell, der Statthalter und CO-Twitterer von US-Präsident Donald Trump in Berlin, scheint noch immer nicht geläutert zu sein. „Wir sind erfreut, dass die deutsche Wirtschaft ihren Handel mit dem Iran stoppt“, twitterte er mit Blick auf die Entscheidung von Daimler, sein Geschäft im Iran „bis auf weiteres“ komplett einzustellen. Indem sie sich an die US-Sanktionen hielten, trügen die deutschen Firmen dazu bei, „den Iran zurück an den Verhandlungstisch zu drängen“, schrieb Grenell im Kurzbotschaftendienst. „Wir stehen zusammen, Irans bösartige Aktivitäten zu beenden.“ Eine Einmischung in die deutsche Wirtschaftspolitik gehört eigentlich nicht zu den Kernaufgaben eines Botschafters.

 

Trump hatte am Dienstag die Wiedereinsetzung der Sanktionen gegen den Iran in der Automobil-, Metall- und Agrarbranche verkündet – per Tweet und im gewohnten Ton: „Jeder, der mit dem Iran Geschäfte macht, wird keine Geschäfte mit den Vereinigten Staaten machen“.

Sein deutscher Adlatus hat immerhin den Befehlston abgelegt, den er Anfang Mai noch beim Amtsantritt demonstriert hatte. Nur wenige Stunden nach seiner Akkreditierung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte Grenell quasi per Tweet verfügen wollen: „Deutsche Unternehmen, die mit dem Iran Geschäfte machen, sollten ihre Unternehmungen sofort herunterfahren.“

Klartextsprecher gegenüber Freunden

Dieses gänzlich undiplomatische Vorgehen des Washingtoner Diplomaten kam in der Bundeshauptstadt schlecht an – die deutsch-amerikanischen Beziehungen gerieten weiter unter Druck. So musste Grenell in Interviews beidrehen: Sein Tweet sei „kein Befehl, keine Anweisung“ gewesen, sagte er. „Natürlich“ sei „jedes Land souverän“ und könne „für sich selbst über Sanktionen entscheiden“. Zugleich verwies er zu seiner Rechtfertigung auf einen „anderen Stil“, den er nun mal pflege. „Diplomat zu sein, bedeutet für mich, Klartext zu sprechen – gerade gegenüber Freunden.“ Klartext redete er im Juni auch gegenüber der ultrarechten Website „Breitbart“, worin er die Unterstützung konservativer Bewegungen in ganz Europa als seine Aufgabe beschrieb. Erneut hagelte es parteiübergreifend Kritik an Grenell.

Hat der Rechtsausleger Grenell aus dem Echo etwas gelernt? Weitere Anordnungen wären angesichts der Meinungsverschiedenheiten in der Iran-Politik jedenfalls völlig kontraproduktiv. Offenbar überlegen viele deutsche Unternehmen intern, sich aus dem Iran-Geschäft zurückzuziehen. Von Januar bis Juni 2018 hat das deutsche Export-Volumen in den Iran etwa 1,8 Milliarden Euro betragen – aber 56 Milliarden Euro in die USA. Da scheint die Entscheidung im Prinzip klar zu sein, dennoch hat man sich in den zahlreichen Chefetagen die Entscheidung bisher offen gelassen. Speziell für die Mittelständler hat das Schwergewicht Daimler nun ein wichtiges Signal gegeben, Teheran offen den Rücken zu kehren.

Der CDU-Politiker Elmar Brok äußert Verständnis für die Daimler-Entscheidung. Zwar habe die EU rechtliche Voraussetzungen geschaffen, um Unternehmen zu helfen, die trotz der Drohungen von Trump Handel mit dem Iran betreiben. Doch gerade die deutsche Automobilindustrie wolle wegen des Dieselskandals neue Schwierigkeiten in den USA vermeiden, sagte der Europapolitiker im SWR. Die Wirkungen des Daimler-Ausstiegs seien jedoch katastrophal. „Die Vereinigten Staaten können mit einer extraterritorialen Handelspolitik erzwingen, was sie möchten, wenn das Unternehmen entsprechende Wirtschaftsinteressen in den USA hat.“ Am Ende entscheide die Größe des Marktes.

Warnung vor dem Chaos im Iran

So können weder die Europäische Union noch die Bundesregierung der Konfrontationspolitik Washingtons folgen. „Wir halten es nach wie vor für einen Fehler, die Nuklearvereinbarung mit dem Iran aufzugeben“, sagte Außenminister Heiko Maas der „Passauer Neuen Presse“. Das Abkommen sei besser als die Alternative, kein Abkommen zu haben. „Jeder, der sich einen ,Regime Change’ erhofft, darf nicht vergessen, dass, was immer auch folgt, uns viel größere Probleme bereiten könnte. Eine Isolierung Irans könnte gerade den radikalen und fundamentalistischen Kräften Auftrieb geben“, so der SPD-Politiker. „Chaos im Iran – so wie wir das in Irak oder in Libyen erlebt haben – würde eine ohnehin schon unruhige Region noch mehr destabilisieren.“ Bei allem Verständnis für die Eigeninteressen der deutschen Wirtschaft mag dies auch als Appell gedacht sein, den Iran jetzt nicht ganz im Stich zu lassen – und als Kontrapunkt zu Botschafter Grenell ohnehin.