Bei „Iron Sky“ schweben hakenkreuzbewehrte Ufos durchs All – doch irgendwie hätte man sich die Nazis, die den Endsieg planen, unterhaltsamer vorgestellt.

Stuttgart - Vor einigen Jahren tauchten im Internet Filmbilder auf, die jedem Science-Fiction-Freund Freudentränen in die Augen trieben. Hakenkreuzbewehrte fliegende Untertassen, die nach Krupp-Stahl und Handkurbelanlasser aussahen, schwebten an einer Mondstation vorbei, die an den Atlantikwall denken ließ, und arische Heldentod-Erwartungsfratzen und bezopfte blonde Mutterkreuz-Trägerinnen in spe schauten ergriffen in ein sterngesprenkeltes Weltall, wo sie schon den Endsieg leuchten sahen.

 

Natürlich weinten die SF-Fans nicht, weil sie an einer braunen Hirnwellenstörung litten. Sie weinten, weil sie damals schon wussten, dass es einen rechten Rand esoterischer Spinner gibt, die fest daran glauben, dass sich Hitlers beste und treueste Soldaten, Ingenieure und Heldengebärmaschinen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs absetzen konnten. Diese Elitetruppe baut nun angeblich an einem geheimen Ort ein kleines Deutsches Reich auf und rüstet sich, doch noch die ganze Welt zu erobern. Eine Traditionslinie des Irrsinns behauptet, diese Arierfestung liege im Inneren der Erde, die andere verortet sie auf dem Mond.

SF-Fans weinten beglückt

Als der Trailer zu einem fiktiven Film namens „Iron Sky“ im Netz auftauchte, weinten die SF-Fans also beglückt, weil endlich jemand diesen Unfug angemessen veräppelte. Was vielen Youtube-Guckern damals nicht klar war: die finnischen Filmfreunde um den Regisseur Timo Vuorensola meinten es durchaus ernst mit ihrem Trailer, er sollte nur die Ankündigung von Kommendem sein. Sie hatten zuvor eine No-Budget-Produktion gestemmt, eine Parodie auf „Star Wars“, die im Netz viel geschaut worden war. Nun sollte das Netz die finanzierende Bank, das Drehbuchcamp und das Marketinginstrument von „Iron Sky“ werden. Hier wollten sie Geld sammeln und Ideen der Fans, hier wollten sie ihr Marketing betreiben. Insofern ist „Iron Sky“, der als finnisch-deutsch-australische Koproduktion mit einem 7,5-Millionen-Euro-Budget realisiert werden konnte, von vornherein eine Erfolgsgeschichte, unabhängig davon, wie man das Ergebnis findet. Er zeigt, dass abwegige Projekte heute neue Chancen auf Verwirklichung haben.

Weniger erfreulich ist leider „Iron Sky“ selbst. Das Design einer Naziwelt, die trotz ihrer Raumflugkapazität technisch und ideologisch auf dem Stand von 1945 verharrt, ist zwar subversiv komisch. Tilo Prückner als Erfindergenie Doktor Richter, als braune Mixtur aus Albert Einstein und Daniel Düsentrieb, ist ebenso ulkig wie Julia Dietze als begeisterte Lehrerin des Nazispuks, als deutsche Jungfrau, die tatsächlich glaubt, der ihr vorliegende, extrem auf wenige Minuten gekürzte Film „The Great Dictator“ sei eine Hymne Charlie Chaplins auf Adolf Hitler.

Alberne Scherze

Doch rund um diese gelungenen Satireelemente lagern sich alberne Scherze, verlegene, die Zeit füllende Parodien auf Billigkino, stolz präsentierte Computerbilder zum Sondertarif und ein manchmal ziemlich suspektes Herumflirten mit Nazischick an. Der Film ist nicht durchweg subversiv. Er möchte, wenn er seine Nazischergen in langen Ledermänteln, mit den zu Atemgeräten umfunktionierten Weltkrieg-II-Gasmasken und den alten Maschinenpistolen der Wehrmacht auftreten lässt wie die Feldpolizeivariante von Darth Vader, vom Publikum wohl am allerliebsten den Ausruf „Cool!“ hören.

Als auf der Erde die ersten Informationen über die Mondnazis auftauchen, versucht die im Wahlkampf befindliche US-Präsidentin (Stephanie Paul mit einer wunderbaren Sarah-Palin-Variante) sofort, diesen neuen Gegner irgendwie vor ihren Karren zu spannen. Dieser moderne Drehbuchstrang, der von der Instrumentalisierung extremer Bedrohungen erzählt, hält „Iron Sky“ phasenweise interessant. Aber dann geht dem Film durch den Ballast der Wiederholungen und Banalitäten doch wieder die Luft aus.

Sind die Macher von „Iron Sky“ nun, im Versuch, jenseits der Netzgemeinde ein Mainstream-Publikum zu erreichen, zu viele Kompromisse eingegangen? Oder haben sie zu viele doofe Wunschgags von Geldgebern in den Film montiert? So oder so, die größte Untertasse der Nazis, die hier lange trotz aller Bemühungen einfach nicht fliegen will, kommt einem wie eine Selbstbeschreibung des Films vor.

Iron Sky. Finnland, Deutschland, Australien 2012. Regie: Timo Vuorensola. Mit Julia Dietze, Stephanie Paul, Udo Kier, Götz Otto, Tilo Prückner, Peta Sergeant. 93 Minuten. Ab 12 Jahren. Cinemaxx Mitte, Metropol, Ufa