Der dreimalige Hawaii-Sieger Jan Frodeno gibt beim Ironman in Roth am Sonntag sein Comeback nach langer Pause – er dürfte der älteste Profi im Starterfeld sein.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Jan Frodeno ist recht einfallsreich. Das ist wichtig für einen Profisportler, wenn die Umstände gegen einen sind. Als Corona die Sportwelt und den Triathlon-Zirkus im Würgegriff hatte und Wettkämpfe wegen Ausgangssperre und Kontaktbeschränkung undenkbar waren, organisierte der dreimalige Hawaii-Sieger zwei Veranstaltungen der ausgefallenen Art. Im Februar 2020 spulte Frodeno bei sich zu Hause in Girona/Spanien einen Ironman in den eigenen vier Wänden ab und übertrug alles live ins Netz. Und im Juli 2021 veranstaltete der gebürtige Kölner im Allgäu eine „Battle Royal“ gegen seinen Rivalen Lionel Sanders über die Langdistanz im Kampf Mann gegen Mann. Doch ein wirklicher Ersatz für einen ernsthaften Ironman über 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42 km Laufen war das alles freilich nicht.

 

Diese lästige Zwangspause soll an diesem Sonntag gekappt werden, wenn sich Frodeno bei der Challenge Roth ins Wasser stürzt, der Bayerische Rundfunk überträgt ab 6.15 Uhr mit kurzer Unterbrechung das gesamte Rennen live im Fernsehen. „In den letzten Monaten habe ich gemerkt, dass ich ein Ziel brauche, und welch ikonischeres und fantastischeres Rennen gibt es als Roth? Die Zuschauer sind einfach überwältigend“, teilte der Olympiasieger von 2008 auf Instagram mit, der am Mittwoch in Deutschland angekommen ist. Es ist für Frodeno der erste Ironman seit seinem Triumph im Oktober 2019 auf Hawaii, die Ersatz-WM für 2020 und 2021 in Utah/USA am 7. Mai musste der Routinier wegen eines Anrisses der Achillessehne auslassen. „Die Sehne ist noch nicht ausgeheilt“, erklärte Frodeno vor wenigen Wochen, „ich gehe mit aller Vorsicht ran und würde zur Not auch den Stecker ziehen und aussteigen, wenn es sein muss.“

Denn Frodeno muss auf seine Gesundheit achten, der Mann ist keine 20 mehr, und selbst die 30 hat er längst hinter sich gelassen – mit bald 41 Jahren dürfte der Sieger der Challenge Roth 2016 der älteste Starter im Feld der Profis sein, in dem sich Gegner wie der zweimalige Hawaii-Gewinner und Vorjahressieger Patrick Lange (Darmstadt) und Sam Long (USA) befinden. Sebastian Kienle (Mühlacker) hat den Start wegen Leistungsdefiziten abgesagt. „Es motiviert mich extrem, gegen Patrick anzutreten. Wir haben eine harte Konkurrenz, da gehört auch anecken dazu. Er hat mich auf jeden Fall im Training gepusht.“ Tempo 40 für Frodeno. Das Alter stellt für ihn eine zusätzliche ernsthafte Herausforderung dar, jedoch verbindet er damit auch einen ganz angenehmen Gedanken. „Ich weiß, dass meine Karriere endlich ist und das Ende näher ist als der Anfang“, sagte der Sport-Oldie vor einiger Zeit, „aber deshalb kann ich solche Wettkämpfe umso mehr genießen. Ich bin froh, dass ich dabei sein darf.“

Weshalb der zweifache Vater sich jenseits der 40 noch immer in der Weltspitze tummelt, liegt mit daran, dass er seit jeher auf seinen Körper geachtet hat, dass er sich keinen Exzessen hingegeben hat, nachdem er eine Askese vor und bei den Rennen durchgemacht hat. Ihm hat der Sport stets mehr Freude bereitet als eine Siegesparty, wenngleich ihn die Erfahrung gelehrt hat, dass „das eine oder andere Bier zum richtigen Zeitpunkt nicht schädlich ist“. Er müsse sich nicht häufiger oder länger im Training quälen, obwohl er älter sei – neue Erkenntnisse der Trainingswissenschaft und seine Trainingserfahrung sind Trümpfe. „Ich komme immer noch ans nötige Niveau“, sagte er, „ohne unmenschliche Anstrengungen durchzumachen.“

Roth ist das Comeback von Jan Frodeno nach mehr als zwei Jahren auf der Langdistanz – und sollte er gesund bleiben, hat der Triathlet schon das nächste Ziel im Blick: die Titelverteidigung auf Hawaii im Oktober – mit dann 41 Jahren.